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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen
Autoren: Ian Rankin
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den Tod von Finlay Andrews und von Malcolm Lanyon wurde
berichtet, und die Journalisten versuchten so viel Dreck wie möglich aufzuwirbeln. Ja, Finlay
Andrews hatte einen Club geführt, der sich nicht ganz im Rahmen der Legalität bewegte, und ja,
Malcolm Lanyon hatte Selbstmord begangen, als die Behörden anfingen, sein kleines Imperium
genauer unter die Lupe zu nehmen. Nein, es waren keine Einzelheiten bekannt, um was es sich bei
diesen »Aktivitäten«
gehandelt haben könnte.
Der Selbstmord des Immobilienmaklers James Carew stand in keinerlei Verbindung zu Mr. Lanyons
Selbstmord, obwohl es stimmte, dass die beiden Männer befreundet waren. Was Mr. Lanyons
Verbindung zu Finlay Andrews und seinen Club betraf, nun ja, das würde man wohl nie erfahren. Und
es war nichts weiter als ein trauriger Zufall, dass Mr. Lanyon zu Mr. Carews
Testamentsvollstrecker ernannt worden war. Aber es gab ja schließlich noch andere Anwälte, oder
nicht?
Und so endete das Ganze. Die Geschichte verlief im Sande, die Gerüchte hielten sich etwas länger.
Rebus freute sich, als Tracy ihm erzählte, Nell Stapleton hätte ihr einen Job in einer Cafeteria
in der Nähe der Universitätsbibliothek besorgt. Eines Abends jedoch, er war einige Zeit in der
Rutherford Bar gewesen, beschloss Rebus, sich auf dem Heimweg noch ein indisches Essen zu
besorgen. In dem Restaurant sah er Tracy, Holmes und Nell Stapleton an einem Ecktisch sitzen und
gut gelaunt ihre Mahlzeit verspeisen. Er drehte sich um und ging ohne etwas zu bestellen
hinaus.
In seiner Wohnung setzte er sich an den Küchentisch und verfasste zum zigsten Mal einen Entwurf
für sein Kündigungsschreiben. Doch irgendwie schafften es die Worte nicht, seine Gefühle
angemessen herüberzubringen. Er knüllte das Blatt zusammen und warf es in den Abfalleimer. Die
Szene im Restaurant hatte ihn daran erinnert, wie viel Hyde's in menschlicher Hinsicht gekostet
hatte und wie wenig Gerechtigkeit widerfahren war. Es klopfte an der Wohnungstür. Mit
hoffnungsvollem Herzen öffnete er. Gill Templer stand da. Sie lächelte.

In der Nacht schlich er sich ins Wohnzimmer und schaltete die Schreibtischlampe an. Sie warf ihr
Licht schuldbewusst wie die Taschenlampe eines Constables auf den kleinen Aktenschrank neben der
Stereoanlage. Der Schlüssel war unter einer Ecke des Teppichs versteckt, als Versteck so sicher
wie die Matratze für eine Großmutter.
Er öffnete den Schrank, nahm einen schmalen Aktenordner heraus und trug ihn zu seinem Sessel, dem
Sessel, der so viele Monate lang sein Bett gewesen war. Dort setzte er sich gelassen hin und
dachte an den Tag in James Carews Wohnung. Damals war er in Versuchung gewesen, James Carews
privaten Terminkalender mitzunehmen und zu behalten.
Aber er hatte der Versuchung widerstanden. Anders als in der Nacht im Hyde's. Dort hatte er, als
er einen Augenblick allein in Andrews' Büro war, das Foto von Tony McCall geklaut. Tony McCall,
ein Freund und Kollege, mit dem er heutzutage nichts mehr gemein hatte. Außer vielleicht ein
Schuldgefühl.
Er öffnete die Akte und nahm die Fotos heraus, die er zusammen mit dem Foto von McCall
mitgenommen hatte. Vier Fotos, willkürlich eingesteckt. Er betrachtete die Gesichter erneut, wie
er es in den meisten Nächten tat, in denen er Probleme hatte einzuschlafen. Gesichter, die er
kannte. Gesichter, die zu Namen gehörten, und Namen, mit denen man Händeschütteln und Stimmen
verband. Wichtige Leute. Einflussreiche Leute. Er dachte oft darüber nach. Eigentlich hatte er
seit jener Nacht in Hyde's Club über kaum etwas anderes nachgedacht. Er zog einen Papierkorb aus
Metall unter dem Schreibtisch hervor und warf die Fotos hinein. Dann zündete er ein Streichholz
an und hielt es über den Korb, wie er es schon so viele Male getan hatte.
ENDE
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