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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen
Autoren: Ian Rankin
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Lanyon einen gewaltigen Schlag
zwischen die Beine.
Als er zu Boden ging, fiel er eigentlich nicht, sondern sank mit einem gurgelnden Geräusch in
sich zusammen, während Tracy durch die große Wucht des Schlags ins Stolpern geriet und auf den
Segeltuchboden fiel.
Rebus verlor ebenfalls keine Zeit. Er packte Lanyon und riss ihn hoch. Mit einer Hand drehte er
ihm einen Arm auf den Rücken, während er mit der anderen Hand Lanyons Kehle umschloss. Die beiden
Gorillas näherten sich dem Ring, doch als Rebus seine Finger noch etwas tiefer in Lanyons Hals
grub, zögerten sie. Einen Augenblick war die Lage unentschieden, dann schoss einer von ihnen auf
die Treppe zu.
Sekundenbruchteile später folgte ihm sein Partner. Rebus atmete heftig.
Er ließ Lanyon los und sah zu, wie er zu Boden sank. Dann stellte sich Rebus mitten in den Ring,
zählte wie ein Schiedsrichter leise bis zehn und streckte einen Arm hoch in die Luft.

Oben hatten sich die Dinge einigermaßen beruhigt. Die Mitarbeiter mussten sich zwar ein wenig
renovieren, aber sie taten es erhobenen Hauptes, da sie sich wacker geschlagen hatten. Die
Betrunkenen ­ Holmes, McCall, McGrath und Todd ­ waren hinauskomplimentiert worden, und Paulette
glättete die Wogen, indem sie allen kostenlose Getränke anbot. Als sie Rebus durch die Tür von
Hyde's kommen sah, erstarrte sie einen Augenblick. Dann verwandelte sie sich wieder in die
perfekte Gastgeberin, auch wenn ihre Stimme etwas weniger herzlich war als vorher und ihr Lächeln
falsch.
»Ah, John.« Es war Superintendent Watson, der immer noch sein Glas in der Hand hielt. »Was war
das denn für ein Gerangel? Und wohin sind Sie verschwunden?«
»Ist Tommy McCall noch da, Sir?«
»Der muss irgendwo sein. Hat was von kostenlosen Getränken gehört und ist Richtung Bar
losspaziert. Was haben Sie mit Ihrer Hand gemacht?«
Rebus sah nach unten und stellte fest, dass seine Hand immer noch an mehreren Stellen
blutete.
»Sieben Jahre Unglück«, sagte er. »Haben Sie eine Minute Zeit, Sir? Ich möchte Ihnen gern was
zeigen. Aber erst muss ich einen Krankenwagen rufen.«
»Aber warum denn um Himmels willen? Der Aufruhr ist doch vorbei, oder?«
Rebus sah seinen Vorgesetzten an. »Darauf würde ich nicht wetten, Sir«, sagte er. »Noch nicht
mal, wenn die Chips aufs Haus gingen.«

Rebus trottete müde nach Hause, nicht weil er körperlich erschöpft war, sondern weil er sich
innerlich beschmutzt fühlte. Er schaffte kaum die Treppe. Auf der ersten Etage blieb er
minutenlang ­ wie es ihm schien ­ vor Mrs. Cochranes Tür stehen. Er versuchte, nicht über das
Hyde's nachzudenken, darüber, was es bedeutete, was es gewesen war, welche Bedürfnisse es erfüllt
hatte. Aber auch wenn er nicht bewusst daran dachte, flogen Bruchstücke davon in seinem Kopf
herum, kleine Scherben blanken Horrors.
Mrs. Cochranes Katzen wollten raus. Er konnte sie auf der anderen Seite der Tür hören. Eine
Katzentür wäre die Lösung gewesen, aber Mrs. Cochrane hielt nichts davon. Das wäre, als würde man
die Tür für jeden Fremden offen lassen, hatte sie gesagt. Da könnte ja jedes Katzenvieh einfach
reinspazieren.
Wie wahr. Irgendwie fand Rebus die nötige Kraft, um die restlichen Stufen hinaufzusteigen. Er
schloss seine Tür auf und machte sie hinter sich wieder zu. Sein Refugium. In der Küche kaute er
an einem alten Brötchen herum, während er darauf wartete, dass das Wasser kochte.
Watson hatte sich seine Geschichte mit wachsendem Unbehagen und immer größerer Fassungslosigkeit
angehört. Er hatte sich laut gefragt, wie viele wichtige Leute in die Sache verwickelt sein
mochten. Doch das konnten nur Andrews und Lanyon beantworten. Man hatte einige Videofilme sowie
eine eindrucksvolle Fotosammlung gefunden.
Watsons Lippen waren ganz blutleer geworden, obwohl viele der Gesichter Rebus nichts sagten. Aber
manche schon. Andrews hatte in Bezug auf die Richter und Anwälte Recht gehabt. Zum Glück waren
keine Polizisten auf den Fotos. Bis auf einen.
Rebus hatte einen Mord aufklären wollen und war stattdessen auf ein Vipernnest gestoßen. Er war
sich nicht sicher, wie viel davon ans Licht kommen würde. Zu viele hätten ihren guten Ruf zu
verlieren. Der Glaube der Öffentlichkeit an die Grundsätze und Institutionen der Stadt, ja des
ganzen Landes, würde erschüttert. Wie lange würde es dauern, die Scherben von diesem zerbrochenen Spiegel aufzusammeln? Rebus befühlte sein verbundenes Handgelenk. Wie lange, bis
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