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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen
Autoren: Ian Rankin
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niemals... Sie wissen schon.«
»Ist Ihnen sonst noch was an Ronnie aufgefallen?«
»Zum Beispiel?«
»Nun ja, wie er zugerichtet war?«
»Sie meinen die blauen Flecken?«
»Ja.«
»So kam er oft zurück. Hat nie darüber geredet.«
»Ist wohl häufiger in Prügeleien geraten. War er jähzornig?«
»Mir gegenüber nicht.«
Rebus steckte die Hände in die Taschen. Ein kühler Wind wehte vom Wasser herüber, und er fragte
sich, ob sie warm genug angezogen war.
Es entging ihm nicht, dass ihre Brustwarzen sich auf ihrem T-Shirt abzeichneten.
»Wollen Sie meine Jacke?«, fragte er.
»Nur wenn Ihre Brieftasche drin ist«, sagte sie mit einem kurzen Lächeln.
Er lächelte zurück und bot ihr stattdessen eine Zigarette an, die sie auch nahm. Er selber nahm
sich keine. Es waren nur noch drei von der Tagesration übrig, und der Abend lag noch vor
ihm.
»Wissen Sie, wer Ronnies Dealer war?«, fragte er beiläufig, während er ihr half, die Zigarette
anzuzünden. Sie schüttelte den Kopf. Hinter seiner offenen Jacke als Schutz gegen den Wind
zitterte das Feuerzeug in ihrer Hand. Schließlich brannte die Zigarette, und sie zog heftig am
Filter.
»Da war ich mir nie so sicher«, sagte sie. »Das war auch was, worüber er nicht redete.«
»Worüber hat er denn geredet?«
Sie dachte darüber nach und lächelte wieder. »Über nicht viel, wenn Sie so fragen. Das gefiel mir
an ihm. Man hatte immer das Gefühl, dass er mehr drauf hatte, als er nach außen hin
zeigte.«
»Zum Beispiel?«
Sie zuckte die Achseln. »Hätte alles Mögliche sein können oder auch nichts.«
Das war mühsamer, als Rebus erwartet hatte, und mittlerweile war ihm richtig kalt. Es wurde Zeit,
die Dinge zu beschleunigen.
»Sie haben ihn also in seinem Zimmer gefunden?«
»Ja.«
»Und sonst war zu der Zeit niemand im Haus?«
»Nein. Früher am Abend waren ein paar Leute da gewesen, aber die waren alle fort. Einer war in
Ronnies Zimmer gewesen, aber ich kannte ihn nicht. Und dann war da noch Charlie.«
»Sie haben ihn am Telefon erwähnt.«
»Ja. Als ich Ronnie fand, bin ich ihn suchen gegangen. Normalerweise hängt er immer irgendwo rum,
in einer der anderen Buden oder er bettelt ein bisschen in der Stadt. Mein Gott, der ist
vielleicht seltsam.«
»Inwiefern?«
»Haben Sie das da auf der Wand im Wohnzimmer gesehen?«
»Sie meinen den Stern?«
»Ja, das war Charlie. Er hat ihn gemalt.«
»Er steht also auf dieses okkulte Zeug?«
»Absolut verrückt drauf.«
»Und Ronnie?«
»Ronnie? Um Himmels willen, nein. Er konnte sich noch nicht mal Horrorfilme angucken. Die machten
ihm Angst.«
»Aber er hatte doch diese ganzen Horrorromane in seinem Zimmer.«
»Die sind von Charlie. Er hat versucht, Ronnie dafür zu begeistern. Aber der hat davon nur noch
mehr Albträume bekommen. Und das hat dazu geführt, dass er noch mehr Heroin genommen hat.«
»Wie hat er seine Sucht finanziert?« Rebus beobachtete, wie ein kleines Schiff durch den Nebel
glitt. Irgendwas fiel von dem Boot ins Wasser, aber er konnte nicht erkennen, was es war.
»Ich war nicht sein Buchhalter.«
»Wer dann?« Das Schiff beschrieb einen Bogen und fuhr dann weiter nach Westen Richtung
Queensferry.
»Im Grunde will doch niemand wissen, wo das Geld herkommt. Dadurch würde man doch mitschuldig,
oder etwa nicht?«
»Kommt drauf an.« Rebus zitterte.
»Ich habe es jedenfalls nicht wissen wollen. Wenn er versucht hätte, es mir zu sagen,
hätte ich mir die Ohren zugehalten."
»Er hat also nie einen Job gehabt?«
»Ich weiß es nicht. Er hat immer davon geredet, er wollte als Fotograf arbeiten. Das war schon
sein großer Wunsch, als er die Schule verließ. Das war das Einzige, was er nicht verpfändet hat,
noch nicht mal, um seinen Stoff zu bezahlen.«
Rebus verstand nicht, was sie meinte. »Was war das?«
»Seine Kamera. Sie hat ihn ein kleines Vermögen gekostet, jeder Penny von der Sozialhilfe
gespart.«
Sozialhilfe, was für ein Wort. Rebus war allerdings sicher, dass in Ronnies Zimmer keine Kamera
gewesen war. Also kam auch noch Raub als Vergehen hinzu.
»Tracy, ich brauche eine Aussage.«
Sie war sofort misstrauisch. »Wozu?«
»Bloß damit ich etwas in der Hand habe, damit wir Ronnies Tod überhaupt untersuchen können.
Werden Sie mir dabei helfen?«
Es dauerte eine ganze Weile, bis sie nickte. Das Schiff war längst verschwunden. Nichts trieb
mehr im Wasser, nichts war in seinem Kielwasser zurückgeblieben. Rebus legte eine Hand auf Tracys
Schulter, aber ganz sanft.
»Danke«, sagte
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