Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zeichen des fremden Ritters

Das Zeichen des fremden Ritters

Titel: Das Zeichen des fremden Ritters
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Stadtkirche aufgeführt worden war. Vater Ambrosius, der Stadtpfarrer, hatte es mit den Zunftleuten vorbereitet und auch darauf geachtet, dass die Rollen |45| unter den Zünften so verteilt wurden, wie es von jeher festgelegt war.
    »Na ja«, erzählte Agnes, »meine Mutter war richtig wütend, als sie gehört hat, dass der Silberschmied die Jungfrau Maria und der Tuchhändler den Josef spielen sollten. Und mein Vater hatte nur die Rolle der Wirtin bei der Herbergssuche bekommen! Dabei weiß sie doch, dass die Gilde der Kaufleute immer schon die Herbergssuche übernimmt! Den ganzen Advent lang hat sie herumgenörgelt. Und jetzt schimpft sie immer noch, weil Frauen nicht mitspielen dürfen und weil sie die Rolle viel besser gespielt hätte. Beim Krippenspiel hat sie es nämlich richtig genossen, dass die Wirtin Maria und Josef in den Stall geschickt hat. ›Gut so!‹, hat sie gerufen. Stellt euch das mal vor! Bei der Herbergssuche sollen doch alle Zuschauer mitleidig sein! Das war so peinlich!« Agnes wurde sogar jetzt noch rot.
    »Du kennst doch deine Mutter!«, versuchte Hannes sie zu trösten. »Alle kennen sie. Sie haben es bestimmt schon wieder vergessen.«
    »Als ich eben über den Marktplatzgelaufen bin, sah es nicht so aus«, widersprach Agnes. »Die Frau vom Silberschmied und die vom Tuchhändler haben mich jedenfalls ziemlich böse angesehen.«
    »Die beiden haben ja auch nichts Besseres zu tun, als ständig über andere zu reden«, meinte Jakob abfällig.
    »Das tun doch alle in der Stadt!«, rief Agnes empört. »Und je länger sie darüber reden, desto schlimmer wird es.«
    |46| Hannes nickte. Agnes hatte recht. Aber vielleicht würde seine Geschichte sie ein bisschen ablenken. Er schob die leere Schale von sich, stützte die Arme auf den Tisch und fragte: »Wisst ihr, was heute Nacht auf der Burg passiert ist?«
    Agnes und Jakob vergaßen Adelgunde sofort und hörten ihm gespannt zu. Ihre Augen wurden immer größer.
    »Und wer ist der Fremde?«, fragte Agnes.
    »Ein fünfzackiger Stern? Was bedeutet er?«, wollte Jakob wissen.
    Hannes zuckte die Schultern. »Das müssen wir alles rausfinden. Der Fremde hat auch noch ein Lederetui mit einem Wappen dabei. Es sind Löwen darauf, wie im Wappen unseres Grafen, und Lilien, wie im Wappen seines Schwagers Guy de Vitry.«
    »Dann hat er vielleicht irgendwas mit Erlenburg zu tun!«, überlegte Agnes. »Oder mit den Grafenfamilien. Weißt du, was in dem Etui ist?«
    Hannes schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht! Es ist zugenäht und ich kann es doch nicht einfach aufmachen! Aber vielleicht hilft uns der fünfzackige Stern ja schon! Roland müsste was darüber wissen.«
    »Roland?«, fragte Jakob.
    »Ja, der Herold des Grafen«, nickte Hannes.
    »Dann müssen wir auf jeden Fall auf die Burg«, rief Jakob. »Roland fragen und uns mal den Fremden ansehen. Kommst du mit, Agnes?«
    »Ja sicher, zu Hause vermisst mich im Moment niemand, |47| sie sind alle unterwegs. Aber wie willst du das machen?«, fragte sie. »Einfach hineinspazieren?«
    Hannes überlegte. Wie konnte er die beiden auf die Burg holen, ohne dass sie schon am Burgtor aufgehalten wurden?
    »Ich weiß!«, rief er. »Gottfried ist da. Wir könnten sagen, dass ihr ihn treffen wollt. Dann haben die Wachen nichts dagegen.«
    »Gottfried?«, freute sich Agnes. »Das ist eine gute Idee.«
    Sofort wickelten sie sich in ihre Umhänge. Jakob fragte seinen Vater, ob er mal eben auf die Burg gehen dürfte. Köbes nickte erstaunt, aber er konnte wegen seiner Gäste keine weiteren Fragen stellen. Rasch schob Jakob die beiden anderen vor sich her aus der Schenke, bevor sein Vater es sich anders überlegte.
    Sie rannten über den Marktplatzund sahen, wie Vater Ambrosius mit zwei Messdienern aus der Kirche trat. Sie hatten ein Weihrauchfass und Weihwasser dabei und machten sich auf den Weg zum Burgplatz.
    Rasch liefen die Kinder weiter. Der Burgplatzwar inzwischen so voller Menschen und Pferde, dass kaum ein Durchkommen war. Auch der Graf und seine Gäste waren auf den Platzgeritten. In ihrer kostbaren, bunten Kleidung boten sie einen prächtigen Anblick. Hannes zeigte seinen Freunden die Wappen auf den Pferdedecken, doch einen fünfzackigen Stern konnten sie nicht entdecken.
    Sie hatten trotzdem Glück! Am Burgtor kam ihnen |48| Roland, der Herold des Grafen, entgegengeritten. Er wollte an ihnen vorbei, aber Hannes versuchte, ihn aufzuhalten.
    »Herr Roland, könnt Ihr uns eine Frage über Wappen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher