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Das Zeichen des fremden Ritters

Das Zeichen des fremden Ritters

Titel: Das Zeichen des fremden Ritters
Autoren: dtv
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gesehen«, meinte er. »Das war im Sommer. Ihr habt Hannes geholfen, wenn ich mich recht erinnere. Als man zu Unrecht glaubte, er wäre ein Dieb.«
    »Das stimmt«, nickte Agnes und knickste wieder.
    Konrad seufzte. »Ich wünschte, ich hätte Freunde wie du!«, wandte er sich an Hannes. »Hier auf der Burg ist niemand, mit dem ich richtig reden kann.«
    Jakob räusperte sich und grinste dann über sein ganzes rundes Gesicht. »Wir stehen gerne zu Eurer Verfügung!«, sagte er mit einer kleinen Verbeugung. »Oder?«, fragte er Agnes.
    »Natürlich. Besonders in diesem Fall, wo es um einen zornigen Onkel und um einen Engländer geht.«
    Konrad blickte Agnes erstaunt an, dann lachte er. »Ihr sprecht wirklich über alles!« Er wurde wieder ernst. »Ich habe nicht viel Zeit. Ich muss in die Halle. Was ist das denn jetzt für ein Kranker?«
    |57| Hannes erzählte ihm rasch, was in der Nacht passiert war. »Er wird bestimmt schnell gesund«, fügte er hinzu. »Bruder Gisbert kümmert sich um ihn.«
    »Und er hat ein Lederetui mit dem Wappen des englischen Königs?«, fragte Konrad bestürzt.
    »Ja, der Herold hat uns das Wappen erklärt«, antwortete Agnes. »Aber keine Sorge«, beruhigte sie Konrad. »Er ist kein Engländer. Er hat Französisch gesprochen.«
    Konrad nickte, doch er sah alles andere als beruhigt aus.
    »Und was ist in dem Etui?«, fragte er. »Verrät das etwas über ihn?«
    »Wir haben es nicht aufgemacht«, erwiderte Hannes. »Es ist ringsherum zugenäht.«
    Konrad nickte. »Richtig, das geht nicht. Aber hat er denn sonst nichts dabei? Damit man herausbekommen könnte, wer er ist?«
    »Leider nicht«, antwortete Jakob.
    Hannes zuckte die Schultern. »Matthes’ Knechte wollen heute sein Pferd suchen. Wir glauben, es hat sich erschrocken und ist weggelaufen. Natürlich mit den Satteltaschen.«
    »Vielleicht kann uns der fünfzackige Stern auf seinem Wams helfen«, meinte Agnes. »Aber wir wissen nicht, was er bedeutet. Der Herold hat gesagt, er würde den Stern als Wappen nicht kennen.«
    »Und noch etwas.« Jakob blickte sich hastig um, aber niemand war in der Nähe, um sie zu belauschen. »Geoffrey |58| hat auch so einen Stern. Einen kleinen goldenen an einer Kette.«
    Konrad riss die Augen auf. »Was? Seid ihr sicher?«
    »Ja«, antwortete Hannes. »Wir haben ihn genau gesehen, als er sich über den Kranken gebeugt hat.«
    »Hm«, machte Konrad. »Also gibt es den Stern zweimal, bei einem Engländer und bei einem Franzosen. Und der Franzose besitzt erstaunlicherweise ein Lederetui mit dem Wappen des englischen Königs, woher auch immer er es hat.« Er überlegte. »Kennt Geoffrey den Fremden vielleicht?«
    Die Kinder zuckten die Schultern.
    »Er hat gesagt, er kennt ihn nicht«, antwortete Jakob.
    »Dann ist das mit dem Stern wirklich seltsam. Warum haben beide einen?«, grübelte Konrad.
    »Vielleicht gehören sie einer Bruderschaft an«, schlug Agnes vor.
    Das war eine gute Idee. In jeder Stadt gab es Bruderschaften. Sie waren von den Reichen und Wohlhabenden gegründet worden und nur die wurden Mitglieder, weil sie das Geld dafür hatten. Agnes’ Vater Josef Steinhaus gehörte der Marienbruderschaft von Erlenburg an. Unter dem Zeichen des Rosenkranzes kümmerten sie sich um die Armen der Stadt und um die teuren Kerzen und Wandgemälde in der Stadtkirche.
    »Aber ein Engländer und ein Franzose in derselben Bruderschaft?«, fragte Jakob ungläubig.
    »Vielleicht«, überlegte Konrad, »in einem Ritterorden. So was wie Johanniter oder Malteser. Die gibt es doch |59| schon seit den ersten Kreuzzügen! Sie kümmern sich um Arme und Kranke und haben ein Kreuzals Zeichen.«
    »Geoffrey ist Spielmann«, wandte Hannes ein. »Was macht er in einem Ritterorden?«
    Da hatte er recht.
    Konrad nickte. »Und wenn er gar kein Spielmann ist? Ritter lernen auch, zu singen und ein Instrument zu spielen.« Er seufzte. »Das muss ich auch. In zwei Jahren werde ich Knappe bei meinem Onkel. Da geht es erst richtig los. Dann kommen noch Tanzen und höfisches Benehmen und solche Sachen dazu.«
    Hannes, Jakob und Agnes sahen ihn mitleidig an. Sie hatten gar nicht gewusst, dass es richtige Arbeit bedeutete, ein Ritter zu werden. Offenbar gehörte mehr dazu, als nur vom Pferd aus mit der Lanze zu treffen oder einen Schwertkampf zu bestehen.
    Aber was Konrad gesagt hatte, war richtig. Wenn Geoffrey nun tatsächlich ein Ritter war? Obwohl er gar nicht danach aussah. Er war viel zu jung dazu! Es passte alles nicht zusammen.
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