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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß
Autoren: Ludwig Tieck
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wieder gut zu machen, aber sie war schon zu weit böse und es konnte ohne Duell nicht abgehen. Das ist Dein Duell, mein werther Freimund, in welchem ich Dein Secundant war. Du und Dein Gegner, ihr wurdet Beide verwundet, bald geheilt und nachher auf lange Zeit die besten Freunde.
    Es ist wahr, sagte Freimund, jetzt erinnere ich mich dieser Sache wieder.
    Und wer war dieser Gegner? fragte die Mutter.
    Wer anders, antwortete Schwieger, als unser General, mit dem jetzt unser Alter schon seit so lange verfeindet lebt. Der Herr trägt immer noch denselben Leberfleck an seiner martialischen Nase, nur daß er in dem braun gewordenen Gesicht nicht mehr so hervorsticht.
    So wie Schwieger den General genannt hatte, sprang Freimund auf und stampfte mit den Füßen. Er hatte sich aber mit so weniger Vorsicht erhoben, daß er heftig an den Tisch stieß und die kleine schwach brennende Lampe umwarf. In demselben Augenblick war die Gesellschaft in der dicksten Finsterniß begraben. O weh! jammerte die Dichterin, wie viele Unfälle müssen sich vereinigen, um den heutigen Tag und Abend und die Nacht merkwürdig zu machen!
    Ja wohl! sagte Mansfeld, nun wissen wir erst, welchen Schatz wir an unsrer kleinen unscheinbaren Lampe, die allen Glanz verschmähte, besaßen! So geht es immerdar im Leben.
    O Kinder, sagte die Mutter, keine Scherze jetzt: laßt uns doch Licht suchen, denn alle Geschichten von dem schlimmen Hause hier fallen mir jetzt ein, und in der Finsterniß kann uns ja was Schreckliches begegnen! O weh! so schrie sie auf, denn der umhertappende Freimund fuhr ihr so eben mit der starken Hand über das Gesicht. Ruhig! sagte der Vater, ich suche den Ausgang.
    Mansfeld, der behendeste, hatte die Thür zuerst gefunden. Der alte Gärtner schlief schon seit lange. Als man ihn mit vieler Mühe ermuntert hatte, als er begriff, was man von ihm wolle, gestand er, daß er kein Oel mehr in Vorrath habe, und schlief weiter. Mansfeld tappte zurück. Sind Sie noch Alle hier, und wo? rief er in den Saal hinein.
    Hier! hier! riefen die Stimmen zornig oder beklommen durch einander. Himmel! ächzte die Dichterin, das Unwesen heut ist schlimmer, als eine wirkliche Gespenstergeschichte. Man kommt nicht aus dem Grauen und den Schaudern.
    Bleiben wir nur wenigstens im Winkel hier stille sitzen, sagte Louise, bis es endlich einmal wieder Tag wird.
    Ich schlage vor, sagte Mansfeld, und halte die Arme steilrecht am Leibe hinunter, um keinem von Ihnen ins Gesicht zu schlagen – daß wir uns bei unsrer Noth an den Heerd in die Küche machen, jenes bescheidene Feuer, bei welchem unser sittiges Abendessen gesotten wurde, wieder anzufachen suchen, um wenigstens unterscheiden zu können, in welchem Welttheil wir uns befinden. Von Ländern oder gar Provinzen kann bei dieser finstersten Finsterniß gar nicht die Rede seyn. Nun fragt sich nur, wer von uns getraut sich in diesem uns ganz unbekannten Hause die ehemalige Küche wieder zu entdecken?
    Alles schwieg. Wenn man nur nicht, sagte Schwieger verdrüßlich, indem man auf solche Entdeckungen ausgeht, noch Arm und Bein, oder gar den Hals bricht, denn man kann auf Treppen, Stiegen und Stufen gerathen, auf unsichtbare Fallthüren treten, in ungeahndete Kellergeschosse hinunterstürzen und am Ende diese gerühmte Verlobung noch mit einem Leichenmahl beschließen. An diese Weihe des furchtbaren Hauses werde ich gedenken!
    So will ich selbst mein Heil oder Unheil versuchen! rief Mansfeld; ich weihe mich den unterirdischen Göttern; gehe ich zu Grunde, Freunde, so setzt dankbar meinen Aschenkrug zu den übrigen Töpfen dieses noch unbekannten Heerdes. Sollte ich, ein zweiter Columbus, glücklich landen, so werde ich aus der Ferne laut schreien, und Ihr könnt alsdann sicher meinem großen Rufe nachfolgen, um Feuer und Licht zu zünden. – Aber noch eins, Herr von Freimund, liegen auch nirgend, wie es bei so einsamen Schlössern wohl manchmal der Fall ist, Fußeisen oder gar Selbstschüsse?
    Die Dichterin schrie so laut vor Entsetzen auf, daß die andern Frauen mitschrieen, in der Voraussetzung, es sei ihr eben ein furchtbares Unglück begegnet. Was giebt's? Ums Himmelswillen, was giebt's? riefen die beiden alten Männer aus voller Kehle. Und Mansfeld schrie draußen: Wahrlich! der Schuß ist schon gefallen! Alles lärmte, klagte, fragte, überschrie den andern, und keiner hatte den Muth, von der Stelle zu weichen, um nicht ebenfalls unglücklich zu werden. Endlich benutzte Freimund eine kleine Pause und
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