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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß
Autoren: Ludwig Tieck
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stritt, als die Dichterin und die Mutter Louisen zuredeten, und Freimund und Schwieger mit einander zankten, sagte Mansfeld: Dies Alles, meine geehrten Freunde, wird, wenn ich nicht sehr irre, sich in der ruhigen Stadt besser berathen und abmachen lassen, denn in der That, mir scheint es endlich auch, als sei hier in diesem Zauberschlosse Alles nur auf Verwirrung gestellt. Wäre dies die Nacht des ersten Mais, so könnte es ja nicht schlimmer hergehn, und wir haben heut in der That eine Walpurgis im Kleinen gefeiert.
    Nur der Hauptvorsteher dieses Festes, fiel Schwieger verdrüßlich ein, hat bis jetzt gefehlt, oder bis dahin nur die Sachen unsichtbar gelenkt und angeordnet.
    Käm' er nur in Person, rief Freimund, daß man ihn doch wenigstens zur Rede stellen könnte!
    Hervor, Alter! rief Mansfeld im tollen Muthe, der ihn jetzt von neuem anwandelte. Heraus aus Deiner alten Behausung, Du Unfreundlicher, Widerwärtiger! So wie der große König Ingurd stehe ich hier, stampfe den Boden und beschwöre Dich, uns sichtbarlich zu erscheinen, wenn Du irgendwo als Wesen bist, webst, lebst oder existirst, sonst werden wir kurzen Prozeß mit Dir machen, Dir den Stab brechen und behaupten, daß Du nirgend in rerum natura als Ding seist!
    Malen Sie den Bösen nicht an die Wand! sagte die Mutter schüchtern.
    Aber poetisch macht sich die Sache doch, flüsterte die Dichterin, und diese feinere oder erhabene Art von Schauder hat uns in dieser Nacht noch gemangelt.
    Indem der Vetter und der Landrath, so viel es die Lichter erlaubten, das Schauspiel betrachteten, welches ihnen der übermüthige Mansfeld gab, und sich ihm näherten, wichen die Frauen geängstigt nach der Wand zurück.
    Wie man nur immerdar so verdreht seyn kann! bemerkte Freimund, und er wird auch des Dinges und alles dieses Spaßes nicht überdrüssig.
    So komm denn, erscheinet fuhr Mansfeld in seiner Beschwörung fort; bist Du denn vielleicht der Geist des Vergessens, der Zerstreutheit, jener sonderbaren Abwesenheit, und bist Du wohl gar nur in dieser persönlich gegenwärtig? So komm denn. Du, mit dem irren, schielenden Blick, laß die Wasser in Ruh, die durch Deinen Drang übertreten und zerstören, hemme den unnützen Regen, der dem Landmann die Heuernte verdirbt; bist Du irgendwo heut in der Küche, oder im Keller, im Mißverständniß des tauben Gärtners, oder im Verderbniß edler Manuskripte und Dichtungen thätig gewesen, so komm, melde Dich, tritt auf, zögre nicht, wir sind Deiner gewärtig.
    Sogleich! im Augenblick! rief eine Stimme dumpf aus dem Fußboden herauf. – Alle entsetzten sich, selbst Mansfeld fuhr mit einem Schrei des Erschreckens zurück, die Frauenzimmer kreischten und drängten sich näher zusammen. Auch Schwieger und Freimund, so wie der Landrath und der Vetter begriffen das Wunderbare des Ereignisses nicht. Aber noch mehr entsetzten sich Alle, als der Fußboden sich plötzlich aufthat und eine dunkle Gestalt heraufstieg.
    Alles schrie durch einander, selbst der Keckste und Vorwitzigste hatte für einige Momente Muth und Besonnenheit verloren. Der Fremde, als sich der Fußboden wieder geschlossen hatte, nahm den Hut ab und sagte: Ich kenne diese Gesellschaft nicht und vermuthete Niemand hier. Entschuldigen Sie den Schrecken, den ich Ihnen Allen gemacht habe. Als ich sprechen hörte, und jene Aufforderung, sogleich zu kommen, konnte ich es nicht unterlassen, von unten zu antworten, sehr gespannt darauf, wer nach mir verlange, oder wer wissen konnte, daß ich schon auf dem Wege hieher sei.
    Er sah sich um, so viel es die Laternen verstatteten. Alle waren verlegen, nur Mansfeld, der seinen Muth wieder gefunden hatte, sammelte sich zuerst und sagte: Sie, Herr Fremder, sind, wie es scheint, sehr gütig und gefällig, erst, daß Sie auf meine Einladung sich sogleich zu uns bemühen, und zweitens, daß Sie zugleich um Verzeihung bitten, da Sie uns erschreckt haben. Daß wir einigermaßen den alltäglichen Muth verloren, war wohl sehr natürlich. Sie wissen ja doch, wen wir zu rufen die Dreistigkeit hatten, und stellen sich ein für ihn und geben sich für ihn aus.
    Ich habe meinen Namen noch nicht genannt, sagte die Erscheinung.
    Braucht's auch nicht, erwiederte Mansfeld; wäre gewissermaßen gegen die Etikette; man kennt sich doch.
    Sonderbare Ausdrücke und Redensarten, sagte der Fremde; ich muß besorgen, in eine Gesellschaft gerathen zu seyn, die wohl nicht so eigentlich hieher gehört.
    Für wen halten Sie uns? rief Mansfeld.
    Ich höre,
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