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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß
Autoren: Ludwig Tieck
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oft nicht rettungslos ist, daß Zufall und Glück uns eben so oft die Hände bieten, als sie uns verfolgen. Wenn noch ein Pferd übrig ist, so geben Sie es mir, und ich will nachjagen, erforschen, um, wo möglich, Ihnen einige Beruhigung zu verschaffen.
    Mein Pferd, sagte der Landrath, will ich Ihnen wohl geben, es geht auch in der Nacht sicher, nur müssen Sie es mir nicht zu Schanden jagen.
    Freimund murrte wieder. Sie sind gar zu vorsichtig, Herr von Dobern, sagte er endlich. Wenn alle Menschen so dächten, so würde niemals in der Welt etwas Besonderes oder Auffallendes geschehn.
    Der Fremde ritt eilig fort. Ein Gerassel draußen ertönte, verschiedene Stimmen riefen laut und durch einander. Sollten sie da seyn? schrie die Mutter. Freimund stürzte hinaus.
    Es war der Küchenwagen, der nun endlich angekommen war. Die Leute waren auch während des Gewitters eingekehrt. Im Dorfe hatten Sie noch einige Bretter über den Wagen befestigen lassen, damit manche Sachen, die frei standen, nicht verderben möchten.
    Setzen Sie sich nun Alle, rief der Landrath, und erquicken Sie sich wenigstens an dem, was endlich angekommen ist. Wir Alle haben in dieser sonderbaren Nacht vielfältige Strapazen überstanden.
    Richten Sie sich hier ein, sagte Freimund im höchsten Unwillen, so bequem und unterhaltend, wie Sie es immer vermögen, ich und meine Frau, wir wollen sogleich nach der Stadt fahren. Wenn mein Kind verunglückt ist, so ist unser Leben überhaupt beschlossen.
    So verweilen Sie mit mir, Herr Mansfeld, sagte der Landrath; wir begeben uns dann am Mittage nach der Stadt.
    Verehrter Freund, sagte Mansfeld mit großer Rührung zu Freimund: jener Bauerwagen ist geräumig genug, mich und unsern Schwieger aufzuladen. Ich kann nicht ruhen und habe kein Gefühl, bis ich weiß, wie es Louisen ergangen ist. Ich hoffe, gut, leidlich; daß wir sie gesund und bald wiedersehen. Mein Reden und Schwatzen soll Sie unterwegs zerstreuen und vielleicht etwas mehr beruhigen. Der Herr Landrath kann sich auch besser ohne uns behelfen, fügte er mit einem Ton der Geringschätzung hinzu: da unsre Klagen ihn vielleicht in seinem philosophischen Wohlbehagen stören möchten.
    So geschah es; Jene fuhren ab, als eben die erste Dämmerung sich unmerklich in die Dunkelheit mischte, und der Landrath blieb, wie selbst verzaubert, in dem sogenannten Zauberschlosse zurück.
    *
    In der nehmlichen Sturmnacht, als sich alle diese Zufälle und Verlegenheiten auf dem Zauberschlosse entwickelt hatten, saß der trostlose Hauptmann in seinem Zimmer bei zugezogenen Fenstern, und überlas noch einmal die Briefe, die er in glücklichen Zeiten von Louisen erhalten hatte. Plötzlich rollte ein Wagen heran, und der General umarmte seinen überraschten Sohn. In dem schrecklichen Wetter fahren Sie zu mir, mein Vater? sagte der Sohn verwundert. – Umzukehren, erwiederte der General, war es zu spät, und ich hatte Dir einmal meinen Besuch zugedacht. Begrüße doch auch Deinen alten Lehrer. – Wie? rief der Hauptmann, auch Ihr Feldprediger, der theure Magister, begleitet Sie?
    Ja, mein Sohn, sagte der General in seiner frohen Laune, als sich Alle im Zimmer niedergelassen hatten: sieh, ich dachte so: entweder der Sohn ist rappelköpfisch und in einer stillen oder lauten Verzweiflung, da reicht mein väterlicher Trost allein nicht hin, darum habe ich unsern wackern Prediger mitgenommen, der, wenn mir die Worte ausgehn möchten, mit Philosophie, und, wenn auch diese nicht genügen sollte, mit religiösen Ermahnungen auf seine Desperation operiren sollte. Oder, fuhr ich fort, dein Sohn hat etwa gar einen tollen Streich gemacht, wer weiß, das Mädchen entführt, so nehme ich auf jeden Fall meinen lieben Prediger mit, damit die Trauung gleich vollzogen werden kann.
    Wie Sie nur, mein theurer Vater, mit meinem Unglück so scherzen können! War es denn nicht Ihr ausdrückliches strenges Verbot, keinen unsinnigen Streich, wie Sie ihn in allen Briefen nannten, auszuführen? Meine Ehre bei der Armee und meinen Fürsten nicht zu compromittiren? Wie streng war Ihr Befehl, wie heilig mußte ich versichern. Ihnen zu gehorchen!
    Ich meinte nur, antwortete der Vater, die tolle unbändige Jugend gehorche nicht immer. Und darum bin ich auch herübergekommen, um Dich zu beobachten, denn heut Abend, wie ich mir habe sagen lassen, vielleicht in dieser Stunde soll ja die Verlobung Deiner Geliebten mit dem widerwärtigen Bräutigam seyn. Nun sieh, was Du gleich für ein Gesicht ziehst, da ich
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