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Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Titel: Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Addison Allen
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reden, was sie davon halten sollten. Zu welcher Meinung sie auch immer gelangen mochten – Paxton wusste, dass diejenigen, die beschlossen, zu ihr zu halten, ihre wahren Freunde wären. Die anderen würden dann eben die Nebenrollen in ihrem Leben spielen.
    Am Ende der offiziellen Festlichkeiten begleiteten Paxton und Willa Nana Osgood zum Wagen der Pflegerin. Zuvor hatte Agatha sie noch blind, wie sie war, durch das Madam geführt und allein nach ihrem Gefühl und ihrer Erinnerung auf alles hingewiesen, woran sie sich in diesem Haus erinnerte: wie sie und Georgie mit fliegenden Röcken das Treppengeländer heruntergerutscht waren. Wie sie in Georgies Zimmer mit ihren Puppen gespielt hatten. Wie die Köchin der Jacksons ihren köstlichen umgedrehten Ananaskuchen stets in einer gusseisernen Pfanne gebacken hatte – so wurde der braune Zucker richtig knusprig. Wo es im Bücherregal ein Geheimfach gab, in dem sie immer kleine Nachrichten füreinander deponierten, und so weiter.
    »Ich bin stolz auf dich, Paxton. Dieses Haus riecht neu, es riecht anders. Es ist wieder ein guter Ort«, sagte Agatha. Sie schwankte etwas, und Willa und Paxton stützten sie. Paxton vermutete, dass ihre Großmutter ein klein wenig beschwipst war. »Was du heute Abend getan hast, erfordert eine Menge Mut.«
    »Danke, Nana. Es kann gut sein, dass Mama nie mehr mit mir redet.«
    »Damit schadet sie nur sich selbst.« Bevor Agatha ins Auto stieg, sagte sie noch: »Ich glaube, ihr zwei, du und Willa, ihr habt es geschafft, dass er endlich verschwunden ist. Wahre Freundschaft war das Einzige, vor dem er Angst hatte.«
    »Er?«, fragte Willa verständnislos.
    »Tucker. Er hat sich in letzter Zeit wieder viel hier herumgetrieben. Ist euch das nicht aufgefallen? Ich habe ihn gespürt. Es hing immer ein seltsam süßlicher Geruch in der Luft. Und ihr könnt mir nicht erzählen, dass euch nicht aufgefallen ist, wie seltsam sich manche Vögel aufführten.«
    Willa und Paxton drückten sich aneinander, als Agatha endlich im Auto saß und die Pflegerin sie anschnallte. »Was ist hier wirklich passiert, Nana? Hast du wirklich …?« Paxton konnte den Satz in Anwesenheit der Pflegerin nicht beenden.
    »Jawohl, das habe ich«, sagte Agatha. »Vergiss das nie!«
    Paxton und Willa sahen dem Wagen nach, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Danach schauten sie sich fragend an. Als sie zurück ins Haus wollten, stieg ihnen noch einmal ein starker, süßlicher Duft von Pfirsichen in die Nase. Dann jedoch verschwand er in der Nachtluft. Plötzlich erbebte die Eiche, als sich Dutzende von Vögeln daraus erhoben und davonflatterten. Auf ihren dunklen Flügeln blitzte etwas Gelbes auf, sodass es aussah wie ein Feuerwerk.
    »Zufall?«, fragte Willa und legte den Arm um Paxtons Schulter.
    »Es gibt keine Zufälle«, antwortete Paxton und schmiegte sich an Willa, während sie beobachteten, wie die Vögel davonflogen.

ACHTZEHN
    Der Pfirsichbaum
    1936
    Als es zum ersten Mal passierte, schreckte Georgie aus dem Schlaf hoch und fror erbärmlich. Sie wusste nicht, warum. Es war in jenem Sommer so heiß, dass sie ohne Bettdecke schlief, und trotzdem zerfloss sie jede Nacht. In jener Nacht jedoch stellte sie beim Aufwachen fest, dass ihr der Schweiß auf der Haut gefror und knisterte. Zitternd blickte sie aus dem Fenster und rechnete schon fast damit zu sehen, wie die Welt zu Eis wurde. Auf alle Fälle verändert sie sich, dachte sie schlaftrunken. Das tat sie schon seit Monaten. Und jetzt, nachdem Tucker mit seinem bezaubernden Lächeln und seinem einnehmenden Wesen zu ihnen ins Madam gezogen war, spürte Georgie die Veränderungen noch deutlicher. Es lag viel Hoffnung in der Luft, Hoffnung, dass der geplante Pfirsichhain ihren Geldnöten bald ein Ende bereiten würde. Ihr Vater, der sie an guten Tagen ignorierte und ihr an schlechten die Schuld gab, dass seine Ehefrau bei ihrer Geburt gestorben war, schien sich jetzt sogar zu freuen, wenn er ihr beim Abendessen begegnete. Er freute sich, sie zu sehen, weil Tucker sich freute, sie zu sehen. Tucker rief in den Menschen solche Veränderungen hervor. Deshalb übersah sie es geflissentlich, wenn er sie im Flur streifte und dass er stets da zu sein schien, wenn sie aus dem Bad kam. Sie blickte über seine Rastlosigkeit und seine Wutausbrüche hinweg. Agatha sagte ihr, sie sei töricht und wisse ja nicht, wie viel Glück sie habe. Tucker hatte auch Agatha verändert. Früher hatte sie Agatha alles erzählen können, doch
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