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Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert

Titel: Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert
Autoren: Kai Meyer
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verschwommen sah Nugua, was als Nächstes g e schah.
    Wisperwind führte ihre beiden Schwerter in einer raschen Folge überkreuzter Hiebe, bis die Soldaten in Panik vor ihr zurückwichen. Doch statt nachzusetzen, stieß sie sich vom Boden ab, stieg steil in die Höhe, fünf, sechs, dann zehn Meter hoch, und vollführte blitzschnell eine Folge von Bewegungen. Sie warf die Schwerter gerade nach oben, packte mit beiden Händen je ein Bündel der silbernen Stahlnadeln aus ihrem Gürtel und schleuderte sie mit einem gezielten Wurf hoch über das Plateau hinweg auf die Felsen zu. Das alles vollbrachte sie am höchsten Punkt ihres Sprungs, fing dann die Schwerter wieder auf und sank zurück zu Boden, mitten in den Pulk der atemlos starrenden Mandschu.
    Die Wurfnadeln surrten wie ein Hornissenschwarm auf den Schamanen zu, durchschlugen das schwarze Fell und bohrten sich in das, was darunter steckte. Ein markerschütternder Schrei ertönte, dann fiel der Fellbuckel in sich zusammen. Der dürre Körper, den er begrub, hob sich kaum höher ab als ein Haufen Knochen.
    Die Wolke um Nugua und Feiqing platzte auseinander. Fe i qing sackte zusammen, aber Nugua schlug noch einen Augenblick länger blindlings um sich, verlor plötzlich das Gleichgewicht und schlitterte den Felshang hinunter.
    Der Rattendrache brüllte ihren Namen, aber sie fand keinen Halt und kugelte über eine Schräge aus Geröll in die Tiefe, dem Plateau entgegen. Dort prallte sie auf glatten Schiefer und blieb für mehrere Sekunden benommen liegen.
    Wisperwind erschlug drei weitere Soldaten, jetzt wieder ganz auf der Höhe ihrer Kampfkunst. Sie sprang hierhin und dorthin, schneller als die erschöpften Mandschu sehen konnten, und kam über sie wie ein tödlicher Geist.
    Auch Li erwehrte sich aller Angriffe und erwischte in kurzer Folge mehrere Gegner mit der Sichelklinge seiner Lanze, ehe er schließlich nur noch Lotusklaue selbst gegenüberstand.
    Nugua beobachtete all das wie durch einen Schleier, so als habe sich etwas vom Zauberrauch des Schamanen auf ihren Augen festgesetzt. Aber es waren nur ihre Erschöpfung und der Schmerz der zahllosen Prellungen, die sie sich bei dem Sturz die Felsen hinab zugezogen hatte. Schon versuchte sie wieder, auf die Beine zu kommen, sackte aber zurück auf die Knie und atmete rasselnd aus und ein.
    Es waren keine Mandschu mehr übrig, die ihrem Hauptmann zur Hilfe kommen konnten. Ein paar waren geflohen, fortgesto l pert über die Felsen im Süden. Der Rest lag leblos über das Plateau verstreut, manche von den eigenen Schamanen getötet, die meisten aber erschlagen von Wisperwind und dem Xian.
    Nur Lotusklaue stand noch aufrecht. Zwei der drei Krallensp u ren in seinem Gesicht waren wieder aufgebrochen und übergossen seine Züge mit einem gespenstischen Rot, dunkler als der allgegenwärtige Lavaschein. Sein langes schwarzes Haar tanzte im Wind. Er fauchte wie ein Raubtier, als er sich Li und Wisperwind allein gegenübersah, und vielleicht erwog er für einen Augenblick wirklich, sich den beiden zum Kampf zu stellen.
    Dann aber machte er aus dem Stand einen Sprung, der Wi s perwind zu Ehren gereicht hätte. Statt sich aber in Sicherheit zu bringen, schlug er in der Luft einen Salto und sauste nach hinten.
    Genau auf Nugua zu.
    Als sie sich der Gefahr bewusst wurde, zerrte der Mandsch u hauptmann sie bereits vom Boden und hielt sie am ausgestreckten Arm. Sie versuchte, nach ihm zu treten, aber ihr tat noch immer alles weh, und mit den Händen kam sie gerade mal bis zu seinen Oberarmen, nicht an Hals und Gesicht. Unter all dem Rot auf seinen Zügen sah sie jetzt wieder die Eisenplatte in seiner Stirn. Eine Tigerpranke hatte eine Furche durch das Metall gezogen.
    » Lass sie los! «, brüllte Wisperwind. Sie hatte Silberdorn in den Boden gerammt – die Klinge zerschnitt sogar Fels – und hielt in ihrer linken Hand einen blitzenden Fächer aus Wurfn a deln. Li stand nahebei und hob drohend die Schaufellanze.
    Lotusklaue achtete auf keinen von beiden. Sein Blick bohrte sich in Nuguas Augen, als forsche er dort nach etwas.
    » Du hast die Tiger befrei t «, flüsterte er tonlos.
    Sie spuckte ihm ins Gesicht. » Ich wünschte, sie hätten dir deine hässliche Fratze heruntergerissen. «
    Nur aus dem Augenwinkel sah sie seine Bewegung kommen. Sie hätte ohnehin nichts dagegen tun können.
    Li stieß einen donnernden Fluch aus.
    Wisperwinds Hand zuckte vor. Der Nadelfächer wurde zu einem Schwarm silberner Blitze, der auf Lotusklaue
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