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Das Wolkenpferd

Titel: Das Wolkenpferd
Autoren: Margot Berger
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gestern nachgegeben hatte und mit den Kindern an die Ostsee gefahren war. Wie jeden Sonntag hatten Judy und Dodo ihr stundenlang in den Ohren gelegen. Seufzend packte ihre Mutter schließlich Bade- und Reitsachen in die Segeltuchtasche, und sie fuhren los.
    Dabei interessierten sich Judy und Dodo weder für die Seeluft noch für den Strand. Was sie nach Scharbeutz zog, war 2,10 m lang und 1,45 m hoch - ihre geliebte Nelly. Und die stand in einer Reitschule an der Ostsee.
    Seit einem Jahr gab es zu Hause kein anderes Gesprächsthema. Kaum schlugen die Mädchen morgens die Augen auf, da dachten sie schon an Nelly. Sie sprachen im Badezimmer über Nelly, beim Frühstück, auf dem Weg zur Schule und beim Abendessen.
    Die Norwegerstute war einfach ein Schatz. Lieb ohne Ende, ruhig und zuverlässig. Steigen, buckeln, scheuen - diese Dinge kannte Nelly nicht.
    Und gestern noch hatte es so ausgesehen, als ob sie bald ihnen gehören würde. Noch war Nelly im Besitz der Reitschule an der Ostsee. Doch inzwischen war es Dodo und Judy gelungen, ihre Eltern auch zu Nelly-Fans zu machen. Vor den endgültigen Kauf hatte ihr Vater allerdings einige Hürden auf gebaut: Drei Monate lang hatten sie täglich Mathe büffeln und ihre Zimmer aufräumen müssen, außerdem durften sie nicht mehr so viel mit dem Handy telefonieren.
    Klaglos erfüllten sie alle Auflagen.
    Als die Zeugnisse im Juli tatsächlich sehr gut waren, sprach ihr Vater mit Nellys Besitzer. Am ersten Ferientag verkündete er unter dem lauten Freudengeheul seiner Töcher: „Nach den Sommerferien gehört Nelly uns."
    Und dann sagte ihr Vater noch: „... falls nichts Unvorhergesehenes passiert."
    Aber diesem kleinen Satz schenkten Dodo und Judy keine Bedeutung. Was sollte schon geschehen?
    Und dann passierte das „Unvorhergesehene" doch noch. Ein blöder Unfall. Wenn die Eltern davon erfuhren, würden sie Nelly nicht bekommen. Das war den Mädchen klar. Darum wollten Judy und Dodo die Sache mit ihren Armen unbedingt vor den Eltern geheim halten.
    So war es geschehen: Judy und Dodo hatten sich gestern in einem fremden Reitstall an der Ostsee umgesehen. Sie waren auf der Suche nach einem schönen neuen Zuhause für Nelly. Arglos standen sie am großen Paddockgatter, als plötzlich ein Pferd in Panik heranstürmte. In Sekunden riss der durchgegangene Wallach das Eisentor aus der Verankerung. Für einen kurzen Moment quetschte er beide Mädchen zwischen seinem Körper und dem Tor ein.
    Das ging so schnell, dass Judy den Schlag gegen ihren rechten Arm gar nicht richtig wahrnahm. Zumal gleichzeitig Dodo neben ihr aufschrie. Ihre Schwester hatte sich den Arm eingeklemmt, war aber schon wieder frei.
    Das Pferd jagte weiter, über den Dressur platz in die Felder. Trotz der Schmerzen dachten die Mädchen nicht an sich, sondern an das durchgedrehte Pferd. Sie liefen in den Stall und fanden einen Reiter, der sich auf die Suche nach dem flüchtenden Pferd machte. Aus dem Wasserschlauch vor dem Stall ließen die Schwestern kaltes Wasser über ihre Arme laufen. Nach einiger Zeit, als die Schmerzen etwas nachließen, schworen sie sich: „Wir sagen keinem etwas!"
    Wie sollten sie den Erwachsenen klar machen, dass sie für den Unfall nichts konnten? Ihr Vater würde garantiert denken, seine Töchter wären zu jung für den Umgang mit Pferden. Nelly könnten sie dann endgültig vergessen. Also hieß es: Zähne zusammenbeißen.
    „Ihr seid mir vielleicht zwei Helden."
    Die beiden Mädchenköpfe flogen herum.
    Ihre Mutter stand in der Tür der Unfallstation. Besorgt untersuchte sie die verbundenen Arme. „Dass ihr das vor mir verheimlichen konntet... ich muss schon sagen."
    Aber in ihrer Stimme schwang Erleichterung mit. „Dann erzähl mal, Judy."
    „... und wenn wir Nelly nicht kriegen, dann pflegen wir sie trotzdem weiter", schloss Judy trotzig ihren Bericht.
    „Wenn ihr uns nicht mehr hinfahrt", schob Dodo hinterher, „nehmen wir eben den Zug." Schmunzelnd kramte ihre Mutter in der Handtasche, zog einen Briefbogen hervor
    und wedelte damit vor der Nase der Kinder herum.
    „Kaufvertrag", las Dodo laut, als sie einen Blick auf das Papier erhaschte. „... geht die Norwegerstute ,Nelly' ab 27. August in den Besitz von..."
    Weiter kam sie nicht.
    Die Schultasche polterte von der Liege. Mit einem Satz sprang Judy auf und fiel ihrer Mutter mit dem gesunden Arm um den Hals. „Wann habt ihr denn den Vertrag gemacht?" Lachend faltete ihre Mutter das Dokument zusammen.
    „Haargenau zur
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