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Das wilde Herz der Highlands

Titel: Das wilde Herz der Highlands
Autoren: Lynsay Sands
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Rolfe Kenwick, Baron of Kenwickshire, betrachtete sich nicht gerade als Amor. Und doch hatte er bereits - gegen seinen Willen - zwei Ehen gestiftet, bahnte soeben eine dritte an und würde ohne Zweifel eine vierte in die Wege leiten müssen, sobald er an den königlichen Hof zurückkehrte. Falls ich dorthin zurückkehre, dachte er verdrießlich. Es würde Richard ganz recht geschehen, wenn er es nicht täte. Er wusste wahrlich Besseres mit seiner Zeit anzufangen, als Ehen zu arrangieren und unwilligen Bräutigamen nachzusetzen. Dieser Bräutigam hier war jedenfalls alles andere als erpicht auf sein Los.
    Es wäre klüger gewesen, wenn der König einfach einen Boten zu Blake Sherwell geschickt und ihm kurzerhand befohlen hätte, sich nach Dunbar zu begeben. Leichter wäre es allemal gewesen. Dann hätte Rolfe sich nicht Sherwells unablässige Proteste anhören und seine Verzögerungstaktik erdulden müssen. Auch wäre ihm erspart geblieben, Sherwells immer wiederkehrende Fragen nach der Schönheit und Wesensart seiner Braut beantworten zu müssen - beziehungsweise ihn mit Lügen abzuspeisen.
    Rolfe verzog das Gesicht und hob die Hand, um die beiden langen Reihen an Bewaffneten halten zu lassen. Umgehend  wurde das königliche Banner höher gehalten, damit es für die Wachen auf der Wehrmauer besser zu erkennen war.
    „Wie sieht sie aus?“, fragte Sherwell abermals und ließ den Blick beklommen über die ferne Burg schweifen.
    Endlich wandte Rolfe sich zu dem starken, blonden Krieger an seiner Seite um. Blake Sherwell war der Erbe des Earl of Sherwell, der zu den reichsten Lords des Landes zählte. Von den Damen bei Hofe wurde Blake Sherwell „der Engel“ genannt, und der Name passte zu ihm, denn er war mit dem Aussehen eines Engels gesegnet. Wobei er nicht den unschuldigen Liebreiz eines Cherubs besaß, sondern die markanten, edlen, makellosen Züge eines Himmelskriegers. Seine Augen waren so blau wie das Firmament, die Nase schmal und leicht geschwungen, sein Gesicht war scharf geschnitten, und sein Haar fiel ihm in glänzenden blonden Locken bis auf die Schultern. Er war gut sechs Fuß groß und hatte breite, kräftige Schultern und schmale Hüften. Seine langen, muskulösen Beine kündeten von vielen Jahren im Sattel. Selbst Rolfe musste zugeben, dass Sherwells Anblick einem den Atem verschlug. Leider Gottes besaß er zudem eine Zunge wie Sirup. Honigsüße Worte troffen ihm von den Lippen wie Tau von einem Rosenblatt -eine Gabe, die er bei den Damen zu seinem Vorteil einzusetzen wusste. Es hieß, er hätte selbst die heilige Agnes ins Bett locken können, hätte er zu ihrer Zeit gelebt. Aus diesem Grunde wurde er von den Männern „des Teufels Genosse“ genannt; nicht wenige unter ihnen hatten eine Gemahlin, die Sherwells Reizen erlegen war.
    „Wie sieht sie denn nun aus?“
    Die erneute Frage riss Rolfe aus seinen Gedanken. Gerade wollte er Sherwell anfahren, als er aus den Augenwinkeln einen Blick auf die Miene des Riesen erhaschte, der hinter Sherwell ritt.
    Ausgerechnet Little George - kleiner George - wurde der Hüne genannt. Er war ein Ritter Sherwells und zugleich dessen Freund und hatte beschlossen, ihn zu begleiten. Ein seltsameres Paar hätte man nirgends finden können, denn die beiden waren so gegensätzlich wie Feuer und Wasser. Während Blake Sherwell blond und ansehnlich war, war Little George dunkel und mit grobschlächtigen Zügen geschlagen. Was ihm an gutem Aussehen fehlte, machte er allerdings durch Stärke wett. Der Kerl war unglaublich groß und massig. Weit über sechs Fuß hoch war er, und seine Schultern maßen gut dreieinhalb Fuß in der Breite. Er war ein wandelnder Fels - schweigsam, unerschütterlich, und für gewöhnlich trug er eine ausdruckslose Miene zur Schau. Umso komischer wirkte es, dass er nun die Augen verdrehte und den Kopf mit den feisten Wangen schüttelte. Auch er schien Sherwells Fragen nach dem Erscheinungsbild der Braut überdrüssig zu sein.
    Rolfe mahnte sich zur Geduld und wandte sich wieder Sherwell zu. „Ihr habt die Frage gewiss an die dreißig Mal gestellt, seit wir Eberhardt Castle hinter uns gelassen haben, und ich habe sie ebenso oft beantwortet, Sherwell.“
    „Nun stelle ich sie eben noch einmal“, erwiderte der Blonde unmutig.
    Ein ungeduldiges Schnalzen lenkte Rolfes Blick zum Bischof hinüber, der an seiner anderen Seite ritt. Der König hatte den Prälaten, der sein Amt aus Altersgründen nicht länger versah, kürzlich für mehrere
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