Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh
Autoren: Matthias Praxenthaler
Vom Netzwerk:
langsam, gewandert wenig und noch langsamer. An den Strand ging es jeden Tag, und sei es auch nur für ein kurzes Bad. Sie fuhren nach Riomaggiore, Manarolo, Vernazza & Monterosso, die anderen vier putzigen Ortschaften, die zusammen mit Corniglia die Cinque Terre bildeten. Billy durfte für einen Tag nach La Spezia zum Schiffegucken, Oma Elisabeth dafür einen Tag nach Genua zum Fußgängerzonengucken. Und weil immer auch ein Tick Hochkultur dabeisein muß auf einer solchen Reise, fuhren sie in der zweiten Woche gemeinsam für eine Nacht nach Pisa, um dort festzustellen, daß der berühmte Turm nicht nur schief, sondern irgendwie auch schräg aussah.

Wie ein rostiger Nagel nach Corniglia kam.
    Jeden Tag entdeckte Billy etwas Neues und vor allem Spannendes. Die Ferien, die er mit seiner Oma unter der Sonne Italiens verbringen durfte, hinterließen seine Seele tief beeindruckt, ja sie sollten fortan sogar sein Leben verändern. Und verantwortlich dafür war vor allem ein Tag am Meer, den Billy und Oma Elisabeth kurz vor der Rückreise ins heimatliche Troisdorf verbrachten.
    Es war bereits Mittag, und nachdem sie sich auf dem kieseligen Strand ein bequemes Lager eingerichtet hatten, mit einer großen, orangefarbenen Decke und einem knallgrünen Sonnenschirm, wurde erst einmal ausgiebig gevespert. Allein schon, um sich für das nächste große Abenteuer zu stärken. Denn auch in Italien wollte Billy auf seine heiligen Fingerferien mit der Oma nicht verzichten.
    Er war ganz ordentlich rumgekommen in der Welt, in den letzten Jahren. Er hatte Afrika kennengelernt, war in Nord- und Südamerika gewesen, und auch große Teile von Asien hatte er bereist. Erst am Vortag hatte er mit vier singenden Russen kurz vor Wladiwostok in der Transsibirischen Eisenbahn gesessen und den ersten Wodka seines Lebens getrunken. Aber heute ging es in ein Land, das Billy bisher noch nicht bereist hatte. Es ging zum fünften Kontinent, es ging nach Australien.
    Oma Elisabeth klappte den Atlas auf und begann zu erzählen. Down Under in einer Stunde. Eine Einführung für den Enkel. Sie erzählte von den Aborigines und der Wiederkehr ihrer Boomerangs, sie plauderte von den Koalabären, die in Eukalyptusbäumen saßen und sich mit deren Blättern so vollfraßen, daß sie rochen wie eine Familienpackung Wick Vaporub. Sie redete über die Känguruhs und ihre Beutelkinder, sowie über all die Strafgefangenen britischer Provenienz, die Australien einst weiß machten. Sie sprach über die Oper von Sidney ebenso wie über die Haie des Great Barrier Reef, beschrieb die unbeschreibliche Gestalt des Schnabeltiers so anschaulich, daß selbst ein Schnabeltier verblüfft gewesen wäre, und natürlich erzählte sie alles über den Ayers Rock.
    Als sie mit dem Gröbsten durch war, ging Billy ins Wasser. Er stellte sich trotzend in den Wellengang, ließ sich an Land spülen und stürzte danach gleich wieder in die Fluten, um dieses herrliche Spektakel unaufhörlich zu wiederholen. Dabei mußte er sich ständig kleine Steine aus der Badehose pulen,die sich dort sammelten, wenn er mal wieder in den Meeresboden einschlug. Dann stand er mit den Händen in der Hose und bis zur Hüfte im Wasser und nutzte die kurzen Pausen dazu, die kleinen Bambini zu beäugen, die in großer Zahl und oftmals halb bis ganz nackt am Strand herumsprangen.
    Billy konnte es damals zwar noch nicht richtig einordnen in seinen Kinderkopf, aber trotzdem hatte er bereits zu jenem Zeitpunkt das starke Gefühl, daß er grundsätzlich auf Mädchen stand. In diesem Sommer ganz besonders auf Mädchen aus Italien. Er liebte es, ihnen zuzusehen, den kleinen Italienerinnen, ihre fast tänzerischen Bewegungen zu beobachten und einen Blick zu riskieren. Außerdem mochte er das Haselnussige ihrer Haut. Nackten Jungs zuzuschauen, das fand er erstaunlich langweilig. Und wenn es sich um ganz große Jungs handelte, deren Körper mit einem dichten Buschwerk aus Haaren bedeckt waren, fand er das sogar ein bißchen eklig.
    Als Billy nun gedankenverloren im Wasser stand und sinnfrei über den Sexappeal von Frauen und den mangelnden Sexappeal von männlicher Körperbehaarung nachdachte, erwischte ihn von hinten eine erstaunlich große Welle und riß ihn mit sich. Er wurde hart durchgespült und unter Wasser hin- und hergewirbelt, wobei er mehrfach unsanft auf dem Meeresboden aufschlug und sich dabei etwas Seltsames in seine Badehose zog. Ein Stein konnte es nicht sein, das war ihm sofort klar, denn das Etwas war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher