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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut
Autoren: Michael Kibler
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SONNTAG
    Der Weg war nicht weit vom italienischen Restaurant Gargano zu ihrem Häuschen im Harras. Hauptkommissar Steffen Horndeich hatte den Merlot genossen. Zu einer Pizza mit Meeresfrüchten. Und viel Knoblauch. Ob der in Italien wohl auch zu den Früchten des Meeres zählte? Bei der Menge!
    Sandra, Horndeichs Frau, hatte sich für Spaghetti Bolognese entschieden. Ohne Knoblauch, schließlich stillte sie noch.
    »War ein schöner Abend«, sagte Sandra und kuschelte sich im Gehen an ihren Gatten.
    »Hm-mm«, brummte Horndeich wohlig zurück. Es gab Momente, da war das Leben einfach nur gut. Er war jetzt knapp vierzig und rundum zufrieden.
    Im Moment passte Dorothee auf die Kleine auf. Sie war die siebzehnjährige Tochter des Mannes von Horndeichs Chefin, Hauptkommissarin Margot Hesgart. Doro, wie sie genannt wurde, machte eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester und durfte Sandras Rechner und Drucker nutzen. Sie musste irgendeine Arbeit für die Berufsschule schreiben und war froh über das noble IT-Equipment im Haus. Im Gegenzug nutzten Horndeich und Sandra ihre Anwesenheit immer mal wieder, um gemeinsam ein paar Stunden außer Haus zu verbringen, um essen zu gehen. Oder auch nur spazieren. Wenn man kleine Kinder hat, lernt man solche gestohlenen Stunden zu schätzen, dachte Horndeich.
    Sandra öffnete die Tür.
    Che, Doros Hund, kam mit wedelndem Schwanz auf sie zu. Sandra begrüßte den rotbraunen Chihuahua mit einer Extraportion Kraulen.
    »Schon da?« Doro kam die Treppe aus dem Dachgeschoss herunter. Derzeit befand sie sich in der postpubertären »Null Bock«-Phase. Was sich in sechs Piercings durch diverse Ohrlöcher und kiloweise schwarzem Eyeliner optisch manifestierte. Sie hatte es auch nicht gerade leicht. Der Papa, Margots Mann Rainer, weilte in Amerika, die leibliche Mutter war tot – und Margot und Doro standen sich irgendwie gegenseitig auf den Füßen, wenn es darum ging, zueinanderzufinden.
    »Ja. Und war echt lecker«, sagte Sandra und strahlte Dorothee an. »Bist du weitergekommen mit deiner Arbeit?«
    »Ja.«
    »Und war unsere Kleine brav?«
    »Ja. Sie hat die ganze Zeit geschlafen. Trinken wir noch was zusammen?«
    Horndeich irritierte irgendetwas an Doros Verhalten. Aber er hätte nicht sagen können, was genau es war.
    »Klar«, sagte Sandra. Sie ging mit Doro nach oben ins Arbeitszimmer und holte Stefanie, die in ihrem Tragekörbchen schlief. Horndeich stellte drei Gläser auf den Tisch. Doro würde sicher auch einen Schluck Wein trinken. Sandra verzichtete wegen der Kleinen noch auf Alkohol.
    »Ich fahr am Dienstag nach England. Mit meinem Freund«, eröffnete Doro in einem Tonfall, als berichtete sie über den bevorstehenden Gang zum Schafott.
    »Deinem Freund? Habe ich da was verpasst?«, fragte Sandra in betont lockerem Tonfall und nahm einen Schluck Mangosaft. Alkoholfrei bedeutete ja nicht automatisch geschmacklos.
    »Egal«, sagte Doro.
    »Komischer Name«, meinte Sandra, aber mit dem Kalauer konnte sie auch kein Lächeln ins Gesicht der jungen Frau zaubern.
    »Egal«, wiederholte diese. »Könnte Che so lange bei euch bleiben? Und könntet ihr vielleicht ab und an mal meine Blumen gießen?«
    Sandra sah zu Horndeich. »Klar, kein Problem. Ich freu mich, wenn Che hier ist.« Der Chihuahua war von Doro gut erzogen worden, das hatte sie wirklich gut hingekriegt und war wohl auch der Grund, dass sie die Sondergenehmigung erhalten hatte, ihn im Wohnheim bei sich zu behalten. Zumal der Hund kaum größer war als ein fetter Hamster.
    »Würdest du mich vielleicht auch zum Flughafen bringen?« Doros Stimme war noch leiser geworden.
    Wieder sah Sandra zu Horndeich. Wäre das nicht eigentlich Magots Job? , fragte dieser Blick. Aber auf diese Frage hatte auch Horndeich keine Antwort, obwohl er natürlich registriert hatte, dass Doro immer mehr die Nähe zu Sandra gesucht hatte. War nicht einfach für ihn, denn er musste ja mit Margot zusammenarbeiten. Und private Probleme von Kollegen, die in die eigenen vier Wände hineingetragen wurden – lustig war anders.
    »Klar. Ich fahre dich.«
    »Gut, dann geh ich jetzt mal«, sagte Doro und stand auf. »Kann Che gleich bei euch bleiben?«
    »Auch das.« Sandra begleitete Doro zur Tür. »Sag mal, ist alles okay?«
    »Ja, alles bestens«, sagte Doro. Sie umarmte Sandra und anschließend auch Horndeich, was diesen etwas befremdete. Das war jedoch noch nichts im Vergleich zu dem Abschied, der dem Hund zuteilwurde. Doro knuddelte das Tier, als ob sie
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