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Das Weihnachten des Mr Scrooge

Das Weihnachten des Mr Scrooge

Titel: Das Weihnachten des Mr Scrooge
Autoren: Charles Dickens
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und trotzig ansah.
    »Was tut's, Mrs. Dilber? Was tut's?« fragte das Weib; »jeder hat ein Recht, für sich selber zu sorgen! Er hat's auch immer getan!«
    »Ja, das ist wahr!« gab die Wäscherin zu, »keiner verstand es besser als er!«
    »Na also! Steht nicht so verdutzt da, Frau, als wärt Ihr erschrocken! Wer ist der Klügere? Wir wollen doch einander nicht am Zeug flicken, oder?«
    »Nein, sicher nicht!« erklärten Mrs. Dilber und der Mann zugleich. »Hoffentlich nicht!«
    »Drum eben!« fuhr die Scheuerfrau fort, »das ist genug! Wem schadet's denn, wenn er ein paar Sachen wie die da einbüßt? Dem Toten doch nicht, denk ich!«
    »Nein, wahrhaftig!« bestätigte Mrs. Dilber lachend.
    »Wenn er sie nach dem Tod noch behalten wollte, der boshafte, alte Geizhals«, sprach das Weib weiter, »warum war er dann bei Lebzeiten nicht vernünftig? Wäre er's gewesen, so hätte er jemanden gehabt, der sich um ihn gekümmert hätte, als der Tod kam, statt daß er ganz allein seinen letzten Atemzug tun mußte.«
    »Das ist das wahrste Wort, das je gesprochen wurde«, sagte Mrs. Dilber. »Das ist eine Strafe des Himmels.«
    »Ich wünschte, sie wäre ein wenig härter gewesen«, entgegnete die Frau, »und sie wär's auch gewesen, verlaßt Euch drauf, wenn ich sonst noch etwas unter die Finger bekommen hätte. Macht das Bündel auf, alter Joe, und sagt, wieviel's wert ist! Nur heraus damit! Mir macht's nichts, daß ich die erste bin oder daß die zwei es sehen. Daß wir uns selber helfen, das, glaub ich, haben wir schon recht gut gewußt, bevor wir uns hier trafen. Das ist keine Sünde. Macht das Bündel auf, Joe!« 
    Ihre Freunde aber waren zu höflich, um das zu erlauben, und der Mann in dem schäbigen schwarzen Anzug sprang zuerst in die Bresche und wies seine Beute vor. Sie war nicht groß. Ein oder zwei Petschafte, ein Bleistifthalter, ein Paar Manschettenknöpfe und eine Busennadel von geringem Wert, das war alles. Die Stücke wurden einzeln vom alten Joe gemustert und geschätzt; die Summen, die er für jedes geben wollte, schrieb er mit Kreide an die Wand und zählte sie zusammen, als er fand, daß nichts mehr nachkam.
    »Das ist Eure Abrechnung«, sagte er; »ich könnte keinen Pfennig mehr zahlen, und wenn ich in Öl gekocht werden sollte, weil ich's nicht tue. Wer ist der nächste?«
    Mrs. Dilber war es. Sie brachte Bettlaken und Handtücher, ein paar Kleidungsstücke, zwei altmodische silberne Teelöffel,
eine Zuckerzange und einige Stiefel. Ihre Rechnung wurde auf gleiche Weise an die Wand geschrieben.
    »Den Damen gebe ich immer zuviel, das ist eine Schwäche von mir, und damit ruiniere ich mich noch selber!« sagte der alte Joe. »Hier ist Eure Aufstellung. Wenn Ihr mich aber auch nur um einen Pfennig mehr angeht und Eure Zustimmung offenlaßt, dann bereue ich, so freigebig gewesen zu sein, und ziehe eine halbe Krone ab!«
    »Und jetzt öffnet mein Bündel, Joe!« drängte jene, die zuerst gekommen war.
    Joe ließ sich auf beide Knie nieder, um es bequemer öffnen zu können, löste eine Menge Knoten und zog eine schwere Rolle dunklen Stoffes hervor.
    »Was soll denn das sein?« fragte Joe; »Bettvorhänge?«
    »Natürlich!« versetzte das Weib lachend, indem sie sich mit gekreuzten Armen vorbeugte. »Bettvorhänge!«
    »Ihr wollt doch nicht sagen, daß Ihr sie mit Ringen und allem fortgenommen habt, während er noch dalag?« fragte Joe.
    »Freilich!« versetzte das Weib. »Warum nicht?«
    »Dann seid Ihr ganz dazu geschaffen, Euer Glück zu machen«, meinte Joe, »und werdet es gewiß noch weit bringen.«
    »Ich werde jedenfalls aus Rücksicht auf so einen, wie er war, die Hand nicht zurückhalten, wenn ich durch Ausstrecken etwas erhaschen kann. Darauf könnt Ihr Euch verlassen, Joe«, versetzte die Frau kaltblütig. »Tropft mir nur kein Öl auf die Bettdecken!«
    »Seine Bettdecken?« fragte Joe.
    »Wessen sonst, was glaubt Ihr wohl?« versetzte das Weib; »es wird ihn sicher auch ohne sie nicht mehr frieren, denk ich!«
    »Er ist doch hoffentlich an keiner ansteckenden Krankheit gestorben?« fragte der alte Joe, hielt in seiner Arbeit inne und blickte auf.
    »Habt keine Angst!« gab das Weib zurück. »Ich war auf seine Gesellschaft nicht so versessen, daß ich mich um solcher Sachen willen bei ihm herumgetrieben hätte, wenn es an dem wäre. Ja, schaut nur durch dieses Hemd da, bis Euch die Augen weh tun, Ihr werdet doch kein Loch darin finden und auch keine fadenscheinige Stelle; 's ist das beste,
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