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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent
Autoren: Sheri S. Tepper
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es ja wirklich bereut.
    »Aha. Dann ist sie also noch dort. Nichts bei ihr ist verändert, seitdem – seitdem ich in diesen Zustand geraten bin.«
    Hübsch ausgedrückt. Ich wußte, daß er eigentlich hatte sagen wollen: ›seitdem ich gestorben bin‹, sich aber dagegen entschieden hatte. Schließlich kann sich jemand, der immer noch denken, sprechen und Visionen haben kann, selbst wenn er dazu den Kopf eines anderen Menschen braucht, nicht wirklich für tot halten. »Soweit ich weiß, ist sie immer noch dort, Windlow. Seid Ihr sicher, daß Seidenhand in eurer Vision auftauchte?«
    »Ich glaube, du solltest zu ihr gehen, Junge. Ich halte das für eine wirklich gute Idee. Im Norden. Irgendwo. Irgendwo, wo du wahrscheinlich noch nie gewesen bist. Ein Riese? Möglicherweise. Eine Brücke. Mhm, es ist mir entronnen. Gleichgültig. Du mußt auf jeden Fall gehen. Und du mußt mich mitnehmen … und die Spielfiguren von Barish.«
    Ich stellte ihm eine Frage, die ich schon vor langer Zeit stellen wollte. »Windlow, warum nennt Ihr sie so? Ihr habt sie so genannt, Himaggery auch. Doch keiner von euch hat sie je gesehen, bevor ich sie fand.«
    Ein langes, ungemütliches Schweigen entstand in mir. Ich meinte fast, zu merken, daß es Windlow lieber gewesen wäre, ich hätte diese Frage nicht gestellt. Verrückt … Als er mir antwortete, war er jedoch nicht offen und zögerte etwas. »Ich muß von ihnen gelesen habe, Bursche. In einem dieser alten Bücher. So wird es gewesen sein.«
    Ich bohrte nicht weiter. Ich spürte sein Unbehagen und legte den Blauen zurück zu den anderen in den Beutel, ließ ihn wieder schlafen, falls es sich dabei um Schlaf handelte. Manchmal, in dunklen Nachtstunden, packte mich das Entsetzen, wenn ich an die Blauen in meiner Tasche dachte, die warteten, warteten, nur durch mich lebendig wurden, wenn ich sie in die Hand nahm, und dann wieder in diese unbestimmbare Leere zwischen den Zeiten zurückkehrten. Der Gedanke daran war nicht zu ertragen.
    Da ich aber nun niemandem etwas von Windlows Blauem erzählt hatte, konnte ich schlecht zu ihnen gehen und sagen, daß Windlow mir befohlen hatte, Seidenhand zu besuchen. Ich mußte mir etwas ausdenken, etwas, das sich plausibel anhörte. Ich hielt mich so dicht wie möglich an die Wahrheit. Ich erinnerte sie an die Schulstadt Xammer, an die Blauen, die sich zweifellos dort befanden, an die Tatsache, daß auch Seidenhand dort war und daß ich mich danach sehnte, sie wiederzusehen. Bei diesen Worten warfen sie sich gegenseitig bedeutungsvolle Blicke zu, und ihr Tonfall wirkte freundlich und scherzhaft. Außerdem, sagte ich, habe Himaggery doch stets Botschaften für die Unveränderlichen, die könnte ich doch mitnehmen. Ich könnte sogar noch ein paar andere Schulstädte weiter nördlich besuchen und dies alles zu einer einzigen Reise verbinden. Wie vernünftig! Wie schlau von mir! Ich könnte schon am nächsten Morgen losziehen und bitte, könnte ich mir nicht selbst ein Pferd aus dem Stall aussuchen, bitte, Himaggery, weil ich doch schon wieder um eine Handspanne gewachsen war?
    Ja, ja, sagten sie zu allem, um des lieben Friedens willen, ja! Nimm Chance mit und bleib mit uns in Verbindung, für den Fall, daß wir Quench finden.
    Das erklärt, warum Chance und ich an jenem Herbstmorgen die rauhreifüberzogene Straße Richtung Xammer entlangritten, welke Blätter aufwirbelnd und unseren Atem als Dampfwölkchen vor uns. Wir waren bereits mehrere Stunden unterwegs, nicht lange genug, um müde zu sein, aber schon ausreichend lange, um langsam unsere Steifheit zu verlieren und locker im Sattel zu sitzen. Unsere Ruhe wurde durch Chances Flüstern gestört.
    »Vorsicht, Peter. Sieh mal, diese Reiter da vorn.«
    Ich hatte sie schon bemerkt, mehr oder weniger unbewußt. Nun schaute ich genauer hin, um festzustellen, was die Aufmerksamkeit von Chance erregt hatte. Es war ein Waffenträger, das rostige Rot seines Helmes und die Schwärze seines Umhangs wirkten irgendwie staubig, selbst aus der Entfernung. Der Mann hing schlaff, in einer seltsamen Haltung wie eine Krabbe auf seinem Pferd. Neben ihm entdeckte ich einen tief herabgezogenen Hut über einem hohen, weiten Kragen, eine weitgeschnittene Jacke, die über und über mit Taschen bedeckt war. Ein Unterherold. Diejenigen, die mit Himaggery arbeiteten, hatten diese altertümliche Bekleidung zugunsten bequemerer Sachen aufgegeben. Neben dem Unterherold ritt eine billig aufgeputzte Hexe und daneben ein Oberexaminierer,
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