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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent
Autoren: Sheri S. Tepper
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lassen, obwohl unklar war, wie sie diese mit den richtigen Körpern vereinen wollte, es sei denn, sie hegte die Hoffnung, Quench, der letzte der Zauberkünstler, könnte dabei helfen. Auf jeden Fall stand die Ungewißheit darüber der Suche nach den Blauen nicht im Wege. Unterherolde jagten hin und her. Portierer blitzten überall auf und verschwanden wieder wie Peitschenhiebe; die ganze Domäne vibrierte vor Tätigkeit, Kommen und Gehen.
    Gleichzeitig damit war mit einer unauffälligen Suche nach meinem Feind Huld begonnen worden. Wir wünschten uns alle, ihn so bald wie möglich zu finden, angesichts der Gefahr, die er für die ganze Welt und uns selbst darstellte, solange er sich in Freiheit befand, und die nur dann gebannt sein würde, wenn er sich im tiefsten Kerker befand oder tot war.
    Und natürlich gab es immer noch jede Menge Vermutungen und Gespräche über jenen geheimnisvollen Rat, dem man nachsagte, unsere Geschicke von einem verborgenen, weit entfernten Ort aus mehr oder weniger gut zu lenken. Alle, die nicht anderweitig eingesetzt waren, versuchten, diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Ich reiste in der Zwischenzeit herum, sammelte Blaue ein und verbrachte kaum Zeit in der Leuchtenden Domäne. Das Leben unter den Augen einer sonderbaren Mutter, eines Vaters, der mich beäugte wie ein Ganter, der das Küken eines Speckstreifenfalken ausbrütete, und denen meines thalan Mertyn, der nicht aufhörte, mich wie ein Schuljunge zu behandeln, machte mich innerhalb weniger Tage reizbar und rebellisch. Das sagte ich den dreien auch, aber ich glaube, sie hörten mir gar nicht zu. Ich war für sie ein Schatz von unermeßlichem Wert, aber nur so lange, bis es darum ging, mir zuzuhören, und dann wurde ich plötzlich zu einem Fröschlein, das am Wegrain vor sich hinquakte. Ich wäre gern mitten im Geschehen gewesen, doch – sei’s drum. Es hätte nicht gut getan, meine Mutter darauf anzusprechen. Sie war nämlich etwas eigen, meine Mutter, und obwohl ich ihr ohne Vorbehalt mein Leben anvertraut hätte, hatte ich das mit meiner geistigen Gesundheit nicht vor. Obwohl unschlagbar in schwierigen Zeiten, war sie doch im Alltag nicht einfach zu ertragen. Himaggery und Mertyn wirkten beschäftigt. Chance umwarb die Witwe in Thisp. Es gab keine anderen jungen Menschen in der Leuchtenden Domäne – alle waren in Schulstädten eingeschlossen. Was sollte ich also machen?
    Ich hatte mich, dem Zustand meiner Taschen Rechnung tragend, entschlossen, schwimmen zu gehen. Während meiner Reise durch Schlaizy Noithn hatte ich gelernt, fast die ganze Zeit ohne Kleidung auszukommen und mir Taschen wachsen zu lassen, in denen ich Dinge verstaute, die ich bei mir tragen wollte. Wenn man imstande ist, sich Fangzähne und Klauen wachsen zu lassen, ist es erstaunlich, wie wenig Dinge man wirklich noch braucht. Nun sind Taschen in der Haut ja gut und schön, aber wie in gewöhnlichen Taschen auch, sammelt sich jede Menge Krimskrams darin. Ein gutes Mittel dagegen ist, die Taschen auszuleeren, umzustülpen und im heißen Wasser des Sees schwimmen zu gehen, über sich wallende Nebel und den Wind, der würzige Düfte aus den Obstgärten herüberweht. Alles sehr ruhig, stimmungsvoll und voll süßer Melancholie.
    Bald jedoch hatte ich auch davon genug. Ich saß auf der grasbewachsenen Uferbank, den Inhalt der Taschen vor mir ausgebreitet, den ich sortierte, wie man es so macht, darüber nachsinnend, was man mit dieser fremdländischen Münze oder jenem seltsam geformten Stein nun eigentlich will. Weil ich nun schon dabei war, entleerte ich auch den kleinen ledernen Beutel, der die Spielfiguren von Barish enthielt.
    Als ich sie gefunden hatte, waren es zweiunddreißig der kleinen Figuren gewesen. Nur elf davon schienen ›echt‹. Bei den anderen handelte es sich um Kopien, vor langer Zeit von einem unbekannten begnadeten Handwerker geschnitzt, um aus dem Ganzen einen vollständigen Satz Spielfiguren zu machen. Diese Kopien befanden sich in meinem Zimmer. Die elf echten waren mir inzwischen so vertraut wie die Linien meiner Hand.
    Hier lag Dorn, der Nekromant, schmal, mit dunklem Gesicht, in der Hand die Totenschädelmaske. Ich konnte beinahe seine Stimme hören, einschmeichelnd und voller kalten Humors, die Stimme eines Schauspielers. Daneben die üppige Trandilar, Große Herrscherin, silberblond, sinnlich, die Lippen in immerwährender erotischer Lockung geschürzt. Dann Didir, das Gesicht halb unter dem Dämonenhelm verborgen, eine Hand
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