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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug
Autoren: Sheri S. Tepper
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dort auf das Heer des Hochkönigs hinab, als er die Antwort von Bannerwell übergab.
    »Alle, die ihr mich hört, habt acht! Alle, die ihr meine Stimme vernehmen könnt, hört! Ich spreche für Mandor, Prinz von Bannerwell. Mein Prinz ist einem Großen Spiel mit denen nicht abgeneigt, die ihn herausgefordert haben oder die er absichtlich gekränkt hat. Er erbittet jedoch von dem Hochkönig einen Aufschub und eine Unterredung, der Dämone beider Domänen beiwohnen sollen, damit der Hochkönig sicher sein kann, daß seine Anschuldigungen gerechtfertigt sind, bevor das Große Spiel beginnt.«
    Eine lange Pause entstand, während der Herold der Hohen Domäne mit dem Hochkönig sprach. Nachdem dieser noch mit mehreren anderen Gefolgsleuten aus seinem Heer beratschlagt hatte, schlugen die Trommeln auf dem Hügeln dreimal: Bawumm! Bawumm! Bawumm! und die Trommeln der Burg antworteten: Bomm! Bomm! Bomm! Die Zugbrücke rasselte herunter. Eine Staubwolke wirbelte auf, als sie an der Uferböschung des Burggrabens aufschlug. Mit quietschenden Ketten wurde das Tor heraufgezogen, und Mandor ritt heraus, Huld an seiner Seite. Dazzle folgte ihm. Borold flog vor ihnen her, in der Höhe der Pferdeköpfe. »O Borold«, klagte Seidenhand, »wie dumm von dir … wie dumm.«
    Zwar konnte sie von ihrem Platz aus nicht hören, was zwischen Mandor und dem Hochkönig gesprochen wurde, aber sie sah alles. Sie sah, wie Huld den Dämon des Hochkönigs formell grüßte, wie Dazzle nach vorn gerufen wurde, posierte, redete und gestikulierte. Sogar über die weite Entfernung war es unmißverständlich. Seidenhand hätte ihnen sogar die Worte in den Mund legen können: das mißtrauische Winseln des Hochkönigs, die Versicherung Mandors, daß Windlow sich nicht in Bannerwell befinde, das Zeugnis von Dazzle, daß sich der alte Mann in der Leuchtenden Domäne aufhalte und daß einige der Missetäter, die ihn dorthin gebracht hätten, sich möglicherweise gerade auf dem Weg nach Bannerwell befänden, während andere von ihnen sich wahrscheinlich in den Höhlen unterhalb der Burg verbärgen. Lächeln, Lächeln, Posieren, Posieren. Die Dämonen runzelten die Stirn, sprachen, sprachen noch einmal.
    Schließlich nickte der Hochkönig. Er schnarrte einen Befehl aus den Mundwinkeln und ritt vorwärts. Einige seiner Leute folgten ihm, doch der größte Teil von ihnen lagerte immer noch auf dem Hügel nordwärts. Seidenhand sah Signale von einem Ort zum anderen blitzen, sah, wie die Streitmacht im Osten auseinanderlief und sich an einem anderen Ort wiedervereinigte, um der Gefahr aus der neuen Richtung entgegenzutreten, sah schließlich, wie der Hochkönig und seine engen Vertrauten in die Burg hineinritten und wie das große Tor sich hinter ihm schloß.
    »Verbündete«, flüsterte Seidenhand. »Von Herausforderern zu Verbündeten, innerhalb einer Stunde. O Himaggery! Ich hoffe, du weißt, was du tust.«
    Hätte sie in diesem Moment hinter sich geschaut, hätte sie einen Portierer gesehen, der hoch über ihr auf einem felsigen Vorsprung stand und das Schauspiel genau wie sie selbst beobachtet und ebensogut verstanden hatte. Dies war Himaggerys Spion, der sofort verschwand, um Himaggery von der unerwarteten Verbrüderung zu berichten. Doch Seidenhand zerfleischte sich vor Kummer auf dem Hügel, dachte flüchtig daran, mich zu warnen oder in den Wald zu rennen, um irgend jemandem von dem Schrecklichen zu erzählen, in der Hoffnung, Himaggery aufzuhalten oder sich statt dessen lieber an der Stelle, wo sie sich befand, zu einem kleinen Ball zusammenzurollen und zu hoffen, daß die Welt sie erst dann wieder bemerkte, wenn der ganze Irrsinn um sie herum aufgehört hatte. Schließlich tat sie nichts von allem. Sie blieb einfach sitzen, wo sie war, und wartete ab, was geschähe …
     
    Von diesen Ereignissen wußte ich natürlich nichts. Mein Zorn hatte märtyrerhafter Verstocktheit Platz gemacht, blinde Wut war verwundeter Überempfindlichkeit gewichen, und das alles innerhalb einer knappen Stunde.
    Ich hatte entschieden, daß Mavin meine Mutter sein mußte, und sie deswegen gehaßt, um es daraufhin für unmöglich zu halten, weil sie sonst nicht so zu mir gesprochen hätte, bis mir schließlich beides völlig gleichgültig war. Ich hatte Mertyn kurz verflucht, bevor ich mich daran erinnerte, daß Mandor mich ja verletzt hatte, worauf ich diesen verfluchte. Die Höhlenwände, von denen das Echo zurückprallte, nahmen alles mit stoischer Gelassenheit hin. Für sie
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