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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug
Autoren: Sheri S. Tepper
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es ein Ende haben muß …«
    »Während Ihr hier seid, können sie ihre Talente nicht einsetzen.« Yarrel spuckte das Wort in meine Richtung. »Aber sobald Ihr wieder verschwunden seid, Rätsel, machen sie weiter. Und immer weiter und weiter …« Er wandte sich um und trat durch den Riß in der Mauer, seine Schultern zuckten. Einmal drehte er sich kurz um und sah mein Gesicht, in dem er offenbar irgend etwas entdeckte, das ihn für einen Moment zum Verharren veranlaßte. Seine Hand hob sich leicht, als wolle er mich zum Abschied grüßen, doch dann verhärteten sich seine Gesichtszüge, er wandte sich um und ging davon.
    Ich wußte, was ich tun konnte. Ich konnte ihm folgen. Bald wären wir weit weg von Rätsels Macht, Kraft oder Talent, und ich könnte meine eigenen Fähigkeiten wieder einsetzen. Ich könnte Trandilar wecken, und Yarrel würde mich lieben wie zuvor – sogar noch mehr. Er würde mich anbeten. Wie Mandors Anhänger den Prinzen. Oh, in diesem Augenblick wünschte ich mir nichts sehnlicher. Ja. In diesem Augenblick wünschte ich es mir.
    Doch dann wünschte ich es mir überhaupt nicht mehr, nie mehr, nicht mit Yarrel.
    Ich vermisse ihn. Ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen, aber ich weiß, es geht ihm gut. Es gibt Tage, da er mir so sehr fehlt, daß ich es gar nicht in Worte fassen kann. Vielleicht, eines Tages … vielleicht. Das Leben ist voll dieser Hoffnung auf Tage, die vielleicht einmal kommen werden.
     
    Nach vielem Durcheinander und Hin und Her verließen wir schließlich Bannerwell. Dazzle und Mandor blieben mit Huld, einigen anderen und – den Unveränderlichen zurück. Keiner von ihnen kann mehr verbergen, was er ist. Sie sind, was sie sind.
    Ich stelle mir vor, wie sie die Korridore und Treppen von Bannerwell bevölkern, schwebende Schatten auf langen stillen Treppenfluchten, versteckt hinter Vorhängen, nur entfernt sichtbar auf einer mit Schießscharten bewehrten Zinne, dunkle Schatten, wandernde Flecken, die man in langen Nächten hört wie den Wind, ein immerwährendes Stöhnen. Sie sehen nichts voneinander außer Schatten, die aus einem erleuchteten Zimmer fliehen, hören nichts voneinander als einen fernen Ruf durch einen Kamin, der aus einem entlegenen, seit Jahrhunderten unbewohnt gebliebenen Raum dieses steinernen Berges führt, den man Bannerwell nennt.
    Ich stelle mir vor, wie sie nach Mitternacht erwachen und im Schutz der Dunkelheit schwermütig durch den knöchelhohen Staub in den Höhlen von Bannerwell wandern, um die Gräber zu betrachten und von dieser Ruhe zu träumen, von dieser Heilung, denn die marmornen Toten in ihren Gräbern ruhen unversehrt und unbefleckt im schwachen Schein der Fackeln, für immer in Sicherheit, außer wenn jemand wie ich kommt – jemand wie ich.
    Ich denke an Huld, hoffnungslos und ohne Ehre, diesem endlosen Dienst verpflichtet, in unauflösbarer Verwandtschaft mit dem Grauen, und ich stelle mir vor, wie er ihnen folgt, die endlosen Gänge hinunter, und den leblosen Staub zu seinen Füßen mit Tränen näßt.
    Werden wir uns wiedertreffen, Mandor und ich? Ich glaube nicht, daß er noch lange leben wird. Ich an seiner Stelle würde es nicht wollen.
    Aber – ich bin nicht er.
    Und ich – ich kehrte mit Himaggery zur Leuchtenden Domäne zurück. Auf dem Berg oben trafen wir Seidenhand und nahmen sie mit uns. Sie hat sich sehr verändert. Sie spricht nicht mehr soviel wie früher. Genauso wie ich.
    Windlow ist bei uns. Rätsel trifft sich ab und zu mit ihm. Wir kennen nur einen kleinen Teil dieser Welt. Irgendwo anders gibt es Wächter, einen Rat, verbotene Handlungen von Zauberern und Verfolgung von Ketzerei. Eine Menge Pläne werden geschmiedet. Wenn etwas Zeit verstrichen ist, nehme ich vielleicht Anteil daran.
    Im Moment tue ich überhaupt nichts. Himaggery meint, es gebe sicher einen Weg, daß Talente wie ich in einer Welt leben könnten, die Yarrel auch gefiele, einer Welt, in der ein Peter und ein Yarrel Freunde bleiben könnten. Im Moment jedoch scheint so etwas in weit entfernter Zukunft zu liegen.
    Also grüble ich bloß darüber nach und ›stelle‹ mir vor, wie eine solche Welt aussehen könnte. Welchen Platz nähme ich dort ein? Ich bin ein solches Ungeheuer, wie es noch keines zuvor gegeben hat: ein Wandler-König-Nekromant, der, wenn es ihm beliebt, Magier, Seher, Schildwächter werden kann – und alles andere auch noch. Im Moment kann ich dazu nichts weiter sagen, befürchte ich. Ich muß mich auf den Weg machen und Mavin
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