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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck
Autoren: Dean R. Koontz
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Elektroschock: Lindseys Herzschlag setzte aus, ebenso ihr Atem.
    Diesmal hob die Strömung das Vorderteil des Honda nicht wieder an. Offenbar war der Fluß an dieser Stelle seichter und besaß deshalb weniger Hubkraft. Das Wasser drang weiterhin ungehindert ein und reichte Lindsey nach kürzester Zeit bis zu den Waden. Sie sanken.
    »Hatch!« Sie schrie jetzt, schüttelte ihn heftig, ohne Rücksicht auf seine Verletzungen. Das Wasser strömte unaufhaltsam herein und durchnäßte bereits die Sitze. Es schäumte, und dieser Schaum erinnerte im bernsteinfarbenen Licht des Armaturenbretts an Flittergoldgirlanden am Weihnachtsbaum.
    Lindsey zog ihre Füße aus dem Wasser, kniete sich auf den Sitz und bespritzte Hatchs Gesicht, in der verzweifelten Hoffnung, ihn dadurch aufwecken zu können. Aber er war in tiefe Schichten der Bewußtlosigkeit gesunken, die mit einem noch so festen Schlaf wenig gemeinsam hatten, vielleicht in ein Koma, das so bodenlos war wie ein Graben mitten im Ozean.
    Das strudelnde Wasser erreichte den unteren Rand des Lenkrads.
    Lindsey zerrte hektisch an Hatchs Sicherheitsgurt, um ihn davon zu befreien, und registrierte nur ganz am Rande den brennenden Schmerz, als sie sich mehrere Fingernägel einriß.
    »Hatch, verdammt noch mal!«
    Das Wasser reichte schon bis zur Mitte des Lenkrads, und der Honda bewegte sich kaum noch vorwärts. Er war inzwischen so schwer, daß der Druck der Strömung nicht ausreichte, um ihn fortzutragen.
    Hatch war nur mittelgroß, einen Meter siebenundsiebzig, und hundertsechzig Pfund schwer, aber er hätte ebensogut ein Riese sein können. Sein Eigengewicht vereitelte Lindseys verzweifelte Bemühungen, ihn von der Stelle zu bewegen. Sie zog, zerrte und riß an dem Gurt, und als sie ihren Mann endlich davon befreit hatte, stand das Wasser über dem Armaturenbrett, für sie in Brusthöhe. Hatch reichte es aber schon bis zum Kinn, weil er auf dem Sitz zusammengesunken war.
    Der Fluß war unglaublich kalt, und Lindsey fühlte, wie die Wärme aus ihrem Körper gepumpt wurde, so schnell, als würde Blut aus einer durchtrennten Arterie hervorschießen. Und während die Wärme aus ihr herausströmte, drang Kälte ein, und ihre Muskeln begannen zu schmerzen.
    Trotzdem begrüßte sie die steigende Flut, denn der damit verbundene Auftrieb würde es ihr erleichtern, Hatch unter dem Lenkrad hervorzuziehen und durch die zerschellte Windschutzscheibe ins Freie zu hieven. Das war jedenfalls ihre Theorie, aber als sie an ihm zog, schien er noch schwerer zu sein als zuvor, und jetzt reichte ihm das Wasser bis zu den Lippen.
    »Nun mach schon, mach schon«, murmelte sie wütend, »du wirst ertrinken, verdammt noch mal!«
2
    Bill Cooper schaffte es endlich, seinen Biertransporter an den Straßenrand zu fahren.
    Dann gab er sofort einen Funkspruch durch. Ein anderer Fernfahrer, der zum Glück außer dem Funkgerät auch ein Autotelefon besaß, antwortete und versprach, Polizei und Notarzt im nahegelegenen Big Bear zu verständigen.
    Bill hängte das Sprechgerät ein, holte eine langstielige, von sechs Batterien betriebene Taschenlampe unter dem Fahrersitz hervor und sprang in den Sturm hinaus. Der eisige Wind drang sogar durch seine mit Lammfell gefütterte Jeansjacke, aber die Winternacht fühlte sich nicht halb so kalt an wie sein Magen, der sich fast umgedreht hatte, als er mit ansehen mußte, wie der Honda ins Schleudern geriet, den Highway hinabschlitterte und schließlich mitsamt seinen unglückseligen Insassen in den Abgrund stürzte.
    Er hastete über das glatte Pflaster zu der Stelle, wo ein Stück der Leitplanke fehlte. Er hoffte, den Honda ganz in der Nähe zu entdecken, von Baumstämmen aufgehalten. Aber an diesem Steilabhang wuchsen keine Bäume; die abschüssige Fläche war ebenmäßig, mit einer dicken Schneeschicht von früheren Stürmen bedeckt. Bill konnte den Weg des verunglückten Wagens deutlich erkennen – eine breite, tiefe Narbe im Schnee, soweit der Strahl seiner Taschenlampe reichte.
    Lähmendes Schuldbewußtsein durchfuhr ihn.
    Er hatte wieder getrunken. Nicht viel. Ein paar Schlucke aus dem Flachmann, den er immer bei sich hatte. Er hatte sich absolut nüchtern gefühlt, als er die Fahrt ins Gebirge angetreten hatte. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Er fühlte sich … nun ja, benebelt. Und mit einem Male kam es ihm töricht vor, daß er versucht hatte, Bier auszuliefern, obwohl sich das Wetter so rapide verschlechterte.
    Unter ihm schien die Schlucht auf
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