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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck
Autoren: Dean R. Koontz
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folgten, verlor Jonas Nyebern jegliches Interesse an der Reanimationsmedizin. Andere nahmen seinen Platz ein, und sie machten ihre Sache gut.
    Auf Auktionen verkaufte er jedes Stück seiner beiden religiösen Kunstsammlungen und steckte sein Geld in Anlageobjekte mit der höchstmöglichen Rendite.
    Eine Zeitlang übte er noch seinen Beruf als Herzchirurg aus, doch fand er keine Befriedigung mehr darin. Er ließ sich vorzeitig pensionieren und sah sich nach einem neuen Betätigungsfeld für die letzten Jahrzehnte seines Lebens um.
    Er ging nicht mehr zur heiligen Messe. Er glaubte auch nicht mehr daran, daß das Böse eine eigene Macht darstellte, eine wirkliche Präsenz, die frei herumlief. Er hatte erkannt, daß der Mensch selbst die Wurzel allen Übels war und alles was in dieser Welt falsch lief, zur Genüge erklärte. Im Umkehrschluß fand er jedoch, daß die Menschheit ihre eigene – und einzige – Rettung war.
    Er wurde Tierarzt. Jeder Patient schien des Einsatzes würdig.
    Er heiratete nie wieder.
    Er war weder glücklich noch unglücklich, und das genügte ihm.
    Regina verweilte noch ein paar Tage in ihrem inneren Refugium, und als sie herauskam, war sie verändert. Aber schließlich ändern wir alle uns nach einer gewissen Zeit. Zeit ist die einzige Konstante. Man nennt das auch Erwachsenwerden.
    Sie nannte Lindsey und Hatch Mom und Dad, weil sie es so wollte und weil sie es so meinte. Tag für Tag machte sie die beiden genauso glücklich wie umgekehrt.
    Sie löste niemals eine verheerende Kettenreaktion unter ihren Antiquitäten aus. Sie brachte ihre Eltern nicht in Verlegenheit durch unangebrachte Gefühlsäußerungen wie Tränenausbrüche und die damit verbundene Rotzerei, obwohl sie im richtigen Moment durchaus zu Tränen und Rotz fähig war. Sie bereitete ihnen auch keinen Ärger, indem sie im Restaurant versehentlich ihren vollen Teller in die Luft warf und genau den Kopf des Präsidenten der Vereinigen Staaten am Nebentisch traf. Sie steckte das Haus nicht ungewollt in Brand, ließ in feiner Gesellschaft keinen fahren und jagte den Nachbarskindern keinen Schrecken mit ihrer Beinschiene und ihrer verkrüppelten Hand ein. Besser noch, sie hörte auf, sich Gedanken um diese Dinge (und noch mehr) zu machen, und mit der Zeit hatte sie ganz vergessen, wieviel Energien sie einst für solche und ähnliche Geschichten verschwendet hatte.
    Sie blieb bei ihrer Schriftstellerei. Wurde immer besser. Als sie gerade vierzehn war, gewann sie einen bundesweiten Wettbewerb für Teenager. Als Preis erhielt sie eine recht hübsche Armbanduhr und fünfhundert Dollar. Sie investierte einen Teil des Betrags in ein Abonnement von Publishers Weekly und die Gesamtausgabe der Romane von William Makepeace Thackeray. Sie fand nicht länger Interesse daran, über intelligente Schweine aus dem All zu schreiben, weil sie allmählich feststellte, daß es um sie herum viel interessantere Figuren gab, die meisten von ihnen Einheimische.
    Sie unterhielt sich auch nicht mehr mit Gott. Es kam ihr kindisch vor, mit Ihm zu plaudern. Zudem brauchte sie Seine stete Anwesenheit nicht mehr. Eine Zeitlang hielt sie an der Vorstellung fest, daß Er fortgegangen sei oder nie existiert hatte, fand das dann aber auch wieder albern. Sie war sich jeden Tag Seiner Gegenwart bewußt, sie zwinkerte ihr aus den Blumen zu, sprach zu ihr aus dem Gezwitscher der Vögel, lachte sie aus dem schnurrigen Gesicht eines Kätzchens an und streichelte sie mit einer sommerlichen Brise. Sie entdeckte eine passende Zeile hierzu in einem Buch von Dave Tyson Gentry: »Wahre Freundschaft entsteht dann, wenn das Schweigen zwischen zwei Menschen angenehm ist.« Nun, wer war denn dein bester Freund, wenn nicht Gott? Und was für Worte bedurfte es denn zwischen Ihm und dir oder dir und Ihm, wenn man schon das wichtigste voneinander wußte, daß man nämlich immer füreinander dasein würde.
     
    Die Geschehnisse jener Tage hatten Lindsey weniger zugesetzt, als sie erwartet hatte. Ihre Malerei machte Fortschritte, wenn auch nur in bescheidenem Maße. Andererseits war sie auch nie enttäuscht von ihren Bildern gewesen. Sie liebte Hatch nicht weniger als zuvor, mehr hätte sie ihn nicht lieben können.
    Etwas hatte sich doch verändert: Lindsey zuckte jedesmal innerlich zusammen, wenn jemand sagte: »Das Schlimmste haben wir hinter uns.« Sie wußte, daß das Schlimmste niemals hinter einem lag. Das Schlimmste kam am Ende.
    Es war das Ende, die nackte Tatsache. Nichts konnte
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