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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck
Autoren: Dean R. Koontz
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grauäugigen Jesus machen, wenn sie ihre Todesqualen nicht zu empfinden und zu offenbaren vermochte?
    Vassago war wütend, die Kleine brachte ihn so zur Weißglut, daß er keine Lust mehr auf bloße Spielchen hatte. Die eine Hand immer noch auf ihrer Brust, über ihrem Hasenherzen, zog er mit der anderen sein Schnappmesser hervor und ließ es aufspringen.
    Selbstbeherrschung.
    Er hätte sie jetzt und hier aufschlitzen und mit Ergötzen spüren mögen, wie ihr Herz unter seinem Griff aufhörte zu zucken, nur daß er eben ein Meister des Spiels war und die Regeln der Selbstdisziplin beherrschte. Er wußte einem so kurzlebigen Kitzel im Hinblick auf einen ausgiebigeren Genuß und vielversprechenderen Gewinn zu widerstehen. Er zögerte nur eine Sekunde, bevor er das Messer wieder wegsteckte.
    Das hatte er nicht nötig.
    Seine Entgleisung überraschte ihn.
    Vielleicht würde die Kleine aus ihrer Trance erwachen, wenn er dabei war, sie seiner Sammlung einzuverleiben. Falls nicht, würde der erste eingeschlagene Nagel sie zur Besinnung bringen und zu dem brillanten Kunstwerk machen, das er von ihr erwartete.
    Vassago wandte sich seinem Werkzeug zu, das sich da stapelte, wo seine im Kreis angeordnete Sammlung derzeit endete. Er besaß diverse Hämmer und Schraubenzieher, Schraubenschlüssel und Zangen, Sägen und eine Gehrlade; einen batteriebetriebenen Bohrer mit den dazugehörigen Aufsätzen, dazu Schrauben und Nägel, Stricke und Draht, Klemmen jeder Art und was ein handwerklich geschickter Mensch sonst noch so alles brauchte. All das hatte er bei Sears gekauft, als ihm klar wurde, daß er zum richtigen Arrangieren und Aufstellen eines jeden Kunstwerks gut durchdachte Konstruktionen oder Halterungen bauen mußte und in einigen Fällen sogar die passende Kulisse. Das Material, mit dem er arbeitete, ließ sich nicht so einfach verwenden wie Öl- oder Aquarellfarben, Ton und Granit, weil die Schwerkraft den Hang hatte, manchen künstlerischen Effekt rasch zunichte zu machen.
    Die Zeit lief ihm davon, ihm waren zwei Leute auf den Fersen, die kein Verständnis für seine Kunst aufbrachten und ihm spätestens bei Tagesanbruch den Vergnügungspark verleidet haben würden. Das hätte dann aber keine Bedeutung mehr, wenn es ihm gelang, seiner Sammlung ein letztes Kunstwerk hinzuzufügen, das sie abrundete und ihm die wohlverdiente Anerkennung eintrug.
    Beeilung also.
    Bevor er das Mädchen jedoch auf die Füße zerrte und in eine stehende Position brachte, mußte er probieren, ob er einen Nagel in den Leib des reptilartigen Spuk-Luzifer schlagen konnte. Er schien aus Hartgummi, wenn nicht aus Kunststoff gemacht. Je nachdem, wie stark, spröde oder elastisch das Material war, würde der Nagel hineingleiten, abprallen oder sich verbiegen. Sollte indes die Haut dieses Pseudoteufels zu großen Widerstand leisten, mußte er den batteriebetriebenen Bohrer statt des Hammers benutzen und Fünf-Zentimeterschrauben anstelle von Nägeln verwenden. Genau besehen, würde eine moderne Note bei der Neuinszenierung dieses antiken Rituals den Gesamteindruck des Kunstwerks jedoch kaum beeinträchtigen.
    Er nahm den Hammer zur Hand. Plazierte den Nagel. Mit dem ersten Hammerschlag verschwand der Nagel bereits zu einem Viertel in Luzifers Bauch. Nach dem zweiten Schlag schaute er nur noch zur Hälfte heraus.
    Mit Nägeln funktionierte es also.
    Vassago warf einen Blick auf das Mädchen, das immer noch mit dem Rücken an die Statue gelehnt auf dem Boden hockte. Es hatte keine Reaktion auf die Hammerschläge gezeigt.
    Vassago war enttäuscht, aber nicht entmutigt.
    Ehe er das Mädchen aufrichtete, legte er alles zurecht, was er brauchte. Ein paar Holzkeile, um die Kleine in der richtigen Stellung zu halten, bis sie festgenagelt war. Zwei Nägel und noch ein paar längere mit scharfer Spitze, die man beinahe schon Bolzen nennen konnte. Den Hammer nicht vergessen. Rasch. Kleinere Nägel und eine Handvoll Stahlstifte, die er in ihre Brauen treiben würde, als Ersatz für die Dornenkrone. Das Schnappmesser für die Wunde, die der gehässige Zenturion mit seiner Lanze schlug. Noch etwas? Denk nach. Schnell. Er hatte keinen Essig und keinen Schwamm, folglich würde er mit der Tradition brechen müssen und den sterbenden Lippen keinen labenden Trunk anbieten können. Er glaubte jedoch nicht, daß dieser kleine Makel von dem Gesamtkunstwerk ablenken würde.
    Er war bereit.
     
    Hatch und Lindsey drangen tiefer in den Tunnel vor, gingen so schnell sie es wagten
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