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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck
Autoren: Dean R. Koontz
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einmal die Hälfte der Strecke geschafft. Vassago konnte hören, wie ihre Schritte immer lauter wurden und von den Wänden widerhallten, als das Paar sich der großen Höhle näherte.
    Er packte das starre Kind, hob es auf wie eine Feder und legte es sich über die Schulter. Dann eilte er lautlos auf jene Felsformationen zu, hinter denen sich, wie er wußte, die Tür zum Betriebsraum befand.
     
    »O mein Gott, wie entsetzlich.«
    »Schau nicht hin«, sagte Hatch zu Lindsey, während er den Strahl seiner Taschenlampe über die makabre Sammlung gleiten ließ. »Schau um Gottes willen nicht hin, gib mir Rückendeckung und sieh zu, daß er uns nicht von hinten angreift.«
    Sie folgte seinen Anweisungen und wandte sich dankbar von den in verschiedenen Stadien, der Verwesung kunstvoll arrangierten Kadavern ab. Selbst mit hundert würden diese Formen und Fratzen sie noch in ihren Träumen verfolgen. Was machte sie sich da eigentlich vor – ihren hundertsten Geburtstag würde sie nie erleben, und allmählich stellte sich ihr die bange Frage, ob sie diese Nacht je überlebte.
    Schon bei dem Gedanken, diesen Todesgestank einzuatmen, mußte Lindsey sich heftig übergeben. Sie tat es auch, weil es den anderen Gestank überlagerte.
    Eine unglaubliche Finsternis umgab sie. Der Schein der Taschenlampe vermochte kaum durchzudringen. Die Dunkelheit schien zäh wie Sirup und floß immer wieder in das Loch zurück, das der Lichtstrahl gebohrt hatte.
    Lindsey hörte, wie Hatch zwischen der makabren Sammlung von Leichen herumstieg, und wußte, was er bezweckte – rasch einen Blick auf jede einzelne Gestalt werfen und sich vergewissern, daß Jeremy Nyebern nicht zwischen ihnen hockte, ein lebendes Monster inmitten der Verwesung anheimgefallener Ungeheuer, das nur darauf wartete, sie aus der Dunkelheit anzuspringen.
    Wo war Regina?
    Lindsey schwenkte ihre Taschenlampe unaufhörlich hin und her, auf und ab, beschrieb einen weiten Lichtbogen, um der mörderischen Bestie keine Gelegenheit zu geben, sie aus dem Dunkel anzugreifen. Doch er war flink, konnte unerhört schnell sein. Sie hatte selbst gesehen, wie er den Gang hinunter und in Reginas Zimmer flog und die Tür hinter sich zuschlug, als ob er Flügel hätte, Fledermausflügel. Und wendig. Gelenkig wie ein Affe war er mit dem Mädchen über der Schulter an dem Spalierwein nach unten geklettert, unbeirrt von seinem Sturz wieder auf die Füße gekommen und in der Dunkelheit verschwunden.
    Wo war Regina?
    Hatch bewegte sich nun in eine andere Richtung, und Lindsey wußte, daß er die gewaltige Teufelsstatue umrundete und nachschaute, ob Jeremy Nyebern sich dahinter versteckte. Hatch tat, was er tun mußte. Das leuchtete ihr ein, und doch behagte es ihr überhaupt nicht, denn jetzt befand sie sich allein mit all diesen Schreckensgestalten im Rücken. Einige von ihnen waren völlig ausgetrocknet und würden rascheln, falls sie irgendwie in Bewegung gerieten und sich auf sie zubewegten, während andere sich in ekelerregenden Stadien der Zersetzung befanden und gewiß klatschende, schmatzende Geräusche machten, wenn sie … Was für eine absurde Vorstellung! Sie waren doch alle tot. Sie brauchte sich nicht vor ihnen zu fürchten. Tot war tot. Bis auf wenige Ausnahmen, oder nicht? Nun, was ihre persönlichen Erfahrungen betraf, nicht immer. Sie schwenkte weiter ihre Taschenlampe, ließ den Lichtstrahl hin und her wandern und widerstand dem Drang, sich umzudrehen und die verwesenden Kadaver hinter sich anzuleuchten. Obwohl sie eher Trauer als Furcht und Wut über die Schändung und Entweihung der Toten empfinden sollte, wurde sie im Augenblick nur von einem Gefühl der Angst beherrscht. Nun hörte sie Hatch näher kommen, er hatte seinen Rundgang wohl beendet. Da wurde sie von dem entsetzlichen Gedanken gepackt, ob es denn wirklich Hatch war oder sich nicht eine der Leichen rührte. Oder Jeremy. Sie drehte sich auf dem Absatz um, sah geflissentlich über die toten Gestalten hinweg und entdeckte Hatch im Schein ihrer Taschenlampe.
    Wo war Regina?
    Ein deutliches Quietschen zerriß die schwere Luft. Alle Türen der Welt quietschten auf die gleiche Weise, wenn die Türangeln verrostet und lange nicht geölt waren. Hatch und Lindsey drehten sich synchron in dieselbe Richtung. Die beiden Lichtkegel ihrer Taschenlampen überlappten sich an derselben Stelle. Das Geräusch war von einer Felsformation gekommen, die den hinteren Uferrand von etwas säumte, das wie ein Becken aussah und, mit Wasser
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