Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Sees und wirbelten hoch in die Luft. Sonst rührte sich nichts.
    Hatch holte Lindsey am Eingang zur Geisterbahn ein. Er hatte mit dem Strick noch schnell seine Taschenlampe auf dem Kruzifix festgebunden. Mithin konnte er beide in einer Hand halten und gleichermaßen mit dem Haupt Christi dahin weisen, wo er hinleuchtete. Seine Rechte blieb frei für die Pistole. Die Schrotflinte hatte er zurückgelassen. Wäre die Taschenlampe statt dessen an den Lauf der Flinte gebunden, hätte er jetzt beide Waffen dabei. Offenbar hielt er das Kruzifix jedoch für die bessere Wahl.
    Lindsey wußte sich nicht zu erklären, warum Hatch die Christusstatue aus Reginas Zimmer genommen hatte. Er vermutlich auch nicht. Sie wateten bereits bis zum Nabel im trüben Wasser des Unbekannten, und Lindsey hätte sich zusätzlich zu dem Kruzifix auch noch einen Kranz aus Knoblauchblüten, ein Fläschchen mit Weihwasser, ein paar Silberkugeln und ähnlich hilfreiches Gerät gewünscht.
    Als Malerin hatte sie immer schon die Auffassung vertreten, daß die solide und sichere Welt der fünf Sinne nicht alles bedeutete, und diese Erkenntnis in ihre Bilder einfließen lassen. Nun band sie sie lediglich in den Rest ihres Lebens ein, überrascht, daß sie erst jetzt darauf kam.
    Sie folgten dem Lichtkegel ihrer Taschenlampen, der die Dunkelheit vor ihnen zerschnitt, und traten in das Gebäude ein.
     
    Reginas List hatte sich doch noch nicht ganz erschöpft. Sie fand noch einen neuen Dreh.
    Ganz tief im Inneren ihres Kopfes entdeckte sie einen Raum, in dem sie Schutz suchen, die Tür abschließen und sicher sein konnte, einen Winkel, den nur sie allein kannte und wo niemand sie finden würde. Ein hübsches Zimmer, mit pfirsichfarbenen Tapeten, gedämpftem Licht und einem Bett mit gemalten Blumen drauf. War sie einmal drin, ließ sich die Tür nur von innen wieder aufmachen. Es gab keine Fenster. Befand sie sich erst einmal im geheimsten aller Schlupfwinkel, spielte es keine Rolle, was mit der anderen Regina geschah, der physischen Regina da draußen in der abscheulichen Welt. Die richtige Regina saß sicher und ruhig in ihrem Versteck, jenseits von Angst und Schmerzen, jenseits von Tränen, Zweifeln und Traurigkeit. In dieses Zimmer drang kein Laut, schon gar nicht die tückisch sanfte Stimme des schwarzgekleideten Mannes. Über den Raum konnte sie nicht hinaussehen, es gab nur die pfirsichfarbenen Wände, ihr bemaltes Bett, das gedämpfte Licht, keine Dunkelheit. Nichts von jenseits des Raumes vermochte sie wirklich anzurühren, erst recht nicht die blassen, flinken Hände, die unter den Handschuhen zum Vorschein gekommen waren.
    Und das Wichtigste, in ihrem Refugium gab es nur den Duft von Rosen, wie die auf ihrem Bett, rein und süß. Nicht den widerlichen Geruch von toten Sachen. Niemals den ekelerregenden Gestank von Verwesung, der einen Brechreiz verursachte, an dem man beinahe erstickte, wenn man ein zusammengeknülltes, speichelnasses Tuch im Mund stecken hatte. Nichts dergleichen, niemals, nicht in ihrem geheimen Versteck, ihrem gesegneten Refugium, ihrer geheiligten, sicheren und einzigartigen Zuflucht.
    Irgend etwas mußte mit dem Mädchen geschehen sein. Ihre einmalige Vitalität, die sie so reizvoll machte, war verschwunden.
    Als Vassago sie in der Hölle vor der gewaltigen Luziferstatue absetzte, dachte er zunächst, sie sei ohnmächtig geworden. Aber daran lag es nicht. Denn als er sich neben sie kniete und sein Ohr an ihre Brust legte, hörte er, wie ihr Herz raste. Es raste wie ein Hase, dem der Fuchs bereits im Nacken saß. Mit so einem Herzschlag konnte man wohl schlecht bewußtlos sein.
    Hinzu kam, daß ihre Augen offenstanden. Sie starrte stur geradeaus, als ob es nichts gab, was ihren Blick zu fesseln vermochte. Natürlich konnte sie ihn nicht so im Dunkeln sehen wie er sie, genaugenommen konnte sie gar nichts sehen, das war aber nicht der Grund für diesen starren Blick. Als er ihr rechtes Augenlid mit dem Finger anschnippte, zuckte sie nicht zurück, ja, sie blinkte nicht einmal. Auf ihren Wangen sah er angetrocknete Tränenspuren, doch keine neuen Tränen wallten auf.
    Schizophren. Dieses kleine Biest hatte ihn ausgetrickst, sich innerlich abgeschottet und auf ein Minimum reduziert. Das paßte ihm überhaupt nicht ins Konzept. Der Wert seiner Darbringung ließ sich nur an der Vitalität des Opfers ermessen. Seine Kunst stellte Lebensenergie, Todesangst, Marter und Pein dar. Was für eine Aussage konnte er mit diesem kleinen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher