Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Versprechen des Architekten

Das Versprechen des Architekten

Titel: Das Versprechen des Architekten
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
Vom Netzwerk:
Schwester freiließe. Zuerst sah es aus, als würde er explodieren und mich niederbrüllen, aber er verstummte kurz und sagte dann: Ich werde mich über Sie informieren.
    Binnen einer Woche wurde Eliška freigelassen, und ich setzte mich mit ihm zusammen und machte mich an die Arbeit. Ich habe einem Gestapomann eine Villa gebaut, dadurch zugleich aber nicht nur meine Schwester gerettet, sondern auch die Gefahr abgewandt, dass man die Namen weiterer Beteiligter dieser Flugblattaktion unter Folter aus ihr herausquetschen würde.
    Das erzählen Sie mir aber nicht, das hat die Gestapo nicht gemacht, auf eine Beute zu verzichten.
    Ich bin wahrscheinlich tatsächlich ein hervorragender Architekt, und das lag auf der einen Waagschale, und auf der anderen gab es die paar Flugblatt-Spinner. Bestimmt hatten sie schon ermittelt, dass die Flugblattleute zu keiner Widerstandsgruppe gehörten, dass es nur harmlose Idealisten waren von der Sorte, von der sie auch so täglich Dutzende hingerichtet haben. Sie ließen meine Schwester frei und ließen sie sicherheitshalber beschatten. Und ich nahm für diese Villa des Gruppenführers nicht eine Krone, obwohl er auf der Auszahlung eines Honorars bestanden hatte.
    Aber Sie haben ein Haus gebaut, das ein Schandfleck ist für die Stadt, weil sein Grundriss die Form eines Nazisymbols hat.
    Man kann die Villa doch jederzeit abreißen, so wie auch das Deutsche Haus auf dem Platz der Roten Armee abgerissen worden ist.
    Sie wissen sehr wohl, dass sie leider auch eines der Schmuckstücke der Brünner Architektur ist.
    Aber ein und dasselbe Haus kann doch wohl nicht gleichzeitig Schmuckstück und Schandfleck einer Stadt sein.
    Schon wieder belehren Sie mich?
    Als mich gleich nach dem Krieg jemand wegen dieser Arbeit für den Gruppenführer belangen wollte, haben sich augenblicklich die Teilnehmer dieser Flugblattaktion gemeldet, denen ich zweifellos das Leben gerettet habe, und kein Nachkriegsgericht hat mir auch nur ein Haar gekrümmt. Aber das ist Ihnen sicher bekannt.
    Auf diese Flugblatt-Spinner, wie Sie selber sie vorhin nannten, würde ich mich an Ihrer Stelle nicht berufen. Zwei davon sind nämlich schon in Haft. Sie haben in Zusammenarbeit mit der CIA einen Staatsstreich vorbereitet. Aber ich wollte Sie noch was fragen. Wie kommt es, dass ein so hervorragender Architekt, als den Sie sich selber bezeichneten, in einer zweitklassigen Wohnung in einem Mietshaus in der Běhounská wohnt? Wie kommt es, dass Sie selber sich keine Villa in einem der Luxusviertel gebaut haben? Wenn alle möglichen Brünner Architekten (er warf einen Blick in die Papiere), Kalivoda, Kumpošt, Fuchs, Polášek, Kroha, eine haben?
    Damals glaubte ich noch lange, Leutnant Láska würde nur quasi ein Spiel mit mir spielen. Vielleicht hatte er gerade nichts zu tun und übte daher einfach so, an zufälligem Material: Meine Causa, meinte ich, wäre bloß so etwas wie ein unterhaltsames Training für ihn. Ich nahm also an, dass er sich mich nur zum Spaß hielt. Dafür sprachen auch gewisse Indizien. Zum Beispiel, dass sie, obwohl ich im Baubüro unweit des Gebäudes des Innenministeriums in der Leninova ulice, wohin alle vorgeladen wurden, gegen die die Staatssicherheit ermittelte, angestellt war, ausgerechnet mich wie aus Absicht in den Polizeiposten in der Běhounská, der Rennergasse, bestellten, was vom Büro aus eine Mordsstrecke war. Andererseits war es wieder nur zwei Häuser von der Běhounská Nummer 3 entfernt, wo ich im dritten Stock wohnte. Was mir allerdings nichts nützte, weil ich während der Arbeitszeit verhört wurde, sodass ich anschließend wieder ins Baubüro zurück musste. Und in meinen Passierschein trug Leutnant Láska auf Stunde und Minute genau den Zeitpunkt meines Aufbruchs vom Verhör ein. Und an der Pforte des Baubüros erwartete mich wiederum die Stechuhr, ich lochte meine Ankunftszeit und gab den Passierschein beim Pförtner ab, der zweifellos ein Informant der Staatssicherheit war und meine Ankunft mit dem Aufbruch von der Polizeiwache verglich. Und wenn er das Gefühl hatte, der Weg vom Verhör hätte irgendwie zu lange gedauert, sagte er mir, er müsse das irgendwo melden und es könne mir bei einer derartigen Vergeudung von Arbeitszeit passieren, dass ich eines Tages eintrudeln und mich wundern würde. Ich wusste, dass das keinleeres Geschwätz war. Folglich hatte ich keine Chance, kurz bei mir zu Hause vorbeizuschauen, und das Einzige, was ich mir, wenn ich am Haus Běhounská 3
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher