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Das verplante Paradies

Das verplante Paradies

Titel: Das verplante Paradies
Autoren: Peter Tate
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der Dunkelheit verbargen.
    Plötzlich erschienen sonnenumglänzte Erinnerungen, und er gab sich ihnen lachend und energisch hin, indem er die Gegenwart einfach von sich stieß.
    Dann waren sie plötzlich verflogen, und er war allein in der Finsternis. Die Schaukel pendelte aus, und ängst lichhörte er zwei Stimmen und näherkommende Schritte.
    Er sprang ab und landete auf Knien im Gras. Kriechend entfernte er sich von den Schaukeln, von denen eine immer noch in Bewegung war, während die ande re am Boden festgenagelt schien.
    Er erreichte ein altes Karussell, dessen Handgriffe unter seinen Fingern zitterten. Er setzte sich auf die Fußstütze, damit sich sein Kopf nicht gegen das schwache Licht abheben konnte. Dann wartete er.
    „Es ist jemand hier gewesen“, sagte das Mädchen, als sie die Bewegung der linken Schaukel wahrnahm.
    „Aber er ist gegangen, Baby“, sagte der Mann. „Das ist die Hauptsache.“
    Sie setzten sich. Sie pendelten hin und her, ohne die Füße vom Boden zu heben. Sie stießen sich ab und fingen sich, und die Schaukeln trugen sie flink in die Höhe.
    „Ich bin wie Seide im Himmel“, rief der Mann.
    „Ich bin eine Sirene, die sich in Heiterkeit schaukelt“, rief das Mädchen.
    „Traumstadt. Das Meeresvolk naht sich …“
    Simeon, gefangen im feuchten Gras, rollte sich wie ein Embryo zusammen, um den Stimmen auszuwei chen, die seine Ohren folterten.
     
    Am nächsten Morgen, nicht allzufrüh, stieg Simeon die Stufen zu Gogans Bar empor.
    Im vollen Tageslicht erschien sie weniger unordentlich, nur weil sie voll unter dem gewaltigen hellen Himmel lag. In einer Ecke lagen die dreibeinigen Ti sche und zweibeinigen Stühle.
    Malerisch zwischen dem Gerümpel verteilt lagen die Budniks, mit den Köpfen auf den zerrissenen Ja ckenärmeln. Gogan saß allein an der Bar und schüttete einen Drink in sich hinein. Grüßend erhob er die Hand, als Simeon sich seinen Weg über den steinigen Boden bahnte. Simeon antwortete mit einem Nicken.
    „Was zu trinken?“
    Simeon wollte zustimmen, dann sah er das schmutzige Glas. „Noch zu früh“, sagte er. „Grelles Licht und harte Getränke passen bei mir schlecht zusammen.“
    Gogan schenkte sich selbst nach.
    „Ich wußte, du würdest zurückkommen“, sagte er.
    „Wieso?“
    „Na ja, Daddy, mal abgesehen von dem, was du hier nicht findest … das was du hier findest, kommt dem, was du suchst, immer noch am nächsten.“
    „Und was suche ich?“
    „Etwas Wichtiges. Etwas – Äußerliches. Du bist genauso ein Träumer wie ich. Dir ist es egal, wie die Dinge so laufen.“
    „So weit so gut. Aber das hast du schon gewußt, als du bemerkt hast, wie aufmerksam ich dir zuhörte. Träumer sind nicht allzu kompliziert.“
    „Was hat dein Mädchen dazu gesagt?“
    Gogans Gesicht drückte höfliches Interesse aus. Simeon überlegte, was er antworten sollte, ließ sich seine Unsicherheit aber nicht anmerken. „Nichts“, sagte er schließlich. „Ich sagte ja schon, daß ich ihr keine Rechenschaft schuldig bin.“
    Gogan, der auf seiner Schaukel gesessen hatte (merkwürdig, daß es seine Schaukel war), Gogan wür de wissen, daß er log. Aber er sollte ruhig darüber nachdenken, ob Simeon außer seinem Stolz noch einen anderen Grund dafür hatte. Sollte doch der andere eine Strategie suchen.
    „Großartig“, sagte Gogan nahezu ohne Pause. „Du hast sie gut erzogen.“
    „Sie weiß eben, wie die Dinge liegen … Aber ich bin nicht hier, um über Julie zu reden. Es ist mir aufgefallen, daß du dich besonders um das Meer bekümmerst.“
    „Das stimmt“, sagte Gogan, irritiert durch die versteckte Hilfsbereitschaft in Simeons Worten. „Dieser lauwarme Sirup da draußen stinkt verdammt synthetisch. Diese ganzen Segnungen der Zivilisation an der Küste finde ich zum Kotzen …“
    „Die Landschaft verändern“, sagte Simeon.
    „Das habe ich schon getan“, sagte Gogan. „Es gab einmal eine Zeit, in der ich Gefühle genug hatte, um die Sache voranzutreiben.“
    Gogan bewegte geistesabwesend den Arm auf der Theke und stieß mit dem Ellbogen an seine große Muschel. Er mußte mit beiden Händen zugreifen, um sie vor dem Sturz zu bewahren. Sein Glas wurde dabei zerschmettert, aber er achtete nicht darauf. Er setzte einfach die Flasche an den Mund und stürzte ihren Inhalt gluckernd hinunter. Mit der freien Hand packte er die Muschel. Seine Finger zitterten.
    Er bemerkte, daß Simeon die Muschel neugierig betrachtete.
    „Ich erinnere mich an ein Buch“,
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