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Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge

Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
Autoren: Mark Robson
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noch Steine und Felsen zu sehen, aber … irgendwie anders«, beendete Calvyn seine Ausführungen etwas dürftig.

    Der grauhaarige Mann in seinem tadellosen dunkelblauen Wams mit der doppelten Reihe Goldknöpfe untersuchte die Webung des Gobelins noch eingehender. Eine ganze Minute schritt er den Wandteppich ab und prüfte jede Einzelheit. Schließlich wandte er sich Calvyn mit einem leicht verärgerten Ausdruck in seinem sonst so ernsten Gesicht zu.
    »Soll das vielleicht ein Scherz sein, junger Mann?«
    »Nein, Krider. Ich verstehe es ja selbst nicht, aber die Darstellung auf dem Gobelin hat sich eindeutig verändert.«
    »Ich kann nicht erkennen, dass sich irgendjemand an dem Teppich zu schaffen gemacht hätte«, erklärte Krider skeptisch. »Ich mag zwar kein Experte für Webkunst sein, aber das ursprüngliche Werk scheint mir unverändert. Schaut Euch doch die Farben an. Kein Teil sieht neuer aus als der Rest und die Webung ist einwandfrei. Es sind keine Fehler zu entdecken. Ich kann nicht glauben, dass irgendetwas verändert wurde, ohne dass das geringste Anzeichen hierfür zu erkennen wäre.«
    Calvyn hob fragend die Brauen und sah Krider eindringlich an. Kriders Augen weiteten sich, und er wehrte heftig ab, als er begriff, was Calvyns Blick bedeuten sollte.
    »Nein! Nicht hier im Palast!«, stieß er ungläubig hervor. »Ihr könnt doch nicht ernsthaft annehmen, dass hier Magie eingesetzt wurde? Außerdem laufe ich seit mehr als vierzig Jahren an diesem Wandteppich vorbei und hätte bestimmt eine Veränderung dieses Ausmaßes bemerkt.«
    »Genau das verstehe ich auch nicht«, gab Calvyn zu und kaute am rechten Daumennagel, während er verschiedene Möglichkeiten durchging. »Warum habe gerade ich die Veränderung bemerkt, wobei keinem sonst etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist? Und noch seltsamer erscheint mir, warum irgendjemand die Darstellung überhaupt verändern sollte. Es ist doch nicht so, als könnte man die Geschichte verändern, indem man ein Bild verändert. Abgesehen davon ist das dargestellte
Geschehen ja nicht wesentlich verändert worden. Darkweaver bleibt unterlegen. Daran ändert sich auch nichts, wenn man die Zahl der Magier verringert, die seinen Untergang herbeigeführt haben. Und auch eine andere Landschaft ist doch unbedeutend. Mysteriös!«
    Calvyn verharrte eine Weile schweigend und erinnerte sich daran, wie er das letzte Mal in der Eingangshalle gestanden hatte. Damals hatte er den Wandteppich zusammen mit seiner Freundin Jenna betrachtet. Calvyn erinnerte sich lebhaft, wie erschrocken er gewesen war, als er die unglaubliche Ähnlichkeit zwischen Derrigan Darkweaver und dem rätselhaften shandesischen Magier Selkor entdeckt hatte. Umso unheimlicher, da Selkor nun im Besitz von Darkweavers magischem Amulett war, einem silbernen Talisman mit dunklen Kräften. Keinesfalls konnten Selkor und Darkweaver ein und dieselbe Person sein. Zum einen müsste Darkweaver, die frühere Geißel Thrandors, inzwischen über zweihundert Jahre alt sein; zum anderen konnte Selkor wegen der Dinge, die er gesagt hatte, als er das Amulett an sich brachte, unmöglich Darkweaver sein. Dennoch bestand eine deutliche Ähnlichkeit. Alles an der dargestellten Figur – ihre Haltung, ihre Haare und sogar der Schnitt des dunklen Mantels – erinnerte Calvyn an Selkor.
    Und dann gab es da noch eine seltsame Übereinstimmung.
    Eine der vier Figuren, die am Bildrand standen und das Geschehen beobachteten, wies eine beunruhigende Ähnlichkeit mit Calvyns Lehrmeister Perdimonn auf. Zugegeben, die Züge der Person traten nicht deutlich hervor, denn sie stand neben zwei anderen Männern und einer Frau im Hintergrund. Doch so unwahrscheinlich es erscheinen mochte: Calvyn wurde das Gefühl nicht los, dass die Figur auf dem Gobelin tatsächlich Perdimonn war.
    Eine leichte Berührung am Arm ließ Calvyn zusammenzucken.

    »Kommt, Korporal Calvyn, der König erwartet Euch, und es ziemt sich nicht, Ihre Majestät warten zu lassen«, mahnte Krider und bedeutete Calvyn, ihm zu folgen.
    Nach einem letzten Blick auf das große Wandbild setzte sich Calvyn zögerlich in Bewegung, aber er konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass der Teppich ein wichtiges Geheimnis barg, das er entschlüsseln musste.
    »Calvyn, Sohn Jorans, Korporal in Baron Keevans Heer, Eure Majestät«, verkündete Krider in der Tür des Raumes stehend, in dem der König Privataudienzen abhielt. Der Vorsteher des königlichen Gesindes trat einen Schritt zur
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