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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany
Autoren: Chufo Lloréns
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jüngere zu Boden. Ein großer Blutfleck durchtränkte sein Hemd.
    In aller Eile sprangen die Soldaten aus dem Dickicht hervor. Die ältere Frau ließ bestürzt den Rocken fallen. Die Schwangere rannte zu ihrem Mann, drängte sich an seine Brust und rief dem Mädchen zu: »Flieh, Maria, flieh!« Das ohrenbetäubende Gegacker der Hühner, die aufgescheucht über den Dreschplatz liefen, vereinte sich mit dem erschrockenen Blöken der Lämmer in der Schafhürde. Einer der Männer stürzte sich auf die Kleine, um sie festzuhalten, doch sie versetzte ihm mit der Peitsche, mit der sie den Esel angetrieben hatte, einen fürchterlichen Hieb ins Gesicht. Dann rannte sie zum Wald. Der dickbäuchige Riese stieß die ältere Frau beiseite, drückte dem Mann mit der Schürze die Spitze eines Dolchs an die Kehle und rief mit einer Stimme, die einen sonderbaren Akzent hatte: »Seid ruhig. Wenn ihr mitmacht, gehen wir bald, und euch geschieht nichts. Wenn nicht, bleibt euch keine Zeit, es anderen zu erzählen.« Dann wandte er sich an seinen Kumpan und setzte hinzu: »Was tun wir jetzt, Wol…?«
    Der Angesprochene unterbrach ihn wütend.
    »Dummkopf! Ich habe dir tausendmal gesagt, du sollst mich nicht beim Namen nennen!«
    Der andere stotterte so etwas wie: »Es tut mir leid.«
    Ein riesiger Hund, der die weit entfernte Einzäunung mit den trächtigen Stuten bewacht hatte, stürmte in diesem Augenblick aus dem Dickicht hervor und stürzte sich auf den Armbrustschützen. Mit seinem gewaltigen Rachen packte er dessen rechten Arm und schüttelte den Kopf hin und her, als wollte er ihm den Arm abreißen. Wolfgang näherte sich dem Hund von hinten, und mit einem entschlossenen Hieb schnitt er ihm die Kehle durch. Die Schreie des verletzten Mannes vermischten sich mit dem Geheul des Mädchens, das verzweifelt in den Armen seines Fängers
zappelte. Über dessen Gesicht zog sich eine dunkelviolette Strieme, die der Peitschenhieb hinterlassen hatte. Wolfgang befahl: »Die Schwangere und die Kleine in die Scheune. Schafft den Mann ins Haus, damit er euch die Stelle zeigt, wo er seine Ersparnisse versteckt. Tut ihm nicht weh, wenn es nicht sein muss. Und sperrt die Alte zusammen mit ihm ein.«
    Die Gruppe trennte sich: Gunter und Richard, der Schütze – er versuchte, das Blut, das aus seinem übel zugerichteten Arm floss, mit einem Lappen zu stillen -, liefen zum Haus, während Wolfgang und die beiden übrigen Kumpane die Schwangere und das Mädchen in die Scheune schleppten. Sobald die anderen durch die Tür gekommen waren, forderten sie den Alten drohend auf, seine Ersparnisse auszuliefern.
    »Ihr habt meinen Sohn umgebracht. Er war der einzige Schatz in diesem Haus. Was ihr seht, ist alles, was da ist, nehmt es mit und lasst uns in Frieden. Meine Schwiegertochter ist schwanger.«
    »Verdammter Hundesohn! Hältst du uns für Ochsen? Zeig, wo du deine Ersparnisse aufbewahrst, oder du bekommst den Zorn eines Normannen zu spüren!«
    »Ich sage euch noch einmal, dass ich nichts habe.«
    »Du wirst schon sehen, wie du dich besinnst!«
    Nach dieser Drohung zerriss Gunter das Mieder der Frau und entblößte ihr blasses Fleisch.
    Der Mann, der in seinen Jugendjahren gewiss ein stämmiger Bursche gewesen war, stellte sich dem entgegen, der seine Frau misshandelt hatte, doch der Armbrustschütze streckte den Bauern nieder, indem er mit einer Hacke auf seinen Rücken einschlug. Die Frau kreischte entsetzt. Der Schütze ließ seine Wut an dem Gestürzten aus und drosch auf ihn ein, bis sich sein Kopf in eine formlose Masse verwandelt hatte.
    »Verfluchte Geizhälse, lieber verliert ihr Frau und Leben, als dass ihr das Geld herausrückt.«
    Der mit dem Namen Richard hielt noch den Hackenstiel in der Hand und keuchte von der Anstrengung.
    »Bindet die Frau an den Stuhl, und warten wir ab, was unser Anführer entscheidet.«
    »Geh nach draußen, ich will mir eine Freude machen.«
    »Mit diesem Knochenhaufen?«
    »Du weißt ja, wie das Sprichwort heißt: ›Ein altes Huhn gibt eine gute Brühe.‹ In Notzeiten ist es außerdem dumm, zimperlich zu sein. Ich hab schon auf schlimmeren Posten meinen Mann gestanden!«

    Die Frau heulte auf.
    »Wie jeder sein Vergnügen findet, ist seine Sache. Halte dich auf alle Fälle nicht zu lange damit auf. Wir müssen noch die Beute einsammeln.«
    Gunter ging nach draußen und lief zur Scheune. Als er ankam, sah er eine Szene, die ihm zwar bekannt vorkam, die aber deshalb nicht weniger aufreizend wirkte.
    Die
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