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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany
Autoren: Chufo Lloréns
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Schwangere kniete auf dem Boden und flehte Wolfgang an.
    »Tut dem Mädchen nichts an! Es ist erst zwölf Jahre alt und Jungfrau! Nehmt mich, seid barmherzig!«
    »Du bist zu wenig Weib für alle. Und der Mann, der die Kleine dann später nimmt, wird bestimmt zufrieden sein: Wir sorgen dafür, dass er sie besser genießen kann.«
    Und er knöpfte sich die Beinkleider auf.
     
    Einige Zeit später verließen die fünf Räuber den Bauernhof. An ihren Pferdesätteln hingen zwei Säcke voller geköpfter Hühner und Kaninchen. Hinter ihnen blieb eine Spur des Schreckens zurück: zwei tote Männer und drei geschändete Frauen. Das zwölfjährige Mädchen lag zusammengekrümmt auf dem Scheunenboden. Ihre Mutter tröstete sie. Sie streichelte ihr das mit Schmutz, Stroh und Blut verschmierte Haar.

2
    Ermesenda von Carcassonne
    Gerona, Mai 1052
     
    D ie Rufe, die durch die dicken Wände drangen, erfüllten den Raum mit Lärm. Ermesenda von Carcassonne – Herrin von Gerona, Witwe des Grafen Ramón Borrell von Barcelona und Gräfin aus eigenem Recht – war für ihre fürchterlichen Zornesausbrüche berüchtigt, die sie packten, wenn sich ihr jemand in den Weg stellte. Der riesige Roger de Toëny, der die Verteidigungsscharen befehligte, wirkte in ihrer Gegenwart eingeschüchtert wie ein kleiner Junge, den man ertappt, während er gerade einen Napf mit Himbeeren stiehlt.
    »Dass Ihr mein Schwiegersohn seid, erlaubt Euch nicht, Gewalttaten zu begehen, sondern es verpflichtet Euch ganz im Gegenteil, ein gutes Beispiel zu geben. Eure Trägheit scheint stattdessen die Frevel und Gräuel gutzuheißen, die das Gesindel, das unter Eurem Befehl steht, tagtäglich begeht.«
    Der Führer der normannischen Kompanien, die in der Umgebung der Hauptstadt kampierten, stand vor ihr und drückte den Helm an den Unterarm. Der Federbusch, der seinen Helm schmückte, wippte hin und her, was die innere Unruhe des Kriegers bekundete, denn er war es nicht gewöhnt, von irgendjemandem Strafpredigten hinzunehmen.
    »Bedenkt, Herrin: Es fällt nicht leicht, Scharen von kampfgewohnten Männern zu bändigen, die sich langweilen, sobald sie keinen Krieg führen, und die sich manchmal das Recht anmaßen, das, was sie wünschen, nach eigenem Gutdünken zu nehmen. Es ist schon einige Zeit her, dass man die letzte Beute verteilt hat, und die Untätigkeit beruhigt sie nicht, sondern stachelt sie immer weiter an.«
    »Wollt Ihr mir sagen, dass ihnen der Krieg lieber als das bequeme
und gute Leben ist, das sie in meinen Ländern führen?«, fragte die Gräfin schreiend.
    »Herrin, bemüht Euch zu verstehen: Sie sind Krieger... Welche Beschäftigung gefällt ihnen wohl besser als die, die sie gewählt haben?«, erklärte Roger de Toëny und versuchte so, die ergrimmte Dame zu besänftigen.
    »Für die Aufgabe, sie zu beschäftigen, seid Ihr verantwortlich. Ihr könnt ihnen Gaukler, Schlangenbeschwörer oder Seiltänzer bieten, aber Ihr sollt wissen, dass ich keine weiteren Vorfälle wie den von neulich abends dulde. Diese Horde von Wilden sollte meine Untertanen beschützen... Stattdessen werden sie gezwungen, ihren Besitz hinter Schloss und Riegel zu verwahren und ihre Frauen zu Hause einzusperren!«
    »Ich verstehe Eure Gefühle, aber ich kann schwerlich voraussehen, dass ein paar volltrunkene, von der Untätigkeit getriebene Männer, die keine Frauen haben, hin und wieder einen Schelmenstreich begehen.«
    »Ihr wagt es, das einen Schelmenstreich zu nennen, wenn man einen Mann mit der Armbrust zu Boden streckt, einen zweiten totprügelt und die Frauen schändet, die in dem Bauerngut wohnten, von denen übrigens eine erst zwölf Jahre alt war? Haltet es für gewiss: Wenn Ihr nicht fähig seid, diese üblen Schurken in Schach zu halten, muss ich es tun … Und wahrhaftig, ich werde nicht zögern, es zu tun!«
    Der Normanne blieb in abwartender Haltung stehen.
    »Ich sage Euch, was Ihr tun werdet«, sprach die Gräfin weiter. »Ihr stellt fest, wer diese ruhmreiche Heldentat auf dem Kerbholz hat, und wenn Ihr die Schuldigen entdeckt, hängt Ihr sie an den Galgen, den Ihr auf dem Waffenplatz in Anwesenheit der ganzen Truppe aufstellt, um Tollkühne abzuschrecken und Aufrührer zu warnen.«
    Auf Roger de Toënys Lippen zeichnete sich ein schiefes Lächeln ab.
    »Sagt mir, Herrin: Glaubt Ihr wirklich, dass einer meiner Männer einen Waffenkameraden verrät?«
    »Haltet Ihr mich etwa für blöd? Mir ist es völlig gleich, ob sie es tun oder nicht! Wenn die Schuldigen
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