Das Vermaechtnis der Hexen
von mir entfernt. Sie saßen in der Mitte einer Mädchengruppe. Ich ging auf sie zu. Sie lächelten mich breit an. Ich erkannte alle acht Gesichter wieder. Die Gruppe kicherte. Mein Blick glitt den Tisch entlang. An unserem saßen nur Mädchen, große, kleine, schlanke, dicke, zierliche und muskulöse. Sie waren aber dennoch auf eine merkwürdige Weise schön. Wirklich alle.
Ich setzte mich zwischen Emma und Elli. »Hi«, sagte ich in die Runde rein. Sie begrüßten mich auch und schon ging der Tratsch weiter. »Hast du schon gehört...« und »Nein wirklich ...« oder »Ich habe etwas anderes gehört, nämlich ...«
Ich musste nicht zuhören, denn ich las es ja in ihren Gedanken. Das war ein seltsames Gefühl, das musste ich schon zugeben. Vor ein paar Wochen konnte ich noch nicht meine ganze Umgebung kilometerweit hören.
Die Mädchen fragten mich dies und jenes. Ich antworte ihnen geistesabwesend, aber freundlich. Ich konnte zwar die Gedanken der Restlichen im Raum nicht hören, aber ich konnte ihre Aura spüren und das war sehr hilfreich. Alle Mädchen um mich herum waren freundlich, nett und nicht so wie die meisten anderen. Sie waren eifersüchtig, hatten fiese Gedanken. Ich spürte es. Sehr deutlich sogar.
Die Werwölfe saßen neben uns rechts an der Wand. Die Zauberer saßen links neben den Gang und daneben die Vampire. Wieso waren die Vampire und Werwölfe so weit voneinander entfernt? Konnten sie sich nicht leiden? Haben sie sich diesen Tisch allein ausgesucht oder wurden sie so hingesetzt? Lauter Fragen schwirrten in meinem Kopf umher.
Ein Mädchen kicherte. Wow, irgendwann mussten sie ja auf das Thema Jungs kommen. Jedes Mädchen fand mindestens fünf Jungen süß. Was mich aber am meisten ärgerte: Alle um mich herum, außer Emma und Elli, gefiel Jas am besten.
Er sieht ja so toll aus. Ob er eine Freundin hat? Er sieht einfach göttlich aus.
Lauter solche Gedanken. Nein danke, das wollte ich gar nicht wissen. Ich schloss meine Augen und versuchte, die anderen um mich herum auszublenden.
Ich könnte ihn ja irgendwie dazu bringen, mit mir auszugehen. Ein kleiner Trick und schon ... Die Gedanken sind so immer weitergegangen.
Erschrocken öffnete ich meine Augen wieder.
Wer hatte das gedacht? Ich sah mich um. Niemand an diesem Tisch. Ich guckte weiter. Streckte weiter meinen Geist aus. Die Wölfe waren es nicht. Ein Vampir? Ich fand die Gedankenstimme wieder. Sie war unter den anderen am lautesten. Es war ganz einfach. Die Stimme gehörte einem wunderschönen Vampirmädchen. Sie hatte langes, glattes, silbernes Haar. Ihr Gesicht... unbeschreiblich. Ihr Name war Silver. Klar, passend zu den Haaren.
Ich starrte sie an und sie bemerkte es. Ihre Augen waren rot. Ich schluckte. Sie guckte einen Moment lang eindringlicher. Ich bemerkte ein komisches Zwicken an meiner Stirn. Silver neigte den Kopf wieder zu den anderen und lächelte. Was war das gewesen? Dieses Zwicken? War es ... kann sie auch Gedanken lesen? Viele solcher Fragen schwirrten in meinem Kopf umher. Ich konnte meinen Blick immer noch nicht von ihr nehmen.
»Vanessa?« Ich blickte auf. Ein schönes herzförmiges, liebliches Gesicht mit hellbraunen Augen sah mich an. Ihr Haar war hellbraun und schien durch die Sonne etwas rötlich. »Ja?« Jessi lächelte. »Hier, dein Stundenplan.« Sie gab mir ein komisch aussehendes Blatt Papier.
»Danke«, murmelte ich und sah darauf. Die Häuser hatten einige Unterrichtsstunden gemeinsam. Zuerst hatte ich zwei Stunden Geschichte der Zeit mit den Zauberern. Dann zwei Stunden Verwandlung mit den Wölfen und zuletzt eine Stunde Kräuterkunde, wieder mit den Zauberern.
Ein summender Ton erklang und alle Schüler erhoben sich. Die Gruppe um mich herum blieb jedoch sitzen, genauso wie die anderen neuen. Eine kleine runde Frau mit grüner Kleidung, Professorin Kiara, kam auf uns zu.
»Hallo, meine Lieben. Ich bin Frau Professor Kiara, Lehrerin im Fach Kräuterkunde. Ich werde euch herumführen. Eure erste Stunde fängt heute erst um zehn Uhr fünfundvierzig an.«
Sie ging voran durch die Tür und wir folgten ihr. Alle. Die Vampire, Wölfe und Zauberer mit dabei.
Wir gingen links die große Treppe hinauf, die in einen langen Flur führte, der offensichtlich zwei Flügel des Schlosses verband. Der linke wirkte hell und freundlich, der rechte aber dunkel und abweisend.
Professorin Kiara blieb stehen und drehte sich zu uns herum.
Geradeaus ging es von der Treppe einen langen Gang entlang. Ich spürte Magie.
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