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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05
Autoren: Douglass Sara
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Der Geist des jungen Mannes war schon so
lange verdunkelt, daß es nun eine leichte Aufgabe wäre,
ihm einen fremden Willen aufzuzwingen.
»Der Hase riecht gut«, bemerkte er und legte seinem
»Gastgeber« eine Hand auf den Arm. Erstaunlicherweise
verging Timozels Kopfschmerz beinahe sofort, als der
Mann ihn berührte. »Sollen wir essen?«
    Eine Stunde später saß Timozel vor dem Feuer und fühlte
sich so gelöst wie seit Monaten nicht mehr. Er störte sich
auch nicht mehr daran, daß sein Gefährte beschlossen
hatte, seine Gesichtszüge nicht zu enthüllen. Während
der vergangenen Monate hatte er seltsamere Kreaturen
gesehen, wie etwa jene gefiederten Abnormitäten, die
nun durch den verpesteten Palast von Karlon krochen.
Der Jüngling verzog bei dieser Erinnerung den Mund.
    »Euch gefällt nicht, was Ihr in Karlon gesehen habt?«
»Ekelerregend«, erwiderte Timozel.
»Oh, da kann ich Euch nur zustimmen.«
Timozel bewegte sich unruhig, als die Erinnerung an
die Ikarier ihn mit aller Macht überkam. »Bornheld
versuchte, sie aufzuhalten, aber er ist leider gescheitert.«
    Der Dunkle zuckte die Schultern. »Wie bedauerlich.«
»Verrat hat ihn vernichtet.«
»Natürlich.«
»Er hätte siegen müssen!« Timozel ballte die Fäuste
    und starrte über das Feuer hinweg den in seinen Mantel
gehüllten Mann an. »So hätte es sein müssen. Ich hatte
eine Vision …«
    Er unterbrach sich. Warum hatte er das erwähnt? Der
Fremde würde ihn jetzt bestimmt auslachen.
»Wirklich?« In der Stimme des Dunklen klang nicht
die mindeste Spur von Hohn, sondern eher so etwas wie
Ehrfurcht. »Ihr müßt ein Liebling der Unsterblichen sein,
wenn Euch Visionen gewährt wurden.«
»Aber ich fürchte, diese Bilder haben mich in die Irre
geführt.«
»Nun«, entgegnete der Mann langsam, als widerstrebe
es ihm zu sprechen. »Ich bin weit gereist, Timozel, und
ich habe so manch Erstaunliches zu Gesicht bekommen
und noch viel seltsamere Geschichten gehört. Eines von
den vielen Dingen, die ich gelernt habe, ist, daß Visionen
manchmal mißverstanden werden, fehlgedeutet. Würdet
Ihr«, er verschränkte unruhig die Finger, »Eure Vision
mit mir teilen?«
Der Jüngling musterte den Mann aus zusammengekniffenen Augen. Noch nie hatte er jemandem die
Einzelheiten seiner Geschichte berichtet – nicht einmal
Bornheld, obwohl dieser gewußt hatte, daß Artor
Timozel die Fähigkeit verliehen hatte, seinen Sieg über
Axis vorauszusehen.
Aber Bornheld hatte ja auch letztendlich nicht gesiegt.
Und Artor erschien machtlos angesichts der Invasion der
Unaussprechlichen. Selbst der Bruderführer hatte in der
Gegenwart des Kriegers hilflos vor sich hin gestammelt.
Timozel unterbrach sein Starren und rieb sich die Augen.
Vielleicht war die Vision wertlos. Eine Sinnestäuschung,
nicht mehr.
»Erzählt mir davon«, flüsterte der Dunkle. Teilt sie mit
mir …
Der Jüngling zögerte.
»Ich möchte sie hören.« Teilt sie mit mir.
»Vielleicht werde ich Euch tatsächlich davon berichten«, erklärte Timozel. »Die Vision kam wieder und
immer wieder. Sie zeigte mir stets die gleichen Bilder.
Ich ritt ein großes und edles Tier – es brüllte mit so lauter
Stimme, daß alle, die seiner ansichtig wurden und es
hörten, vor Angst erzitterten.« Während der Jüngling
sprach, überwältigte ihn der Zauber der Vision aufs neue.
Er sprach schneller, und seine Worte überstürzten sich.
»Ich kämpfte für einen Großen Herrn, und in seinem
Namen befehligte ich eine Armee, die sich fast ohne
Ende in alle Richtungen ausdehnte.«
»Ihr Götter!« entfuhr es dem Dunklen. »Eine wahrhaft
große Vision.«
»Hunderttausende riefen meinen Namen.« Timozel
beugte sich jetzt beim Sprechen vor, und sein Tonfall
wurde ernst. »Sie beeilten sich, jeden meiner Wünsche zu
erfüllen. Der Feind erbebte vor Schrecken, aber er konnte
nichts ausrichten. Gewaltige Siege harrten meiner … im
Namen des Herrn sollte ich den Schmutz hinwegfegen,
der sich Achars bemächtigt hat.«
»Hättet Ihr das getan, so würde Euer Name für ewig in
den Sagen der Völker weiterleben«, erklärte der Dunkle,
und Timozel konnte die Bewunderung in seiner Stimme
hören.
»Ja! Ja, genauso wäre es. Millionen würden mir danken. Und ich sah noch mehr …«
»Dann erzählt doch weiter.«
»Ich sah mich Seite an Seite mit meinem Herrn vor
einem Feuer sitzen, und Faraday stand an unserer Seite.
Die Schlachten waren geschlagen und der Sieg vollkommen. Ich … ich hatte
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