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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
Autoren: William R. Forstchen
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Steuerbord sah Andrew sich eine weitere Woge auftürmen.
    »Zieht, gottverdammt, zieht!«, brüllte Tobias.
    Und quälend langsam reagierte das Schiff, aber Andrew erkannte, dass sie nicht rechtzeitig herumgeschwenkt sein würden. Zum ersten Mal seit Jahren ertappte er sich dabei, wie er betete. Die Vorahnung, derzufolge er und das Regiment verdammt waren, stellte sich höchstwahrscheinlich nun als richtig heraus, selbst wenn das Ende nicht auf dem Schlachtfeld kam.
    Die Woge ragte direkt über ihm auf, und ihr Kamm brodelte in einer Schaumexplosion. Der Berg stürzte herab.
    Andrew war fest überzeugt, dass das Tau um seine Taille ihn gewiss durchschneiden würde. Einen panischen Augenblick lang schien es, als kenterte das Schiff. Andrews Lungen brannten, als sie schier über den Punkt des Berstens hinaus belastet wurden. Trotzdem hielt er sich fest, war noch nicht bereit, nachzugeben und den Atem des flüssigen Todes einzuholen.
    Die Woge zog vorüber, und Andrew tauchte auf und schnappte nach Luft. Sie waren umgekippt, und das Schiff lag jetzt auf der Backbordreling. Andrew hing hilflos am Tauende, sah sich um und verfluchte die Tatsache, dass sein Schicksal in der Hand eines Kapitäns lag, der sie alle seinem törichten Stolz zuliebe umbrachte.
    »Zur Hölle mit Ihnen!«, brüllte er. »Verdammt, Sie haben uns alle umgebracht!«
    Tobias blickte zu ihm herüber, die Augen groß vor Angst, unfähig zu antworten.
    Auf einmal wandte er den Blick ab und hob, begleitet von einem unartikulierten Schrei, die Hand, um auf etwas zu deuten.
    Andrew blickte in die entsprechende Richtung und sah, dass ein weiterer Berg auf sie zuraste, noch höher als der letzte, der letzte Schlag des Schicksals.
    Aber da war noch etwas anderes. Vor dem Kamm der Welle breitete sich ein blendender Mahlstrom aus Licht aus, der von fast flüssiger Form war, eine schimmernde Wolke aus weißglühender Hitze.
    Die Wolke wirbelte und brodelte, ringelte sich zusammen, zerbarst dann zu doppelter Größe. Einen Augenblick lang war sie wieder zusammengerollt, dann erneut auf doppelte Größe angewachsen.
    »Was im Namen des Himmels …?«, flüsterte Andrew, ehrfürchtig gebannt von dieser Erscheinung. Das Licht strahlte jetzt so blendend grell, dass er die Hand hob, um die Augen abzuschirmen.
    Eine unirdische Stille schien sich auszubreiten, als würden alle Geräusche, all der Wind und der Regen abgesaugt und ließen die Menschen auf dem Schiff verloren in einem Vakuum zurück.
    Aber die Woge türmte sich hinter der Erscheinung weiter auf, und dann verschwand sie zu Andrews Erstaunen und Entsetzen einfach, als wäre sie vom Rand der Welt heruntergefallen. Wo Sekunden zuvor noch Millionen Tonnen Wasser existiert hatten, klaffte jetzt nur noch ein riesiges Loch, angefüllt von dem seltsamen pulsierenden Licht.
    Auf einmal rollte sich das Licht aufs Neue ein, um dann in einer blendenden Explosion hervorzuplatzen und das Schiff zu überspülen.
    Das Deck gab unter Andrews Füßen nach, und da war nichts mehr als dieser Sturz, ein Sturz hinein in den Kern des Lichts, als würden sie alle vom höchsten Gipfel geworfen.
    Kein Wind war zu spüren und kein Laut zu hören; nur das Fallen und der Pulsschlag des Lichts ringsherum existierten. Während Andrew das Bewusstsein entglitt, konnte er sich nur fragen, ob dies schließlich der Tod war.
    Er wurde wach, grelles Sonnenlicht in den Augen. Stöhnend von den blauen Flecken überall am Leib setzte er sich auf und blickte sich um.
    Waren sie tot? War dies das Jenseits? Oder hatten sie irgendwie überlebt? Er rappelte sich auf, und nach dem Protest der ramponierten Muskeln zu urteilen, hatte er irgendwie das Gefühl, dass er letztlich doch am Leben war.
    Aber wie? War das Licht ein Traum gewesen und der Sturz eine wilde Halluzination? Er erinnerte sich lediglich an dieses endlose Fallen und das pulsierende, flammende Licht. Er kämpfte mit der Erinnerung. Er schien sich zu entsinnen, dass er irgendwann zu sich gekommen war und sie zu diesem Zeitpunkt immer noch lautlos gestürzt waren, umgeben von dem Licht, das wie ein Trichter geformt war, der sich spiralförmig in die Tiefe fortpflanzte und das Schiff mitzerrte.
    Unwahrscheinlich, dachte er. Der Brecher musste ihn bewusstlos geschlagen haben, und irgendwie hatte dieser verdammte Kapitän sie doch noch alle retten können.
    Auf dem Deck herrschte das Chaos. Alle drei Masten waren umgestürzt, und Tauwerk, Spieren und Segeltuch lagen von Bug bis Heck überall
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