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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment
Autoren: Klaus Frühauf
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sich nicht lange. Sie begannen den rauchenden Hang oberhalb der Fähre emporzuklimmen, offenbar in der Absicht, sich hinter der Hangkante zu verbergen. Maara wußte, daß die Zeit dazu nicht mehr reichen würde. Sosehr sie sich auch beeilen mochten und so schnell sie auch den Hang überwinden würden, ihre Chance zu überleben war verschwindend gering. Zwar lag ihre Strahlenresistenz enorm hoch, aber dem Kernbombardement im Zentrum einer nuklearen Explosion, die die von Hiroshima um das Hundertfache übertreffen würde, waren auch sie nicht gewachsen, ebensowenig wie der enormen Hitze, die sich, obwohl sie bereits jetzt Steine in glühende Geschosse verwandelte, noch gewaltig steigern würde. Dieser Hang vermochte sie weder vor der schnellen Kernstrahlung noch vor der Glut einer künstlichen Sonne auch nur annähernd zu schützen. Nein, das Ende der beiden Hastoniden war unabwendbar. Auch jetzt schon, da sie noch immer hangaufwärts stürmten.
    Sie hätten wissen müssen, daß sie unrettbar verloren waren. Nur, wer blieb angesichts des Todes schon ruhig stehen und erwartete ihn ohne jegliche Reaktion?
    Blossom und Moreaux wollten nicht sterben. Und so flohen sie auch dann noch hangaufwärts, als das weiße Licht des glühenden Hecks bereits ihre Schatten auf das Geröll projizierte, als ihre dunklen Rücken sich unter der Strahlungshitze mit Blasen zu bedecken und zu dampfen begannen. Wie Maschinen stampften sie über die schräge Fläche, während sich unter ihren Tritten glühendes Gestein löste und zu Tal polterte.
    Doch sie konnten nicht mehr tun, als dem Unausweichlichen ein paar Zehntelsekunden abzutrotzen. In einer Wolke aus Staub und Steinen krochen sie auf ihren Schatten dahin, die immer schwärzer und schärfer wurden.
    Der Blitz des detonierenden Reaktors traf sie, bevor sie den Grat des Kessels erreicht hatten, und das ohnehin schon grelle Licht barst in schmerzendem Weiß. An der Flanke des Kessels ging eine Sonne auf. Mit stockendem Atem sahen die Beobachter, wie das Heck der Fähre sich öffnete, sich entfaltete wie eine exotische Blüte und das gleißende Innere freigab. Dann wirbelten die Blütenblätter, grotesk ineinander verwunden, wie von einem plötzlich aufkommenden Wind geschüttelt, davon. Als der Donner der Explosion die Gruppe der Menschen erreichte, füllte diese Sonne bereits die gesamte Mulde, und ihr Licht verschlang die Steine, die Fähre und die beiden Hastoniden. Noch lange grollte das Echo, von einer Flanke des Kessels zur anderen tobend, auch noch, als der Pilz der Explosion wie eine riesige Qualle in den Himmel stieg, wie eine phantastische Meduse, die sich mit einer einzigen Kontraktion ihres Schirmes vom Boden bis in die Wolken erhob.
    Sie sahen sich an, wortlos und mit blassen Gesichtern, während hinter den Schlieren und dem Staub und der Atomsonne schemenhaft der Wall und die beiden gelben Fahrzeuge auftauchten, sich verdichteten und Konturen zurückgewannen. Dann war die Szenerie des Grauens verschwunden.
    »So war das also«, sagte Toria Halsum schließlich mit belegter Stimme.
    Danach war lange Schweigen. Denn es gab eigentlich keine Unklarheiten über das Schicksal der Expedition Procyon 4/1 mehr. Zumindest die allgemeinen Zusammenhänge lagen nun offen zutage, was blieb, das war die Frage nach den Details, nach Anordnung, Farbe und Form der einzelnen Steinchen eines Mosaiks, dessen Umrisse man erkannt hatte.
     
    Die beiden Sonnen hatten ihren Weg eben erst zu einem Viertel hinter sich gebracht, als die Besatzung der Känguruh 2 bei den beiden gelben Rochen ankam. Und während aus jedem der Fahrzeuge drei Procyonen stiegen, eingehüllt nun wieder in ihre plumpen Skaphander und unförmigen Helme, erhob sich ein Schwarm kaum handgroßer Krabbenvögel über die Wallkrone, kreiste Orientierung suchend in großer Höhe und tauchte wieder hinter das Gewirr geometrischer Figuren.
    »Das hatte ich fast erwartet!« rief Toria. »Dort in der Ebene können Vögel wieder fliegen.«
    Ja, dort vermochten die kleinen, sechsbeinigen Vögel zu fliegen. Dort fraßen auch die Warane keine Steine, die fliegenden Echsen hatten ihre Angriffslust verloren, und die Kröten krochen nicht, sondern benutzten ihre langen Hinterbeine, um sich, wie es ihrer Natur entsprach, springend fortzubewegen. Dort im Inneren des Ringes war alles anders als draußen, auch die Procyonen selbst, deren Grundanliegen nicht mehr sterile Schönheit und ein Leben in kontemplativer Versenkung war, sondern
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