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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment
Autoren: Klaus Frühauf
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Zustand als durchaus normal angesehen werden konnte. Ein aus den Unterlagen nicht erkennbarer Faktor mußte Keeke Lannert irritiert haben. Doch das schien jetzt, angesichts des Zieles der Expedition, völlig bedeutungslos.
    Yahiro ging zum Sessel zurück und schaltete sich erneut auf die Außensensoren. Die Känguruh 2 hatte sich dem Zielsystem weiter genähert. Die beiden Sonnen glitten stetig nach backbord, die Zeitkontraktion raffte ihre Bewegungen zu einem gespenstischen Tanz. Verkroch sich der weiße Zwerg eben noch hinter seinem um vieles größeren gelben Begleiter, so tauchte er wenig später an dessen anderer Seite wieder auf, entfernte sich ein kleines Stück von ihm und näherte sich ihm gleich darauf erneut. Einen Augenblick lang sah es aus, als wollte das weiße Feuer in das warme Gelb eindringen, als bahnte sich dort ein kosmischer Kataklysmus ungeheuren Ausmaßes an, da glitt der Zwerg langsam vor den Riesen, erreichte endlich dessen Zentrum, und nun glich die Doppelsonne des Sternensystems Procyon dem blinden Auge eines phantastischen Zyklopen, das sich auf das anfliegende Schiff richtete. Doch schon ein paar Minuten später war die bedrückende Vision vorbei, war zerstoben im Spiel gigantischer Kräfte.
    Kurz darauf tangierte die Flugbahn der Känguruh 2 eine der stark deformierten Isograven der beiden Sonnen, das Schiff schmiegte sich an die für Yahiro deutlich erkennbare Kraftlinie und begann in deren Einflußbereich wie in einem Tunnel dahinzurasen.
    Irgendwo in der Zentrale klang ein heller Summton auf, und oben, über dem Manual des Steuerservators, blinkte rhythmisch ein grünes Licht. Das Schiff war in die Spiralbahn eingeschwenkt, die automatischen Systeme in seinem Inneren erwachten zum Leben. Es wurde Zeit. –
     
    Vamos Yahiro regelte die Gravitation auf normale Erdschwere und trennte seine Verbindung zum Schiff. Dann ging er quer durch die Zentrale hinüber zu den Leuchttafeln, auf denen die. Lebenssignale der Besatzung auf- und abschwangen. Die Linien bewegten sich in exaktem Gleichmaß, sechzehn Kurven auf acht Einzelschirmen.
    Direkt über ihm schob sich auf schlankem Stiel eine Servatorgabel aus der Wand, langsam, sich wiegend mit den konzentrierten Bewegungen einer angriffsbereiten Kobra. Die Gabel drehte und wendete sich, bis ihre beiden Objektive Yahiro erfaßt hatten, dann verharrte sie abrupt, die leblosen Augen auf sein Gesicht geheftet. Ein unangenehmes Gefühl beschlich ihn, das sich um so mehr in Ablehnung wandelte, je länger er sich gemustert fühlte.
    Mit einem heftigen Impuls zwang er den Servator, den Sensor zurückzuziehen; ihn, Vamos Yahiro, mußte man nicht beobachten oder überwachen; er war einer der Stärksten und Resistentesten an Bord. Um die Menschen sollte sich der allgegenwärtige Servator kümmern. Nicht um ihn.
    Vamos Yahiro verfolgte, wie sich die Gabel in die Aussparung schmiegte, wie sich die Objektive schlossen und die Bewegungen des Stieles verebbten. Dann wandte er sich der Kammer Keeke Lannerts zu und aktivierte den Vitalisator. Der transparente Deckel schwang zur Seite, und die Oberfläche des Liquors, der Lannerts grauroten Körper bedeckte, begann sich zu kräuseln und zu sinken. Noch lag der Hastonide reglos, nur die Manipulatoren mit den bläulichen Greifzangen bewegten sich träge in der Flüssigkeit wie flutende Wasserpflanzen in einem klaren Bach. Lannerts breite Brust hob und senkte sich im schneller werden Rhythmus der Stöße des Vitalisators, und die Zangen begannen zu zucken, öffneten und schlossen sich mehrmals, zögernd zuerst und unregelmäßig, dann aber schneller und mit sich steigender Koordination. Man hörte deutlich, wie sich die winzigen Zähne aneinander rieben.

    Endlich öffnete Keeke Lannert die Augen. Die Blenden zuckten ein paarmal, ehe sie gänzlich aufsprangen, und obwohl Yahiro wußte, daß er einer Täuschung unterlag, glaubte er zu erkennen, wie das Leben in den Blick der starren Objektive zurückkehrte. Mit einem Ruck setzte sich Lannert aufrecht und strich die Reste des Liquors von seiner Brust. Von den Spitzen seiner Zangen fielen glitzernde Tropfen.
    »Alles in Ordnung?« fragte er und kletterte aus der Wanne. Er schwankte ein wenig, aber er fing sich schnell. Breitbeinig stand er neben Yahiro und betrachtete die acht Bildschirme. »Sieht doch gut aus«, sagte er schleppend. »Oder…?«
    Yahiro nickte. Über ihnen wiederholte sich das Spiel der Servatorgabel, die sich diesmal Lannert als Ziel gewählt hatte.
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