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Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Titel: Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen
Autoren: Margaret Weis
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angespannt, als hätte die Totenstarre auch sie erfasst.
    Da beugte er sich herunter, um ihr zuzuraunen: »Wir haben es noch nicht ganz geschafft. Ihr müsst stark sein, um ihretwillen.«
    Seine Berührung ließ Bellona erschauernd den Kopf heben. Ihre Augen waren rot gerändert, sie brannten. Achtlos blickte sie zu Gunderson hinüber.
    »Er ist gekommen, um das Kind zu holen«, sagte Drakonas nun laut.
    Bellona schien ihn nicht zu verstehen.
    Drakonas drückte ihre Schulter, bis es wehtat.
    »Das Kind«, wiederholte er.
    Ohne zu begreifen, sah Bellona zu ihm auf. Aus ihren Augen sprach der Schmerz des verwundeten Tieres, dem die Stimme fehlt. Er hoffte, dass sie ihn verstanden hatte. Die Alternative wollte er nicht in Betracht ziehen.
    Jetzt ging Drakonas auf die Knie und blinzelte unter das Bett. Ein Kind war in blutige Lumpen gewickelt, das andere in die Decke, die seine tote Mutter für es gewebt hatte. Drakonas nahm das Baby in der Decke an sich und zog es unter dem Bett hervor. Mit dem Kind in den Armen erhob er sich und ging zu Gunderson hinüber. Er fühlte Bellonas Augen auf sich ruhen, doch sie sagte kein Wort, sondern blieb auf dem Bett sitzen, wo sie die Tote umfing.
    »Es ist ein Junge«, sagte Drakonas, während er Gunderson das Kind übergab. »Er sieht dem König ähnlich.«
    Der alte Getreue warf einen Blick auf das Baby. Für ihn sahen alle Neugeborenen gleich aus, dieses bildete keine Ausnahme. Ein runder Kopf mit einer platten Nase, ein Mund wie eine Rosenknospe, verknitterte, zusammengekniffene Augen, die versuchten, diese schreckliche, neue Welt auszublenden, in die es geraten war. Unruhig wimmernd suchte das Baby nach etwas, das ihm fehlte, ohne zu wissen, was das war.
    »Gott verzeihe mir meine Worte«, äußerte Gunderson bedrückt, »denn sie sind eine Todsünde. Aber es wäre besser, wenn dieses Kind mit seiner Mutter gestorben wäre.«
    »Das könnt Ihr nicht wissen«, erwiderte Drakonas. »Keiner von uns kann in die Zukunft blicken.«
    »Mancher schon«, gab Gunderson zurück. Sein Blick wanderte von dem Kind zu Drakonas, den er nun feindselig fixierte. »Ihr habt meinem König mehr als genug Ärger bereitet. Haltet Euch von ihm fern. Wenn ich Euch je wieder in seiner Nähe oder in der dieses Kindes erwische, werde ich Euch töten, so wahr mir Gott helfe.«
    Drakonas hätte nur zu gern gelobt, sich von Edward und dessen kleinem Sohn für alle Zeiten fern zu halten, aber dieses Versprechen konnte er nicht geben. Er hätte es nicht einhalten können.
    »An Eurer Stelle würde ich die Decke verschwinden lassen«, riet er Gunderson. »Ihr Blut klebt daran.«
    Das Blut war noch nicht getrocknet. Gunderson fühlte die feuchte Wärme und verzog das Gesicht. »In Bramfell wartet eine Frau, eine Amme. Sie wird das Kind waschen und füttern und anständig anziehen.«
    »Wie es einem Königssohn gebührt.«
    Gunderson zog eine Grimasse. »Wenn Ihr so wollt.«
    »Dieses Kind ist Edwards Sohn«, beharrte Drakonas. »Und wenn er nichts mehr von dem glaubt, was geschehen ist, das ist die Wahrheit.«
    »Er wird es glauben«, sagte Gunderson. »Leider.«
    Er zog die blutige Decke fester um das Baby und steckte es unter seinen Pelzmantel, um es warm zu halten. Im Gehen warf er einen letzten Blick auf Melisande. »Gott schenke ihrer Seele Frieden«, meinte er leise. Dann trat er durch die Tür. Drakonas atmete bereits auf, da stieß das zweite Kind unter dem Bett einen Schrei aus – ein seltsames, tiefes Heulen.
    Überrascht blieb Gunderson stehen. Er sah sich um. »Was war das?«
    Mit einem Fluch schaute Drakonas zu Bellona hinüber.
    »Was?«, fragte er laut.
    »Ich habe einen Schrei gehört«, antwortete Gunderson und kam zurück.
    »Das war ich«, rief Bellona aus. Ihre Stimme klang heiser. Sie beugte sich über Melisande und hüllte sie in ihr langes, schwarzes Haar.
    »Es klang aber wie ein Baby.« Gunderson ließ nicht locker.
    Bellona hob ihr leidvolles Gesicht. »Ihr habt, was Ihr wolltet. Euer König hat seinen Sohn. Jetzt geht, damit ich meine Tote begraben kann.«
    »Ihr solltet wirklich gehen«, mahnte Drakonas und versperrte Gunderson den Weg. »Das Kind hat Hunger, und Ihr habt einen weiten Weg vor Euch.«
    Gunderson blickte zwischen Bellona und Drakonas hin und her. Vielleicht hätte er noch einmal nachgehakt, doch das Kind in seinen Armen hob an zu schreien – das jämmerliche, beharrliche, fordernde Weinen eines Neugeborenen. Da machte Gunderson kehrt. Etwas ungeschickt trug er das Kind
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