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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus
Autoren: Alfred Weidenmann
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Langhans, der sich drüben im Seitenportal versteckt hatte, das verabredete Signal.
    Die Glorreichen Sieben hatten einen intelligenten Knaben aus den unteren Klassen engagiert. Er war gerade zwölf Jahre alt und hatte wieselflinke Augen. Er trug einen zitronengelben Pulli und steckte in einer Khakihose. Emil hatte immer wieder seine Rolle mit ihm durchgespielt, bis ihm der Text schon zu den Ohren herauskam. Er war so unerbittlich gewesen wie ein besessener Regisseur mit seinen Schauspielern am Theater, bevor der Vorhang zur Premiere aufgeht.
    »Mach mir jetzt keine Schande, du Knallkopf«, mahnte Emil Langhans. »Immer schön cool bleiben.«
    »Wenn bloß hinterher die Kohle stimmt«, meinte der Steppke. Er war keine Spur aufgeregt, und seine flinken Augen wurden für einen kurzen Augenblick ganz ruhig und groß. »Ihr habt mir zehn Mark versprochen, wenn alles klappt!«
    »Und dabei bleibt es, da kannst du Gift drauf nehmen«, versicherte Emil. Dabei legte er dem Kleinen eine Hand auf die Schulter. »Los, mach dich jetzt auf die Socken.«
    »Glaubt ja nicht, daß ihr mich austricksen könnt«, warnte der Khakihosenjunge. Er hielt jetzt die Luft an und machte ein paar schnelle Kniebeugen. »Damit es vollkommen echt wirkt«, erklärte er und schwirrte ab.
    Als er das zypressengrüne Auto erreichte, hantierte der Boß der Glorreichen Sieben bereits mit einem Schraubenschlüssel aus der bisher noch nie benutzten Werkzeugtasche des Purzerschen Autos an den Zündkerzen herum.
    »Herr Studienrat«, keuchte der kleine Bursche. Er machte tatsächlich den Eindruck, als sei er total außer Atem, er hechelte wie ein Hund. »Fräulein Kowalski aus dem Büro des Herrn Oberstudiendirektors...« Er mußte eine Pause machen und nach Luft ringen.
    »Hoffentlich nichts Unangenehmes, das fehlte mir gerade noch«, bemerkte Dr. Purzer. Er fixierte den ausgepumpten Jungen und mußte schmunzeln. »Du weißt hoffentlich, daß im Alten Rom die Überbringer schlechter Nachrichten geköpft wurden?«
    »Ich weiß nicht, ob es eine schlechte Nachricht ist«, antwortete der Kleine. Seine Augen luchsten zwischen dem Lehrer und den zwei Glorreichen hin und her.
    »Die Zeiten haben sich inzwischen geändert, wenn dich das beruhigt«, meinte der Studienrat. »Man ist heutzutage nicht mehr ganz so grausam. Also, was will das liebe Fräulein Kowalski von mir?«
    »Da sei ein Telefonanruf, und sie hat mich losgeschickt mit dem Auftrag, Sie noch zu erreichen, entweder im Lehrerzimmer oder auf dem Weg zu Ihrem Wagen...«
    »Lassen wir’s dabei«, sagte Dr. Purzer. »Wenn mein Wagen funktioniert hätte, wäre ich sowieso schon über alle Berge.«
    »Aber wenn sie mich doch extra losgejagt hat — «, gab der Khakihosenboy zu bedenken.
    »Ich brauche ohnehin mindestens zehn Minuten«, mischte sich Paul Nachtigall ein. »Aber daß es an den Zündkerzen liegt, ist jetzt schon sicher. Und die krieg’ ich hin, das garantiere ich.«
    »Na dann«, meinte der Studienrat, aber er überlegte noch. Schließlich blickte er noch einmal zu dem kleinen Jungen und nickte ihm zu. »Besten Dank«, sagte er. »Wie du mich aufgespürt hast, das ist eines Indianers würdig.« Er lächelte und drehte dann den Kopf zu Paul Nachtigall. »Dann setze ich mich also in Bewegung«, meinte er. »Aber in spätestens zehn Minuten bin ich wieder zurück.«
    »Sie müssen sich unsertwegen nicht beeilen«, versicherte der Boß.
    »Aber ich will euch doch keinesfalls warten lassen«, erwiderte Dr. Purzer noch. Gleich darauf trabte er mit schnellen Schritten auf das Seitenportal zu.
    Im selben Moment, als sich der Studienrat umgedreht hatte, war Karlchen Kubatz in der Telefonzelle verschwunden. Er nahm blitzschnell den Hörer ab und wählte aus dem Kopf eine Nummer.
    Der Boß der Glorreichen pfiff währenddessen Manuel Kohl aus seinem Versteck hinter der Plakatsäule hervor.
    »Meine zehn Eier sind fällig«, mahnte der angeheuerte Junge mit dem zitronengelben Pulli.
    »Du verschwindest, aber dalli«, zischte Paul Nachtigall. »Was jetzt passiert, ist nichts für den Kindergarten. Und was du nicht weißt, mein Wuschelköpfchen, das kannst du auch nicht weiterplappern. Deine Vorstellung war wirklich eine Wolke, aber jetzt mußt du verduften. Servus, Kleiner.«
    »Ich warte vom am Haupteingang«, bemerkte der Frechdachs. »Keine krummen Dinger mit mir, ich hab’ euch gewarnt«, brummte er noch und zottelte los.
    »Dalli, hab’ ich gesagt«, grollte Paul Nachtigall hinter ihm her.
    Karlchen
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