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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff
Autoren: B. Traven
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der Fahrt zu dem Gedenkstein in der Dorfkirche. Ich hatte keine Dorfkirche, also blieb mir nicht einmal diese Ehre.
    Die Heuer war gut, da ließ sich Geld dabei machen. Aber in England Gefängnis wegen Schiffschleichens und dann vielleicht noch Jahre im Gefängnis warten auf Deportation. Doch das war ja eben die Sache. Die Heuer bekam ich nicht, weil die Fische sie nicht auszahlen werden. Komme ich heil ’raus, ich kriege keinen Nickel Heuer, ich bin nicht treu gemustert. Kein englischer Konsul erkennt diese Strafmusterung an. Gefängnis und Deportation rühren mich nicht. Wir kommen nicht nach England. Nur ja keine Sorge. Wollen uns doch mal die Boote ansehen. Die Boote sind fertig. Da wird es also in den nächsten Tagen losgehen. Erste Bedingung ist, alles klar machen, um auf alle Fälle aus dem Kesselraum zu kommen. Beim leisesten Knirscher weg vom Kessel und hoch wie der Satan.
     

46.
     
    Die Quartiere sind wie Salons. Sauber und neu. Stinken nur unerträglich nach frischer Farbe. Matratzen im Bunk, aber kein Kissen, keine Decke, kein Laken. Kaiserin von Madagaskar, bist nicht so reich, wie du von draußen aussiehst. Oder die haben schon alles gezockelt und vermünzt, was gerettet werden konnte.
    Geschirr gibt es auch nicht. Aber man kann es schon leichter zusammenklauben, weil da was übrig ist und dort was herumliegt. Das Essen wird von einem italienischen Jungen gebracht, damit hat man also nichts zu tun. Das Essen ist ausgezeichnet. Freilich, unter Henkersmahlzeit verstehe ich etwas andres.
    Rum gibt es hier überhaupt nicht, wie mir von einem erzählt wird. Der Skipper ist Anti, schon faul.
    Schiffe ohne Rum stinken wie Jauche.
    Ich sitze im Meßraum des Kesselpersonals.
    Der Meßboy ruft die Leute aus den Bunks zum Essen.
    Es kommen zwei schwere Neger herein, die Kohlschlepps. Und dann kommt ein Heizer herein, der auf Freiwache ist.
    Den Heizer kenne ich. Sein Gesicht habe ich schon irgendwo gesehen. Das Gesicht ist aufgeschwommen, und um den Kopf hat er eine Binde.
    »Stanislaw, du?«
    »Pippip, du auch?«
    »Wie du siehst. Mitgegangen, mitgefangen«, sagte ich.
    »Du bist ja noch ganz gut davon gekommen. Ich habe mich mit ihnen schwer gekloppt. Ich kam gleich wieder hoch, nachdem ich den ersten Schlag weg hatte. Du lagst fest, hattest gleich einen saftigen gekriegt. Aber als du so plötzlich umknicktest, bückte ich mich nach dir, und so kriegte ich nur einen halben. Gleich war ich wieder auf. Und nun ging die Bürsterei los. Waren gleich vier herum. Und ich habe ganz verflucht was auf den Schädel gekriegt.«
    »Was haben sie dir denn für eine Geschichte erzählt?« fragte ich.
    »Ich hätte mich gekloppt, hätte einen erstochen und dann hätte ich mich auf dem Eimer versteckt, weil die Polizei hinter mir her gewesen sei.«
    »Mir haben sie etwas Ähnliches erzählt, die Kindsräuber«, sagte ich. »Unsre Heuer von der ›Yorikke‹ sind wir nun auch noch los, und hier kriegen wir nie einen Cent.«
    »Dauert ja nur ein paar Tage. Ich denke übermorgen wird es schon soweit sein. Es ist ein Platz, wie er ihn sich nicht besser wünschen kann. Kann sich schön sauber hinlegen wie gemalt. Kommt niemand her und deckt das Gesicht ab. Um fünf ist Exerzieren an den Booten. Merkst was, he? Wir sind nicht dabei, wir sind gerade dann auf Wache. Wir sind beide Boot vier, Heizer von Wache zwölf bis vier. Ich habe die Liste gesehen, hängt im Gangweg.«
    »Weißt du schon, wie es vor den Kesseln ist?« fragte ich.
    »Zwölf Feuer. Vier Heizer. Die beiden andern sind Neger. Auch die Schlepps sind Neger. Da die beiden, die am Tisch sitzen.« Stanislaw deutete ’rüber zu den starken Burschen, die gleichgültig an ihrem Essen würgten und uns kaum zu bemerken schienen.
    Um zwölf traten wir unsre Wache an. Die vorige Wache hatte der Donkeyman mit den Negern gemacht.
    Die Feuer sahen bös aus, und wir hatten beinahe zwei Stunden wild zu arbeiten, bis wir sie in Ordnung hatten. Alles war verschlackt; aufzuschmeißen verstanden die schwarzen Heizer auch nicht. Sie pfefferten die Kohle hinein, und damit gaben sie sich zufrieden. Daß Heizen eine Kunst ist, die mancher nie lernt, davon schienen sie nichts zu wissen, obgleich sie offenbar schon einige Jahre vor den Kesseln arbeiteten und sicher schon eine gute Anzahl von Schiffen abgedient hatten.
    Mit den Rosten hatten wir hier nur wenig Arbeit. Brannte einer durch, so ließ er sich rasch einsetzen, ohne daß er nachfiel oder gar andre mitriß. Die Schlepps,
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