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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff
Autoren: B. Traven
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Grenzen finden, Sie können sich darauf verlassen, wir sperren Sie ein auf Lebenszeit. Auf Lebenszeit im Gefängnis. Lieber Freund, das ist allerlei. Also ich warne Sie ausdrücklich. Wir wissen ja nicht, wohin mit Ihnen. Sie haben ja keine Seemannskarte.«
    »Aber vielleicht hätte ich zum Konsul – «
    »Gehen Sie mir mit Ihrem Konsul. Haben Sie eine Seemannskarte? Nein. Na also. Da pfeffert Sie Ihr Konsul ’raus, vierkant, und wir haben Sie auf dem Halse. Sie wissen jetzt Bescheid. Auf Lebenszeit Gefängnis.«
    »Ganz bestimmt, meine Herren, ich verspreche es Ihnen. Ich werde nicht mehr Ihr Land betreten.« Warum sollte ich auch? Ich hatte ja in Belgien nichts verloren. Ich war eigentlich froh, daß ich ’raus kam. Holland ist viel besser. Die versteht man schon zur Hälfte, während man hier kein Wort versteht, was die Leute reden und was sie wollen.
    »Gut also. Sie sind nun verwarnt. Nun hüpfen Sie los und seien Sie vorsichtig. Wenn Sie Tritte hören, legen Sie sich hin, bis die Schritte vorübergegangen sind. Lassen Sie sich nur nicht kriegen, sonst kriegen wir Sie, und dann geht es Ihnen schlecht. Viel Glück auf die Reise.«
    Die schoben ab und ließen mich allein.
    Dann, kreuzvergnügt, wanderte ich los. Immer in jener Richtung, die mir gezeigt worden war.

5.
     
    Rotterdam ist eine hübsche Stadt. Wenn man Geld hat. Ich hatte keins, nicht einmal eine Börse, wo ich es hätte hineinstecken können, wenn ich welches gehabt hätte.
    Da war auch nicht ein einziges Schiff im Hafen, das einen Deckarbeiter oder einen Ersten Ingenieur gebraucht hätte. Zu jener Zeit war mir das ganz gleich. Wenn auf einem Schiff ein Erster Ingenieur verlangt worden wäre, ich hätte den Posten angenommen. Glatt. Ohne mit der Wimper zu zucken. Der Krach kommt ja erst, wenn das Schiff draußen ist, auf hoher Fahrt. Und dann können sie einen doch nicht so einfach über Bord feuern. Anzustreichen gibt es immer etwas, da findet sich dann also schon die rechte Arbeit. Man ist ja schließlich auch nicht so, daß man nun mit Mord und Tod auf das Gehalt des Ersten Ingenieurs pocht. Man kann ja etwas nachlassen. Gosh, in welchem Laden wird nicht auch einmal vom Preise heruntergehandelt, wenn das Plakat »Feste Preise« auch noch so groß gemalt ist?
    Krach hätte es sicher gegeben; denn damals konnte ich eine Kurbel nicht von einem Ventil und eine Bleuelstange nicht von einer Welle unterscheiden. Das wäre ja beim ersten Signal herausgekommen, wenn der Skipper hinuntergeklingelt hätte »Totlangsam«, und gleich darauf wäre der Eimer losgeschossen, als ob er auf Tod und Leben verpflichtet sei, das »Blue Ribbon«, das Blaue Band, zu gewinnen. Ein Spaß wäre es ja doch. Aber es lag nicht an mir, daß ich den Spaß nicht ausprobieren konnte, denn niemand suchte einen Ersten Ingenieur. Es wurde überhaupt niemand gesucht, auf keinem Schiff. Ich hätte alles angenommen, was zwischen Kapitän und Küchenjunge ist. Aber nicht einmal ein Kapitän wurde vermißt.
    Nun trieben sich auch schon so viele Seeleute dort herum, die alle auf ein Schiff warteten. Und nun gar noch eins erwischen, das ’rübergeht nach den States, das ist schon ganz hoffnungslos. Alle wollen sie auf einen Kasten, der ’rübergeht, weil sie dort alle absacken wollen, achtern ’raussegeln. Denn alle denken, drüben werden die Leute mit Rosinen gefüttert, sie brauchen den Schnabel nur hinzuhalten. Schiet. Und dann liegen sie dort zu Zehntausenden in den Häfen ’rum und warten auf ein Schiff, das sie wieder heimbringt, weil eben alles ganz anders ist, als sie sich gedacht haben. Die goldnen Zeiten sind vorüber, sonst würde mich niemand als Deckarbeiter auf der Tuscaloosa gefunden haben.
    Aber die beiden netten belgischen Cops haben mir einen Tip gegeben: Mein Konsul. Mein! Die beiden Cops schienen meinen Konsul besser zu kennen als ich. Merkwürdig. Es ist doch meine Pflicht, ihn besser zu kennen, denn er ist doch meiner. Er ist ja meinetwegen in der Welt. Er wird ja meinetwegen bezahlt.
    Der Konsul klariert Dutzende von Schiffen aus, da wird er ja auch etwas wissen über verlangte Deckarbeiter, besonders wenn ich kein Geld habe.
    »Wo haben Sie Ihre Seemannskarte?«
    »Die habe ich verloren.«
    »Haben Sie einen Paß?«
    »Nein.«
    »Bürgerpapier?«
    »Nie gehabt.«
    »Ja, was wollen Sie denn dann hier?«
    »Ich habe gedacht, daß Sie mein Konsul seien, daß Sie mir helfen würden.«
    Er griente. Sonderbar, daß die Menschen immer grienen, wenn sie einen den
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