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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schnaubte wütend. »Ich frage mich nur, warum Sie mich haben kommen lassen. Nur um mich zu töten?«
    DeVries lächelte. »Ich gebe zu, daß ich es versucht habe«, antwortete er. »Ich habe die Gefahr gespürt, die von Ihnen ausging, mein Freund. Sie wollten im falschen Moment Kontakt mit mir aufnehmen, wissen Sie? Ich hatte nichts gegen Sie aber als Sie immer hartnäckiger versuchten, an mich heranzukommen, habe ich Erkundigungen über Sie eingezogen. Sie sind ein mächtiger Mann, Robert, auch wenn Sie es selbst noch kaum ahnen. Ihre Kräfte hätten mir gefährlich werden können.«
    »Warum haben Sie mich dann von Pri hierherbringen lassen?« fragte ich.
    DeVries zuckte mit den Achseln. »Nun, ich dachte, wenn Sie schon einmal hier sind, wäre es nur fair, Ihnen eine Chance zu geben. Ich denke das übrigens immer noch.«
    Ich sah ihn fragend an, und DeVries deutete abermals auf die Tür. »Sie denken, daß ich Ihren Tod wünsche? Das stimmt.
    Aber ich gebe Ihnen eine faire Chance. Spielen Sie Schach, Mister Craven?«

    »E2 auf E4«, sagte DeVries.
    Ich runzelte die Stirn, sagte aber nichts, sondern blickte nur konzentriert auf das gewaltige Schachbrettmuster.
    DeVries’ Zug war alles andere als originell genaugenommen war es eine Eröffnung, wie sie jeder Anfänger gemacht hätte. Ich selbst hatte oft genug mit genau diesem Zug gegen Jeremy eröffnet und jedesmal prompt verloren. Zaghaft schöpfte ich ein wenig Hoffnung. Vielleicht war DeVries ein ebenso schlechter Schachspieler wie ich.
    »E7 auf E5«, antwortete ich nach einer Weile.
    DeVries lächelte auf eine Art, die mir ganz und gar nicht gefiel, aber er sagte nichts, bis die Bauernfigur klappernd auf das angegebene Feld vorgerückt war. »Wer weiß«, kicherte er hämisch, als hätte er meine Gedanken erraten, »vielleicht gewinnen Sie ja sogar, wenn Sie sich ein wenig anstrengen. D2
    auf D4. Ihr Zug, mein Freund.«
    Ich antwortete nicht, sondern versuchte mich auf das Spiel zu konzentrieren.
    Wir befanden uns wieder in der Halle, und DeVries hatte all seine Männer weggeschickt mit Ausnahme eines einzigen, der auf einem unbequemen Schemel am Rand des Feldes hockte und darauf aufpaßte, daß ich keinen unfairen Zug machte wie etwa DeVries kurzerhand k. o. zu schlagen.
    DeVries hatte mir sehr eindringlich erklärt, daß der Mann mich im Falle eines groben Regelverstoßes auf der Stelle disqualifizieren würde, und zwar mit Hilfe der Maschinenpistole, die über seinen Knien lag.
    Aber das war nicht das einzige Beunruhigende an dieser Partie. Beinahe noch schlimmer war das Spiel selbst: Als Schachbrett diente das Schwarzweißmuster der Bodenfliesen, wobei jedes Feld gute anderthalb Yards im Quadrat maß. Entsprechend gigantisch waren die Figuren. Die beiden Königsbauern etwa, die sich jetzt in der Mitte des Feldes gegenüberstanden, hatten die Größe zehnjähriger Kinder. Alle Figuren bestanden aus Metall, waren zum Teil übermannshoch und mit einer komplizierten Mechanik versehen, so daß sie sich auf Zuruf wie riesige Gliederpuppen selbständig bewegten.
    Aber es gab keine Könige. Deren Plätze hatten DeVries und ich eingenommen. Das Ganze hätte geradewegs aus der Dekoration eines schlechten Horrorfilmes stammen können.
    Aber leider war es schreckliche Realität.
    Ich verscheuchte den Gedanken und konzentrierte mich wieder auf das Spiel.
    DeVries’ Damenbauer stand jetzt neben seinem Königsbauern und somit auf einem Feld, auf dem ich ihn schlagen konnte.
    Aber ich zögerte. Was sollte das? Selbst ein Anfänger und ich wagte nicht zu glauben, daß DeVries einer war opferte keine Figur, wenn er nicht damit etwas ganz Bestimmtes im Sinn hatte. Einen Moment lang überlegte ich, die Einladung anzunehmen und DeVries’ Bauern zu schlagen, nur um zu sehen, was passierte. Dann schüttelte ich den Kopf und sagte mit fester Stimme. »D7 auf D5«. Rasselnd marschierte die Metallfigur über das Feld, bis sie den angewiesenen Platz erreicht hatte. DeVries’ linke Augenbraue rutschte ein Stück nach oben. »Sie schlagen nicht?« fragte er. »Das wundert mich.
    Haben Sie Hemmungen?«
    »Vielleicht«, antwortete ich unwillig. »Ihr Zug.«
    »Ich weiß.« DeVries’ Lächeln wurde eine Spur kälter. »Ich nehme Ihr Angebot jedenfalls an. E4 auf D5. Bauer schlägt Bauer.«
    Die silberne Bauernfigur setzte sich klirrend in Bewegung.
    Als sie auf dem angegebenen Feld angelangt war, riß sie einen ihrer Metallarme hoch, rasiermesserscharfer Stahl blitzte dort, wo die
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