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Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament
Autoren: John Grisham
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schwanger. Dem von ihr in die Welt gesetzten kleinen Ungeheuer hat sie aus Gründen, die mir nie klargeworden sind, den Namen Ramble gegeben, was von Strolch bis Schwafler alles mögliche bedeuten kann. Obwohl der Junge erst vierzehn ist, hat er bereits zweimal vor dem Jugendrichter gestanden - einmal wegen Ladendiebstahls und das andere Mal, weil er im Besitz von Marihuana war.
    Das Haar, das ihm bis auf den Rücken fällt, klebt ihm am Nacken, so fettig ist es, und er trägt Ringe an Ohrmuscheln, Augenbrauen und in der Nase. Ich habe gehört, dass er zur Schule geht, wenn er gerade Lust dazu hat.
    Der Junge schämt sich, dass sein Vater fast achtzig Jahre alt ist, und sein Vater schämt sich, dass sich sein Sohn die Zunge hat piercen lassen.

    Wie alle anderen erwartet Ramble, dass ich mein Testament unterschreibe und ihm damit ein angenehmes Leben verschaffe. So groß mein Vermögen auch ist, diese Dummköpfe werden nicht lange etwas davon haben.
    Wer kurz vor dem Sterben steht, sollte nicht hassen, aber ich kann es nicht ändern. Sie sind ein elender Haufen, alle miteinander. Die Mütter hassen mich und haben daher ihren Kindern beigebracht, dass sie mich ebenfalls hassen sollen.
    Sie sind Geier, die mit scharfen Krallen, spitzen Schnäbeln und gierigen Augen über mir kreisen, benommen von der Vorfreude auf unendlich viel Geld.
    Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin. Alle sind überzeugt davon, dass ich einen Gehirntumor habe, weil ich sonderbare Dinge sage. Bei Sitzungen und am Telefon rede ich zusammenhangloses Zeug, und meine Mitarbeiter flüstern hinter meinem Rücken, nicken einander bedeutungsvoll zu und denken: Ja, es stimmt. Es ist der Tumor.
    Ein Testament, das ich vor zwei Jahren verfasst habe, sah als Universalerbin meine letzte Gespielin vor, die damals in Hosen mit Leopardenmuster und sonst nichts am Leibe durch meine Wohnung getänzelt ist. Ja, vermutlich bin ich verrückt nach zwanzigjährigen Blondinen mit all den Kurven. Sie ist aber später ausgezogen, und das Testament ist in den Reißwolf gewandert. Ich hatte einfach keine Lust mehr.
    Vor drei Jahren habe ich einfach so zum Spaß ein Testament gemacht, in dem ich alles wohltätigen Einrichtungen hinterlassen habe, über hundert. Eines Tages habe ich TJ angebrüllt, er hat zurückgebrüllt, und dann habe ich ihm von diesem neuen Testament erzählt. Daraufhin haben seine Mutter und seine Geschwister ein ganzes Rudel von Winkeladvokaten angeheuert und sind vor Gericht gezogen, um zu erreichen, dass ich in eine Anstalt gesteckt werde, wo man mich behandeln und auf meinen Geisteszustand untersuchen sollte. Das war eigentlich ziemlich gerissen von ihren Anwälten, denn wenn man mich für unzurechnungsfähig erklärt hätte, wäre mein Testament ungültig gewesen.
    Aber ich beschäftige viele Anwälte, denen ich tausend Dollar die Stunde dafür zahle, dass sie das Recht so drehen, wie es meinen Bedürfnissen entspricht.
    Daher wurde ich nicht in eine Anstalt eingewiesen, obwohl eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass ich damals wirklich nicht ganz dicht war.
    Ich habe meinen eigenen Reißwolf, in den ich all die früheren Testamente gesteckt habe. Jetzt sind alle weg, von einer kleinen Maschine zerschnippelt.
    Ich trage lange weiße Gewänder aus Thaiseide, rasiere mir den Schädel kahl wie ein Mönch und esse kaum etwas, so dass mein Körper ganz eingefallen ist. Man hält mich für einen Buddhisten, aber in Wirklichkeit beschäftige ich mich mit der Lehre Zarathustras. Sie kennen den Unterschied nicht. Ich kann fast verstehen, warum sie glauben, dass meine geistigen Kräfte nachgelassen haben.
    Lillian und ihre Kinder befinden sich im Konferenzzimmer der Geschäftsleitung im zwölften Stock, unmittelbar unter mir. Es ist ein großer Raum mit Marmor und Mahagoni, dicken Teppichen und einem langen, ovalen Tisch in der Mitte, und im Augenblick ist er voller sehr nervöser Menschen. Es überrascht niemanden, dass mehr Anwälte als Familienangehörige da sind. Lillian hat einen eigenen Anwalt, wie auch jedes ihrer vier Kinder. Nur TJ hat drei mitgebracht - einmal, um zu zeigen, wie wichtig er ist, aber auch, um sicherzugehen, dass für alle Eventualitäten die richtige Lösung gefunden wird. Er steckt in größeren juristischen Schwierigkeiten als die meisten Insassen einer Todeszelle. An einem Ende des Tisches befindet sich ein großer Bildschirm, auf dem man verfolgen kann, was hier oben vor
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