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Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi

Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi

Titel: Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
Autoren: Elke Bergsma
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stellen. Warum hatten die beiden
jungen Männer sterben müssen? War es ein Unfall gewesen? Oder eine Krankheit?
Waren sie gar getötet worden? Bei dem Wort getötet waren die Männer am
Tisch sichtlich zusammengezuckt und hatten fast gleichzeitig nach ihrem Bier
gegriffen, um einen tiefen Schluck zu nehmen. „Es reicht“, hatte Lübbo
plötzlich gebrüllt und mit seiner donnernden Stimme, die wie ein scharfer Keil
in die angespannte Stille des Gemeindehauses gefahren war, dafür gesorgt, dass
sich mindestens zwei der Anwesenden fürchterlich an ihrem Bier verschluckten
und noch Minuten später vor sich hin japsten.
    Scherrmann hatte begriffen, dass
er an dieser Stelle nicht weiterkam und hatte das Gemeindehaus mit einem knappen
Gruß verlassen. Um den Tod der beiden jungen Männer auf dem Foto schien sich
ein Jahrzehnte altes Geheimnis zu ranken, das von dem
Altherrenstammtisch oder sogar von der ganzen Canhuser Dorfgemeinschaft wie ein
geheimer Schatz gewahrt wurde.
    „Moin, Lübbo“, sagte Scherrmann
nochmals, denn der alte Mann hatte auf seinen ersten Gruß nicht reagiert. Nun
aber schaute er zu ihm auf und zog mürrisch die Augenbrauen zusammen. „Moin,
Jan“, knurrte er, „was gibt’s?“
    „Wollte mal hören, was mit Fenna ist.
Sie ist ja gar nicht hier.“
    „Geht ihr nicht gut.“
    „Was hat sie denn?“
    „Krank.“
    „Wie, krank. Was Ernstes?“
    Lübbo kam mühsam aus der Hocke
hoch. Scherrmann wollte ihm helfen, aber er schlug die Hand weg. „Das schaff
ich gerade noch allein“, brummte er und sah Scherrmann mit einem so
feindseligen Blick an, dass dieser instinktiv einen Schritt zurücktrat. „Fenna
ist krank. Alles andere geht dich nichts an.“
    „Wenn ich irgendwie helfen kann
...“
    „Nee.“
    „Lübbo, ich ...“
    „Brauchst nicht mehr zum
Stammtisch zu kommen, Jan. Bist da von jetzt an unerwünscht.“
    „Du erklärst mich zur persona
non grata , einfach so?“
    „Zu wat?“, fragte Lübbo und
machte ein so herrlich konsterniertes Gesicht, dass Scherrmann wohl zu jedem
anderen Zeitpunkt laut aufgelacht hätte. Aber sein Spaß an dieser Situation
hielt sich in Grenzen.
    „Unerwünscht, soso“, sagte er
deshalb nur und sah den alten Mann herausfordernd an.
    „So isses.“
    „Na, ich werde auch ohne den
Stammtisch herausbekommen, was sich damals ereignet hat.“
    Lübbo lief rot an und holte tief
Luft, so, als wolle er etwas erwidern. Dann aber machte er nur eine wegwerfende
Handbewegung und wandte sich wieder dem Grill zu.
    Scherrmann schüttelte verärgert
den Kopf. Nicht, weil er besonders traurig und enttäuscht war, dass er nicht
mehr zum Stammtisch geladen wurde. Nein, das würde er schnell verwinden, so
wichtig war der ihm sowieso nicht gewesen. Eine gute Informationsquelle
darüber, was im Dorf so los war, ja. Aber das würde er auch auf anderem Wege
erfahren. Genau genommen ließ es sich sogar gar nicht vermeiden, dass man alles
erfuhr, selbst wenn man es gar nicht wollte. Denn dazu war Canhusen nun
tatsächlich zu klein und deren Bewohnerschaft zu mitteilsam. Nein, dumm sterben
würde er hier ganz sicherlich nicht.
    Sein verärgertes Kopfschütteln
galt vielmehr der Tatsache, dass er nicht wusste, was mit Fenna war. Er
vermutete stark, dass Lübbo sie nach dieser Geschichte im Gemeindehaus ganz
besonders übel zugerichtet hatte. Denn dass der feine Herr Bürgermeister seine Frau schlug, lag auf der Hand. Scherrmann hatte einen Blick dafür.
Während seiner Berufslaufbahn als Rechtsanwalt hatte er genau diese Fälle
verteidigt, hatte sich sozusagen auf sie spezialisiert. Ja, er hatte wirklich
viele Frauen gesehen, die von ihren Männern geprügelt und gedemütigt wurden,
durch alle sozialen Schichten hindurch. Auch wenn es häufig vermutet wurde, so
waren Geld und eine gute Bildung ganz gewiss kein Garant für Gewaltfreiheit.
Scherrmann hatte im Gegenteil zahlreiche in Seide gekleidete und mit teurem
Schmuck behängte Gattinnen in seiner Kanzlei sitzen gehabt, die gar nicht so
viel Schminke hatten auftragen können, als dass man ihr blaues Auge nicht mehr
sah. Verdächtig waren auch die gewesen, die mitten im Sommer einen fein
drapierten Schal um den Hals trugen, um die Würgemale, die ihnen ihr in der
feinen Gesellschaft hoch angesehener Gatte zugefügt hatte, zu verdecken.
    Dass es keinen Sinn hatte, Lübbo
anzuzeigen, war klar. Fenna war noch nicht so weit, gegen ihn auszusagen. In
ihrem hohen Alter war es auch sehr unwahrscheinlich, dass sie sich dazu
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