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Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi

Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi

Titel: Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
Autoren: Elke Bergsma
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hefteten Lübbo
und Johann die Bilder an die Stellwände, und zu beinahe jedem Foto, das sie in
die Hände bekamen, hatten sie etwas zu sagen. Scherrmann hörte interessiert zu
und stellte Fragen. So wäre es sicherlich ein ganz amüsanter Nachmittag
geworden, wenn Fenna nicht so betont lustlos ihrer Aufgabe, ihrem Mann die
Fotos zu reichen, nachgekommen wäre. Scherrmann wusste, dass sie sich sehr auf
diesen Nachmittag gefreut hatte. Immer wieder hatte sie ihm das in den
vergangenen Wochen gesagt, wenn sie ihm irgendwo über den Weg gelaufen war.
Aber nun schien ihr aller Spaß vergangen zu sein, nachdem ihr Mann sie so
unwirsch abgebügelt hatte. Scherrmann schenkte ihr immer mal wieder ein
aufmunterndes Lächeln, aber sie reagierte darauf nur, indem sie den Kopf senkte
und so tat, als sei sie voll auf ihre Arbeit konzentriert.
    Lübbo und Fenna hatten die erste
Stellwand bestückt und machten sich nun an die Jahre 1946-1955, während
Scherrmann und Johann Schepker noch mit der Zeit des Nationalsozialismus und
dem 2. Weltkrieg beschäftigt waren. Fenna sah die vergilbten Schwarzweißbilder
kaum an und schien völlig in Gedanken versunken. Umso erschrockener war
Scherrmann, als sie plötzlich einen erstickten Schrei ausstieß, sich im
nächsten Moment auf einen Stuhl fallen ließ und das Foto, das sie in ihrer Hand
hielt, mit leichenblassem Gesicht und weit aufgerissenen Augen anstarrte,
während sie die linke Hand auf ihr Herz presste.
    „Ist dir nicht gut, Fenna?“,
fragte Scherrmann besorgt und legte ihr seine Hand auf die Schulter. Aber die
alte Frau antwortete nicht, sondern schien in einer Schockstarre gefangen zu
sein.
    „Was ist los, Fenna“, knurrte
Lübbo ungehalten, „wo bleibt das nächste Foto?“
    Aber auch auf ihn reagierte sie
nicht. Lübbo machte ein paar Schritte auf sie zu und riss ihr das Foto aus den
Händen, was sie zunächst mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck quittierte.
Dann aber fing sie am ganzen Leib an zu zittern und streckte mit flehenden
Augen die Hand nach dem Bild aus. Mit Entsetzen bemerkte Scherrmann den Blick,
mit dem der alte Mann das Foto anstarrte. In ihm stand der blanke Hass. Im
nächsten Augenblick zerriss Lübbo das Bild in zwei Hälften, ließ diese auf den
Boden fallen und wandte sich wortlos dem Ausgang zu. Kurz darauf hörte man ihn
„Fenna, komm sofort her, wir gehen nach Hause!“ brüllen. Scherrmann wollte die
nun völlig verstörte Frau zurückhalten, aber sie schüttelte nur den Kopf und
beeilte sich, immer noch am ganzen Körper zitternd, ihrem Mann zu folgen.
    Scherrmann sah Johann Schepker,
der völlig verdattert im Raum stand und auf einen imaginären Punkt an der
leeren, weiß getünchten Wand gegenüber starrte, fragend an. „Johann, kannst du
mir erklären, was das zu bedeuten hat?“, fragte er leise und bückte sich, um
die zerrissene Schwarzweißfotografie aufzuheben.
    „Das musste ja so kommen“,
murmelte Johann.
    „Was? Was musste so kommen?“,
fragte Scherrmann, legte die zwei Teile des Fotos auf den Tisch und schob sie
wieder aneinander. Auf dem Bild waren zwei junge Männer zu sehen, vielleicht
zwanzig Jahre alt, die sich gegenseitig den Arm um die Schulter gelegt hatten
und mit strahlend weißen Zähnen und wuscheliger blonder Haarmähne in die Kamera
lachten. In der Hand hielten sie jeweils eine nicht sehr große, nach unten
spitz zulaufende Papiertüte, die sie mit so stolzem Blick präsentierten, als
hätten sie soeben einen wertvollen Schatz gehoben. Ihre Gesichter, so war es
selbst auf dem Schwarzweißbild zu erkennen, waren braun gebrannt, sie trugen
fadenscheinige Hemden sowie Hosen, deren Beine mehrere Risse aufwiesen. Sie
standen barfuß im hohen Gras, im Hintergrund war die Canhuser Kirche zu
erkennen. Sie sahen sich ein wenig ähnlich, fand Scherrmann.
    „Wir dachten, es gebe kein Foto
mehr von denen.“
    „Von wem? Wer sind diese Männer,
Johann?“
    Ganz langsam, wie in Zeitlupe,
drehte sich Johann um und zeigte mit dem Finger auf das Bild. „Das da links ist
Siebo Manninga, der daneben heißt Tammo Freerksen.“
    Scherrmann fühlte plötzlich einen
kalten Schauer über den Rücken gleiten, sog tief die Luft ein und sagte dann:
„Und was ... hat es mit diesen Männern auf sich?“
    „Sie sind mit uns aufgewachsen,
hier in Canhusen.“
    „Also hat Fenna sie auch
gekannt?“
    „Sicher, Fenna war sogar mit
einem von ihnen verlobt. Mit dem hier.“ Er zeigte auf Tammo Freerksen.
    „Was ist passiert?“
    „Sie sind
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