Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Tar-Aiym Krang

Das Tar-Aiym Krang

Titel: Das Tar-Aiym Krang
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
mußte man sie schätzen. Dennoch war sie traurig, als er sie beim Wort genommen hatte und ausgezogen war, um alleine zu leben, und die Traurigkeit haftete ihr an wie ein neuer Anstrich. Aber sie sagte ihm das nie, aus Angst, Schwäche zu zeigen. Nicht mit Worten und nicht mit ihrer Miene. Im Gegenteil, sie nötigte ihn liebevoll, aber entschieden, so wie man die jungen Vögel von den Polen treibt. Außerdem wußte sie, daß für sie jederzeit der Augenblick kommen konnte, und sie wollte, daß das dann sein Leben nur so leicht wie möglich streifen sollte.
    Flinx spürte das, er wußte, daß Mutter Mastiff seine Mutter aus Sympathie, nicht aus Blutsverwandtschaft war. Sein Vater war der Zufall, sein Erbe das Glück. Von seinen wahren Eltern wußte er nichts, auch der Auktionator hatte von ihnen nichts gewußt. Auf seiner Karte hatte noch weniger gestanden, als in solchen Fällen üblich ist, nicht einmal der elementarste Stammbaum. Ein Bastard. Das sah man an seinem langen orangeroten Haar und seiner olivfarbenen Haut. Der Grund seines Waisentums würde in alle Ewigkeit so obskur wie ihre Gesichter bleiben. Er ließ den Lebensstrom der Stadt in seinen Geist eindringen und die unangenehmen Gedanken überfluten.
    Ein Tourist, der mehr Verstand gezeigt hatte als die meisten, hatte einmal bemerkt, wenn man durch den großen Zentralmarkt von Drallar schlenderte, so wäre das, wie wenn man in einer Brandung steht und sich von den geduldigen Wellen umspülen läßt. Flinx hatte das Meer nie gesehen, also konnte er mit dem Vergleich nicht viel anfangen. Auf Moth jedenfalls gab es wenig größere Gewässer und Ozeane schon gar nicht. Nur die nie gezählten, unzähligen Seen von Dem-Blau-Das-Blendet.
    Der Planet war mit ungewöhnlicher Schnelligkeit aus seiner letzten Eiszeit herausgewandert. Die schnell schwindenden Gletscher hatten auf seiner Oberfläche Pockennarben hinterlassen – glitzernde lapislazulifarbene Seen, Tümpel und Teiche. Und die fast täglichen Regenfälle sorgten dafür, daß die Wasserstände, die von den zurückweichenden Gletschern einmal aufgebaut waren, auch erhalten blieben. Drallar lag in einem ungewöhnlich trockenen Tal, und die gute Entwässerung und das Fehlen von Regenfällen (genauer gesagt: das Fehlen von Schlamm) war einer der wichtigsten Gründe für das Wachstum der Stadt. Hierher konnten die Händler ziehen, um ihre Waren auszubreiten, und Handwerker konnten Läden errichten, ohne befürchten zu müssen, daß sie jeden dritten Monat weggespült wurden.
    Der ewige Kreislauf zwischen Verdunstung und Niederschlägen unterschied sich auf Moth von dem vieler sonst ähnlicher Planeten vom Homanx-Typ. Wüsten konnten nicht entstehen, weil es keine richtigen Bergketten gab, welche die mit Feuchtigkeit beladene Luft hätten blockieren können. Da es auch keine Meeresbecken gab und das Terrain im allgemeinen etwas hügelig war, konnte sich nie ein größeres Entwässerungssystem bilden. Die Flüsse und Flüßchen, Bäche und Bächlein, Kanäle und Kanälchen von Moth waren ebenso unzählbar wie die Seen, aber größtenteils an Länge und Volumen unbedeutend. Also verteilte sich das Wasser des Planeten ziemlich gleichmäßig über seine Oberfläche, wenn man von den zwei großen Eiskappen an den Polen und denÜberresten der großen Gletscher absah. Moth war vergleichbar mit den Ebenen im amerikanischen Mittelwesten auf Terra, nur daß auf Moth Koniferen standen, wo auf der Erde Mais gedieh.
    Die rhythmischen Rufe der Händler, die die Waren von tausend Welten anpriesen, bildeten einen nervösen Kontrapunkt zu dem vergleichsweise gleichmäßigen Murmeln der Menge. Flinx eilte an einem Kleiderladen vorbei, den er kannte, und wechselte im Vorüberlaufen ein kurzes geheimes Lächeln mit seinem Besitzer. Dieser Zeitgenosse, ein kräftig gebauter, blonder Mensch in mittleren Jahren, hatte gerade an zwei ausländisch gekleidete Außerplanetarier ein paar Mäntel aus Durfaq haut verkauft... um einen Preis, der das Dreifache ihres Wertes darstellte. Ein Sprichwort kam ihm in den Sinn: ›Wer unerfahren nach Drallar kommt, um Haut zu kaufen, wird Erfahrungen machen‹.
    Flinx' wohl ausgewogenes Gefühl für Geschäftsethik störte das überhaupt nicht. Das war kein Diebstahl. Caveat Emptor. Pelze und Fasern, Holz und Wasser waren der Lebensnerv von Moth. Kann man einer Tomate Samen stehlen? Der Verkäufer war mit seinem Handel zufrieden, die Käufer ebenso, und der Unterschied würde mithelfen, die Stadt in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher