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Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel
Autoren: A.R. Lloyd
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trügerische Ruhe ausstrahlte. »Wartet!« rief er.
    Sie waren fast herangekommen, als Kine die kleinen Wellen entdeckte und das Tier beobachtete, das an die Oberfläche kam und das gegenüberliegende Ufer erreichte. Mit einem Ruck schüttelte es das Wasser ab. Es handelte sich um einen jungen, fast ausgewachsenen Nerz, der vor den Wieseln aufgetaucht war und sie bereits bemerkt hatte. Er war neugierig. Beim Abgrasen der Böschung hatten die Schafe kleine Simse hinterlassen, und nun suchte der Nerz eine derartige Stelle auf und starrte von dort aus über das Wasser hinweg auf die Wiesel.
    Kine sah, wie er sich auf die Hinterbeine stellte. Seine Nase schnupperte beständig, als die Wiesel näherkamen. Dann setzte er sich plötzlich in Bewegung. Blitzschnell hatte er sich herumgedreht und schlurfte nun eilig auf den Schlupfwinkel zu. »Jetzt!« schrie Kine im gleichen Moment.
    Er wurde fast umgeworfen. Ford stürzte voran, und die anderen, obwohl sie von der Wanderung durch den Sumpf ausgezehrt waren, sausten mit unvermuteten Kraftreserven, mit denen sie selbst nicht gerechnet hatten, hinterher. Mit gestrecktem Hals jagte Kine weiter und setzte sich wieder an die Spitze. Seggen wurden flüchtig sichtbar. Er jagte vorwärts, flog förmlich, während Muskeln und Sehnen unermüdlich arbeiteten und ihn vorantrieben. Einauge fiel zurück. Die Überlebenden liefen nun hintereinander, rannten wie verrückt, strömten in vollem Galopp auf die Pumpstation zu. Kine sah die riesige Schraube, die sich drohend abzeichnete, und die Betonschultern an den Seiten. Er sah die Kaninchenbaue, in denen die Wachen schliefen. Und als er vorwärts stürmte, tauchten sie auf, zuerst die Augen in den dunklen Löchern, dann die schwerfälligen Monster, die den Schlaf von sich schüttelten.
    Ford summte, während er lief, irgendeinen Kampfgesang der Sumpfwiesel vor sich her, den Kine nicht kannte. Andere, mit streitlustigen Gesichtern, ließen ein erschreckendes, wildes Schnurren hören. Der Blutrausch hatte sie gepackt, und die Nerze vor ihnen blinzelten ungläubig. Die Wiesel waren wahnsinnig geworden. Daß der armselige Haufen auf Gewalt aus war, dämmerte den Monstern erst spät und verblüffte sie.
    Kine sah, wie Ford sich absetzte, auf den nächststehenden Nerz zusprang und sich auf ihn warf. Ein anderes Wiesel folgte Ford mit einem weiten Satz. Im nächsten Augenblick waren die Überlebenden überall, flitzten umher und griffen an; auf den Ufern neben der bewegungslosen Schraube wimmelte es von Wieseln. Kine sah, wie sich Einauge auf einen fauchenden Nerz stürzte. Das Monster geriet ins Wanken und zog sich in einen Tunnel zurück, der Alte setzte ihm nach. Eins der großen Tiere drehte sich mit rasender Geschwindigkeit wie ein tanzender Derwisch, zwei Wiesel klammerten sich an seinem Rücken fest.
     Drohende Wolken blickten vom Himmel herunter. Regentropfen kamen träge hervor, und der Fluß schüttelte sich. Der Kampf, der neben den Kaninchenbauen und dem Wasser tobte, lockte die Möwen an, die heiser schreiend von den überschwemmten Landflächen herüberflogen. Krähen kreisten in der Luft. Das wilde Getümmel unter ihnen erregte sie, denn es würde Aas geben. Sie sahen, wie der sandfarbene Nerz herumschwenkte, seine blutroten Augen glitzerten mörderisch. Im Hinterhalt der Wiesel hatte er seinen Zwillingsbruder verloren. Vorwärtsstürmend tötete er einen Angreifer mit einem einzigen Schlag.
    Dann wurde er auf den Rücken geworfen, Wiesel stürzten sich auf ihn. Heftig zuckend rollte die kämpfende Masse – ein ungestümes, zwölfbeiniges Fellgebilde – die Böschung hinunter.
    Fords Lippe war rot, zeigte die Spuren des Kampfes. Noch immer stieß er undeutlich seinen Kampfgesang hervor und griff wieder an. Die Nerze konnten es nicht fassen. Das taumelnde Sumpfwiesel schien unbesiegbar zu sein, schien keine Nerven zu haben. Nichts hielt ihn auf oder schreckte ihn ab. Er verfolgte nur eine Taktik: Egal ob er verwundet, gelähmt oder erschöpft war, er stürzte sich vorwärts. Ein kräftiger Gefährte Grus bewegte sich auf ihn zu. Fluchend ging Ford auf ihn los. Zusammen mit Einauge, der aus dem Tunnel zurückgekehrt war, schlug er das riesige Tier in die Flucht und sah sich nach weiteren Nerzen um.
    Regen prasselte auf sie herunter. Einauge stampfte auf den nassen Boden, tanzte ungestüm. Der Alte stieß einen Schrei aus. Er war wieder jung. Vergangene Kämpfe tauchten in seiner Erinnerung wieder auf, vergangene Siege. Er hatte in
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