Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Stonehenge - Ritual

Das Stonehenge - Ritual

Titel: Das Stonehenge - Ritual
Autoren: Sam Christer
Vom Netzwerk:
nicht falsch, es nicht zu tun? Wird es nicht von einem
erwartet
?
    Die Polizistin streicht ihr Haar zurück und steht auf. Wenn sie nicht die Initiative ergreift, wird der Sohn des toten Professors vermutlich dafür sorgen, dass sie um Mitternacht immer noch hier sitzt. »Es tut mir leid, wenn ich Sie jetzt ein wenig drängen muss.«
    »Verzeihen Sie. Mir ist klar, dass es schon spät ist.« Er greift nach dem Brief, faltet ihn zusammen und lässt ihn zurück in den bespritzten Umschlag gleiten. »Ist es in Ordnung, wenn ich den mitnehme?«
    »Ja. Ja, natürlich.«
    Behutsam schiebt er ihn in die Innentasche seiner Jacke. »Danke. Auch dafür, dass Sie so lange geblieben sind.«
    »Kein Problem.« Megan zieht eine Visitenkarte heraus. »Rufen Sie mich morgen früh an, dann können wir einen Termin vereinbaren.«
    Er nimmt die Karte entgegen und folgt ihr aus dem Raum. Sie geleitet ihn durch die Sicherheitstüren hinaus in die dunkle Kälte der Nacht. Die Straßen sind inzwischen menschenleer.
    Als die Tür hinter ihnen mit einem Klicken ins Schloss fällt, wird Gideon bewusst, wie benommen er sich fühlt.
    Er sperrt seinen alten Audi auf, steigt ein und bleibt für einen Moment wie erstarrt vor dem Lenkrad sitzen. Der Schlüssel in seiner Hand zittert.

8
    Tollard Royal, Cranborne Chase,
    Salisbury
    Das Anwesen liegt auf einem außerordentlich schönen, historischen Kalksteinplateau, das Dorset, Hampshire und Wiltshire überspannt.
    Gideon ist noch nie hier gewesen und braucht über eine Stunde, um in der Dunkelheit den Weg zu finden, was sich als höchst schwierig und anstrengend erweist. Er wünschte, er hätte vorher ein wenig mehr nachgedacht und sich ein Hotelzimmer reservieren lassen oder die Polizei gebeten, eine Bleibe für ihn zu finden. Nun hat er keine Übernachtungsmöglichkeit, es sei denn, er bricht in das Haus ein.
    Die Früchte der dubiosen Arbeit seiner toten Eltern sind durchaus beeindruckend. Das Herrenhaus ist bestimmt zehn Millionen Pfund wert, womöglich noch mehr. Vielleicht war der »Beruf« seines Vaters – Grabräuberei, wie Gideon dazu oft gesagt hatte – einer der Gründe, weshalb er sich das Leben genommen hatte.
    Gideon fährt durch hohe Metalltore in einen dunklen Garten, der auf ihn so unheilverkündend wie ein Friedhof wirkt. Die Zufahrt schlängelt sich knapp einen Kilometer dahin, ehe sie schließlich in einen Hof mündet. In der Mitte steht ein aufwendiger Marmorbrunnen, der zwar beleuchtet, aber nicht angeschaltet ist. Gelbe Gartenlampen werfen ein weiches, gelbliches Licht durch das Laub alter Bäume. Gideon stellt den Motor ab, bleibt jedoch mindestens eine Minute lang im Auto sitzen und betrachtet das alte Haus. Es ist eine leere Hülle – ohne jedes Leben.
    Schließlich steigt er aus und wandert auf einem gepflasterten Weg um den Ostflügel herum. Er hat zwar keinen Schlüssel, nimmt aber an, dass er wohl kaum in Schwierigkeiten geraten wird, wenn er in ein Haus einbricht, dessen Erbe er soeben geworden worden ist.
    Er löst irgendeinen Bewegungsmelder aus. Grelles weißes Licht lässt ihn blinzeln. In den Hecken und Büschen nahe dem Haus herrscht plötzlich rege Betriebsamkeit – Füchse oder Kaninchen, vermutet er. Sein Blick fällt auf den Kasten einer Alarmanlage, die an einer abseits gelegenen Wand angebracht ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Anlage nicht eingeschaltet. Wenn man Selbstmord begeht, schaltet man nicht vorher die Alarmanlage an, und nachdem die Polizei schon so schlampig war, die Zufahrtstore nicht abzuschließen, ist auch nicht damit zu rechnen, dass sie sich bei der zuständigen Firma bereits über den Schlüsselcode informiert und einen Wachmann organisiert haben.
    Er späht durch die Fenster einer entzückenden kleinen Orangerie, die an der Seite des Gebäudes angebaut ist, und bringt es nicht so recht übers Herz, dort einzubrechen. Ein Stück weiter hinten entdeckt er einen Wasch- und Vorratsraum. Die Tür ist modern, also weniger kostspielig zu ersetzen als alles andere, was er bisher zu Gesicht bekommen hat.
    Ein kräftiger Tritt mit dem Absatz seines Stiefels sollte ausreichen. Er nimmt die Tür genauer in Augenschein. Am besten, er bringt die Sache gleich hinter sich, bevor er den Mut verliert und einen Rückzieher macht.
    Rund um den Griff sieht das Holz der Tür bereits gesplittert aus.
    Als er ihr einen Stoß verpasst, schwingt sie weit auf.
    »So eine Schlamperei!« Gideon flucht über die Polizei. Offene Tore, und jetzt auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher