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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett
Autoren: Kjell Eriksson
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merkwürdig friedvoll war der Anblick dieses sonst so aktiven und unruhigen Mannes.
    Ann Lindell streichelte vorsichtig seine Hand. So sollte es bleiben, dachte sie, können wir das Leben nicht in diesem Moment anhalten? Wir tun einfach so, Edvard. Ich stehe hier als deine Geliebte. Du träumst von mir. Du wachst auf, und ich bin an deiner Seite. Ich liebe dich. Das weiß ich jetzt.
    Als sie aufblickte, war er aufgewacht. Er sah sie an. Sie lächelte schüchtern.
    »So kann es einem gehen«, sagte er. Er griff nach ihrer Hand.
    Deine Hände machen mich wehrlos, dachte sie. »Wie geht es dir?«
    »Man verwöhnt mich«, sagte er und lächelte.
    Sie nickte. Er rückte ungelenk ein wenig zur Seite, damit sie sich auf die Bettkante setzen könnte, aber Lindell holte sich einen Stuhl.
    »Was ist passiert?«
    Er erzählte ihr von seinem Fischfang und hob Victors Mut hervor. Der Alte hatte sein Boot geschickt zwischen den Untiefen hindurchmanövriert, den Anker im exakt richtigen Augenblick geworfen, und es war, als hätte sich das Meer mit einem Schlag beruhigt.
    »Die Felsen sind glatt«, sagte Edvard abschließend.
    »Ich habe furchtbare Angst bekommen, als Viola anrief. Sie meinte nur, du seist ins Meer gegangen, und da habe ich gedacht, du wärst gestorben.«
    Edvard sagte nichts.
    »Warum bist du bloß bei so einem Wetter rausgefahren?«
    »Es waren Victors Netze.«
    »Wen kümmern schon ein paar Netze?«
    Sie sah, daß Edvard nicht weiter darüber sprechen wollte. Er starrte ins Leere. Der etwas verlegene, aber dennoch freimütige Ausdruck in seinem Gesicht war verschwunden.
    »Du wolltest es ausprobieren, stimmt’s? Wolltest sehen, wo die Grenze verläuft. War es nicht so?«
    »Nein«, erwiderte er, aber Lindell hörte die Unsicherheit in seiner Stimme.
    »Ich bin schwanger«, sagte sie.
    Edvard reagierte nicht. Er drehte nur den Kopf, sah sie an und nickte.
    »Wußtest du es?« fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich liebe dich«, sagte er leise, »das war mir schlagartig klar, als ich dort im Wasser lag. Ich kann nicht mehr so weit weg von dir leben.«
    »Es ist nicht von dir«, sagte sie und verstand selber nicht, woher sie die Worte und die Kraft nahm. Lindell sah die Zweifel und dann den Schmerz, der sich über sein Gesicht legte. Es sah aus, als hätte sie ihm einen Peitschenhieb versetzt. »Es tut mir leid«, schluchzte sie.
    Sein Körper wurde zu einem Panzer, und er schloß die Augen. Seine Wangen hatten eine kränkliche graue Farbe bekommen.
    »Verzeih mir. Ich liebe dich doch.«
    Er zuckte zusammen wie unter einem neuerlichen Hieb.
    »Geh jetzt«, sagte er wütend.
    »Ich liebe dich«, wiederholte sie.
    »Geh weg! Geh, verdammt noch mal.«
    Als sie davontaumelte, blickte sie sich ein letztes Mal um. Edvard schaute ihr nach, und ihre Blicke begegneten sich. Was sie sah, war verzweifelter Haß.
    Lindell bereute, daß sie die Wahrheit so plump herausposaunt hatte. Sie plagte das Gefühl, seine Wehrlosigkeit ausgenutzt zu haben. Eben erst aus dem Meer geborgen, war er nicht nur schutzlos den Wogen der Ostsee ausgeliefert gewesen, sondern jetzt auch allen überschäumenden Gefühlen. So mochte er es jedenfalls empfinden.
    Das verlorengegangene Vertrauen würde sich nie wieder aufbauen lassen.
    Am Ausgang blieb sie plötzlich stehen. Sie hatte sein Zögern bemerkt, als sie danach fragte, warum er bei so einem Wetter hinausgefahren sei. Lindell starrte an der Fassade hoch, in der die Fenster im Licht der Abendsonne glänzten.
    Wenn sie das Kind abtrieb, würde er sie dann wieder wollen? Sie machte auf dem Absatz kehrt, so als wolle sie augenblicklich zurückgehen, den Korridor hinablaufen und ihn ohne Umschweife fragen, ihre eigene Scham und seine unausgesprochenen Vermutungen beiseite schieben. Sie wußte, daß er sie niemals fragen würde, wer der Vater des Kindes war. Würde sie es ihm erklären können und sein Vertrauen wenigstens soweit zurückgewinnen, daß sie es noch einmal miteinander versuchen konnten?
    Sie schüttelte den Kopf. Nicht Edvard. Seine Schwermut erstickte solche Hoffnungen. Das bloße Wissen um ihre kurze Affäre würde ihnen wie ein unüberwindliches Hindernis im Weg stehen.
    Das Handy klingelte, und sie überlegte, ob er es sein konnte, aber es war nur Frenke aus der Telefonzentrale des Präsidiums.
    »Hallo Ann, entschuldige bitte, daß ich dich störe, aber hier hat jemand angerufen, und mir kam ein Name in dem Gespräch bekannt vor. Mortensen. Sagt dir das was?«
    »Ja, sicher«,
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