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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis
Autoren: Hans Dominik
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Karbid … jetzt beginnt zwei Meilen unter uns die chemische Umsetzung.« Während dieser Worte trat er zu den Manometern.
    »Zu früh, Roddington, noch zu früh, Sie können noch nichts sehen«, murmelte Dr. Wegener vor sich hin, während er ihm folgte.
    Im Mondlicht waren die Skalenscheiben der Druckmesser deutlich zu erkennen. Unverrückt standen die Zeiger der Meßinstrumente noch auf Null. Unruhig sah Roddington den Doktor an. Fast bestürzt kam die Frage von seinen Lippen:
    »Was bedeutet das, Doktor Wegener, die Instrumente rühren sich nicht?«
    »Es muß so sein, Roddington. Es können Stunden vergehen, bevor der Druck einsetzt. Wir müssen Geduld haben.«
    »Geduld … Geduld …« Roddington preßte die Worte zwischen den Zähnen hervor und starrte wie gebannt auf die Skalenscheiben. Eine Viertelstunde verging und eine halbe. Unverändert standen die Zeiger auf Null.
    »Was ist das, Doktor Wegener?« Während er die Frage stellte, wandte er dem Doktor den Kopf zu, so daß das Mondlicht voll auf sein Antlitz fiel. Tief gefurcht waren seine Züge in diesem Augenblick, gealtert und verfallen erschien das Gesicht.
    »Haben wir einen Fehler gemacht, Doktor Wegener? Mehrere tausend Kubikmeter Wasser müssen jetzt im Stollen stehen, aber die Instrumente zeigen nichts an.«
    »Es wäre schlimm, wenn sie jetzt schon etwas anzeigten.«
    Wie die verkörperte Ruhe stand der Doktor vor Roddington, als er die Antwort gab, und wie ein Dozent auf dem Katheder fuhr er fort:
    »Erst nach Stunden können wir ein merkliches Steigen der Zeiger erwarten. Es sind gut zwanzigtausend Kubikmeter, die gefüllt werden müssen … »
    »Aber die chemische Umsetzung, Doktor Wegener! Müßte sie an den Instrumenten nicht schon zu erkennen sein?«
    »Es wäre schlimm, wenn es so wäre, Roddington. Es wäre ein Zeichen, daß sich dort unten nicht reines Benzin, sondern Gas bildet. Es wäre ein böses Zeichen dafür, daß unsere Rechnung nicht stimmt, daß unser Plan mißlungen ist.«
    Roddington hielt es nicht mehr auf der Stelle aus. Nervös begann er auf der Plattform hin und her zu gehen. Eine Weile ließ der Doktor ihn gewähren, dann schloß er sich ihm an und sprach während des Gehens auf ihn ein.
    »Geduld, Roddington! Verlieren Sie die Nerven nicht in den letzten Stunden. Es verläuft alles so, wie es verlaufen muß. Wenn die Zeiger sich überhaupt erst einmal bewegen, werden sie bald schnell und immer schneller steigen.«
    Der Doktor sprach weiter und entwickelte allerlei Zukunftspläne, um Roddington über diese letzten Stunden unruhiger Erwartung hinwegzuhelfen. Langsam schlich darüber die Zeit weiter, wieder drangen aus der Ferne her die Schläge einer Schiffsuhr zu den beiden einsamen Männern. Zwölf Schläge zählte der Doktor. Während er Roddington zu den Manometern führte, sagte er:
    »Seit zwei Stunden strömt das Meer in den Schacht ein. Jetzt könnte man vielleicht schon ein Steigen des Druckes bemerken. – Ah! Sehen Sie!« Er brachte sein Gesicht dicht an eine der Skalen heran. »Schon zehn Atmosphären. Es verläuft alles, wie wir erwarteten.«
    Der Verlauf während der nächsten Viertelstunde gab ihm recht. Immer schneller kletterten die Zeiger über die Skalen. Hundert Atmosphären … zweihundert … fünfhundert … Bei siebenhundert Atmosphären standen sie still.
    »Hurra! Gelungen!« schrie Dr. Wegener. »Genauso, wie wir’s berechneten! Siebenhundert Atmosphären. Der Überdruck, der notwendig ist, um die Treibstoffsäule im Schacht und die Wassersäule im Zuleitungsrohr gegeneinander im Gleichgewicht zu halten. Gelungen, Roddington! Unser großes Werk ist gelungen!«
    Die Bewegung übermannte ihn, er zog Roddington an sich und schloß ihn in freudiger Erregung in seine Arme.
    Noch lag Dunkelheit über dem Ozean, als die Barkasse sie zur »Blue Star« zurücktrug. Beiden war es unmöglich, in dieser Nacht noch Schlaf zu finden, denn zu stark bewegte die Freude über das Gelingen des Werkes ihre Herzen.
    Verlassen lag das Deck der Jacht da, nur die abgedeckten Tafeln zeugten hier noch von dem festlichen Schmaus der Werkleute. An den Tischreihen vorbei gingen sie zum Heck der »Blue Star« und ließen sich dort nieder. Rede und Gegenrede flogen zwischen ihnen hin und her; noch einmal erlebten sie in der Erinnerung das Jahr voller Arbeit und Aufregungen, das nun glücklich hinter ihnen lag, und entwarfen Pläne für die kommende Zeit.
    Denn Roddington hatte ja recht, als er seinen Leuten sagte, daß das
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