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Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Titel: Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen
Autoren: Jeanne Ryan
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Angaben eintragen? « , bitte ich ihn.
    Er schaltet sein Handy ein, liest die Fragen vor und tippt meine Antworten ein. Ich gebe Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Geburtsdatum an (24. Dezember– der unmöglichste Tag des Jahres). Als Notfall-Kontakte– was mir für eine zweiminütige Challenge ein bisschen übertrieben vorkommt– nenne ich Sydney, dann Liv, Eulie, Tommy und zum Schluss, nur zum Spaß, Matthew.
    Fünf Minuten und zwei Runden um das Gotta-Hava-Java später habe ich einen Block entfernt einen Parkplatz gefunden. Als wir aussteigen, ist die Wärme des Tages vollends verschwunden, und der Rückweg zu meinem Auto verspricht unangenehm zu werden. Vorausgesetzt, ich ziehe die Challenge wirklich durch, was ein kleiner Teil von mir langsam zu bezweifeln beginnt.
    Ich reiche Tommy meine Jacke. » Kannst du die so lange halten, damit ich mir hinterher etwas Trockenes anziehen kann? «
    » Vielleicht sollte ich zur Sicherheit auch deine Tasche nehmen. «
    Welcher andere Junge würde an so etwas denken? » Gute Idee. «
    Tommy nimmt meine Sachen so vorsichtig entgegen, als hätte er Angst, sie kaputt zu machen, was im Grunde auch keine Katastrophe wäre, weil ich bei Vintage Love, dem Secondhandshop, in dem ich nebenbei arbeite, alles zum halben Preis bekomme.
    Wir betreten das Café, und mein Herz schlägt schneller, als ich feststelle, dass es voll besetzt ist. Es ist eine Sache, sich eine Challenge auf einer Webseite auszusuchen, aber sie dann tatsächlich durchzuziehen, ist etwas völlig anderes. Durchziehen, ja, das ist das Problem. Wie beim Vorsprechen für das Theaterstück, bei dem ich davongelaufen bin, oder bei dem Referat in Geschichte, mit dem ich mich schwitzend vor der Klasse abgemüht habe. Wieso um alles in der Welt sollte ausgerechnet jemand wie ich bei so einem Spiel mitmachen?
    Ich hole tief Luft und stelle mir vor, wie Matthew Sydney auf der Bühne küsst, während ich in den Kulissen stehe. Offensichtlich will ich der Welt irgendetwas beweisen. Danke an den Grundkurs Psychologie.
    Tommy setzt sich an einen Tisch in der Mitte des Cafés, stellt unsere Sachen ab und zückt sein Handy.
    » Auf der Risk -Seite steht, dass ich das live posten muss, damit wir die Aufnahmen nicht manipulieren können. Ich fange an, sobald du bereit bist. «
    » Okay. « Ich gehe zum Ende der Schlange am Tresen und kämpfe gegen das seltsame Gefühl an, dass meine Beine nicht so funktionieren, wie sie sollen. Ich muss mich extrem konzentrieren, einen bleiernen Fuß vor den anderen zu setzen. Es ist, als würde ich durch einen Swimmingpool voller Sirup waten. Atmen, atmen, atmen! Wenn der Kaffee nur nicht so stark riechen würde. Die Lüftung hier ist miserabel. Meine Haare und die Sachen, die ich anhabe, werden noch ewig stinken. Ob Mom es merkt?
    Das Pärchen vor mir streitet sich darüber, ob es vernünftig ist, abends noch Chai-Tee zu trinken, weil er Koffein enthält, und eine Gruppe von Frauen vor ihnen bombardiert den Barista mit Fragen über den Kaloriengehalt der Getränke. Ihr Geplapper geht mir auf die Nerven. Am liebsten würde ich sie anschreien, dass Leute, die Kalorien zählen, nichts in einem Laden zu suchen haben, der Unmengen von zuckrigen Törtchen anbietet.
    Ich winke einem der Angestellten hinter der Theke zu, um auf mich aufmerksam zu machen. Er lächelt bloß und hantiert weiter an der Espressomaschine herum. Die Uhr an der Wand zeigt neun Uhr siebenunddreißig. Mist, nur noch dreiundzwanzig Minuten, bis ich zu Hause sein muss. Erst jetzt fällt mir ein, dass ich Tommy ja noch zu seinem Wagen zurückbringen muss, bevor ich mich auf den Heimweg machen kann. Ich drängle mich zum Tresen vor, was mir ein paar böse Blicke einträgt. Vielleicht geben sie Ruhe, wenn sie merken, was ich vorhabe. Mit einer Verrückten will sich niemand anlegen. Am Ende des Tresens steht ein Krug, der mit Eiswasser gefüllt ist. Ich nehme ihn von der Theke und gehe langsam zu Tommy zurück. Trotz meiner zitternden Arme und Beine bemühe ich mich, nichts zu verschütten.
    Neun Uhr neununddreißig. Ich hole tief Luft und nicke Tommy zu, der auf sein Handy zeigt und etwas sagt, was ich nicht verstehe. Ein paar Leute runzeln die Stirn und sehen mich giftig an, weil ich mitten im Raum stehe. Tommy hält lächelnd den Daumen hoch und in meiner Brust wallt Dankbarkeit auf. Allein würde ich so etwas niemals schaffen. Vielleicht schaffe ich es nicht mal mit seiner Unterstützung. Mein Körper hört nicht auf zu
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