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Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Titel: Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen
Autoren: Jeanne Ryan
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zittern, und ich muss dem Drang widerstehen, in Tränen auszubrechen. Oh Mann, ich bin so eine Niete! Kein Wunder, dass mir beim Vorsprechen die Luft wegbleibt.
    Ich starre die Uhr an und bekomme plötzlich eine Art Tunnelblick. Um mich herum wird alles schwarz. Das Einzige, was ich sehe, ist die Uhr, deren Ticken so klingt wie das Pochen von Edgar Allan Poes Verräterischem Herz. Das ist lächerlich. Es ist nur ein bisschen Wasser und eine Zeile Text. Syd würde sich den Krug ohne Verzögerung über den Kopf schütten und dabei ihre Lieblingsnummer aus Les Miserables schmettern. Aber ich bin nicht Syd.
    Mein Herzklopfen wächst sich zu einem Wummern aus und mir wird schwindelig. Jedes einzelne Molekül in meinem Körper will flüchten. Oder schreien. Oder beides. Ich zwinge mich zu atmen. In einer Minute ist die Challenge vorbei. Nur ein paar schreckliche Augenblicke lang muss ich noch durchhalten. Ich wische mir über die Wange. Als die Uhr an der Wand zwanzig vor neun zeigt, räuspere ich mich rau.
    Schaffe ich es? Die Frage stellt sich mir noch, während ich den Krug schon über meinen Kopf hebe. Erstaunlicherweise tut mein Arm, was ich will. Mit kaum hörbarer Stimme flüstere ich » Kaltes Wasser macht mich heiß! « und lasse ein paar Tropfen auf meinen Kopf fallen.
    Tommy blinzelt, als hätte er mich nicht gehört.
    Ich hebe meine Stimme, die ein wenig brüchig klingt, und sage laut: » Kaltes Wasser macht mich heiß! « Dann gieße ich das Wasser über mich. Der eisige Schwall macht mir schlagartig den Kopf frei. Oh mein Gott, ich habe es geschafft! Und jetzt stehe ich triefend nass hier und wünsche mir mehr denn je, dass ich einfach unsichtbar werden könnte.
    Neben mir ist eine Frau aufgesprungen und quietscht: » Was soll denn das? «
    » Tut mir leid « , entschuldige ich mich, während mir das Wasser von der Nase tropft. Ich weiß, ich sollte irgendetwas tun, aber ich bin wie gelähmt. Nur meine Augen können eine Million Details auf einmal erfassen und die scheinen sich alle gleichzeitig über mich lustig zu machen. Mit größter Anstrengung löse ich mich aus der Erstarrung und wische mir mit dem Handrücken über das Gesicht, während mich ein Junge ein paar Tische weiter mit seinem Handy fotografiert. Ich sehe ihn böse an, worauf er gleich noch eine Aufnahme macht.
    Tommy legt das Handy weg und starrt mich mit aufgerissenen Augen an.
    » Äh, Vee, oh Mann… deine Bluse… « Er zeigt auf meine Brust. Auch ich sehe nach unten, werde aber von einem der Angestellten abgelenkt, der mit einem Wischmopp auf mich zukommt und missbilligend auf die Pfütze zu meinen Füßen deutet.
    » Ich mache das schon « , sage ich und greife nach dem Mopp. Warum habe ich nicht daran gedacht, ein paar Servietten mitzunehmen?
    Er hält den Stiel fest. » Glaubst du, ich würde dir so etwas anvertrauen? Wer weiß, was du damit anstellst. Geh zur Seite. Und wenn du nichts trinken willst, dann verlass bitte das Café. «
    Mein Gott. Schließlich hab ich ihm nicht in den Mixer gespuckt.
    » Tut mir leid « , stoße ich hervor und laufe zur Tür. Die kalte Luft draußen fühlt sich an wie ein Sprung in den Lake Washington.
    Tommy holt mich ein und hält mir die Jacke hin. » Zieh die sofort an! «
    Ich betrachte im Licht der Laterne meine Bluse und muss nach Luft schnappen. Als ich mich mit Wasser übergossen habe, habe ich nicht bedacht, dass ich eine weiße Baumwollbluse trage und dass mein BH aus dünnem Seidengemisch ist. Ich, die Kostümbildnerin, die Teilzeit in einem Modeladen arbeitet, hätte wissen müssen, welche Wirkung Wasser auf diese Stoffe hat. So, wie ich aussehe, hätte ich bei einer Wahl zur Miss-Wet-T-Shirt mitmachen können. Und das vor laufender Kamera.
    Oh Gott, was habe ich getan?

ZWEI
    Ich schnappe nach Tommys Handy.
    » Lösch das Video! Los! «
    » Kann ich nicht. Das hab ich live hochgeladen! «
    Verzweifelt presse ich mir die Jacke vor die Brust. » Warum hast du nicht aufgehört, als du gesehen hast, dass ich fast nackt zu sehen bin? «
    Er reibt sich über den Hinterkopf. » Ich war so damit beschäftigt, dich im Bild zu halten, dass es mir erst aufgefallen ist, als ich das Handy weggelegt habe. Keine Panik, ja? Auf dem Video sieht alles bestimmt ganz anders aus. Bei der Beleuchtung und der miesen Kameraauflösung ist wahrscheinlich gar nichts zu sehen « , sagt er, sieht aber selbst nicht so aus, als würde er das glauben.
    » Kannst du nachschauen? « Gott, warum habe ich heute Morgen nicht
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