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Das Silmarillion

Das Silmarillion

Titel: Das Silmarillion
Autoren: J. R. R. Tolkien , Christopher Tolkien
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Rat, denn nichts schien schon erschaffen zu sein, wie sie es in dem Gesichte erblickt, sondern alles war noch ungestalt und wollte erst beginnen, und es war dunkel. Denn die Große Musik war nur ein Blühen und Wachsen der Gedanken in den zeitlosen Hallen gewesen und das Gesicht nur ein Vorgesicht; nun aber waren die Valar beim Anfang der Zeit eingetreten, und sie sahen, nur als Lied und Schatten war die Welt schon da gewesen, und sie erst mussten sie vollbringen. So begannen ihre gewaltigen Mühen in den unermesslichen, nie gesehenen Wildnissen, über ungezählte und vergessene Alter hin, bis dass in den Tiefen der Zeit und in den weiten Hallen von Ea jene Stunde und jene Stätte da war, wo den Kindern Ilúvatars die Wohnung gerichtet war. Und zu diesem Werke taten Manwe, Aule und Ulmo am meisten; doch auch Melkor war von Anfang an dabei, und er mischte sich in alles und wandte es, wo er konnte, nach seinen eigenen Wünschen und Plänen; und Melkor entfachte die großen Brände. Als daher die Erde noch jung und voller Flammen war, begehrte sie Melkor zu eigen, und er sagte zu den anderen Valar: »Dies Königreich soll mein sein, und nach mir will ich es benennen.«
    Doch Manwe war Melkors Bruder im Geiste Ilúvatars, und er war das führende Instrument des zweiten Themas gewesen, das Ilúvatar gegen Melkors Missklang aufgeboten hatte; und er rief viele Geister herbei, größere und geringere, und sie stiegen herab in die Gefilde Ardas und halfen Manwe, auf dass Melkor sie nicht für immer hindere, ihr Werk zu vollbringen, und die Erde nicht schon vor der Blüte verdorre. Und Manwe sagte zu Melkor: »Dies Reich sollst du nicht dein Eigen nennen wider Recht, denn viele haben sich hier gemüht, nicht minder als du.« Und es gab Streit zwischen Melkor und den andren Valar, und fürs Erste zog sich Melkor zurück, wandte sich anderen Gegenden zu und tat dort, was ihm beliebte; doch das Königreich Arda begehrte er weiter von Herzen.
    Die Valar nahmen nun selber Form und Gestalt an, und weil es die Liebe zu den erhofften Kindern Ilúvatars war, die sie in die Welt geführt hatte, so wählten sie Gestalten nach der Art, wie sie es in dem Gesichte Ilúvatars erblickt hatten, nur edler und prächtiger. Doch ist ihre Gestalt aus dem Wissen von der sichtbaren Welt gebildet, nicht aus dem Sichtbaren selbst; und sie bedürfen ihrer nur so, wie wir Kleider tragen, ohne doch minder wirklich zu sein, wenn wir nackt sind. Daher können die Valar, wenn es ihnen beliebt, der Gestalt entraten, und dann vermögen auch die Eldar sie nicht deutlich zu sehen, nur dass sie zugegen sind. Wenn sie jedoch sich zu kleiden wünschen, so gehen manche der Valar in männlicher und manche in weiblicher Gestalt, denn diesen Unterschied des Gemüts kannten sie schon von Anbeginn, und er wird in der Wahl, die ein jeder trifft, nur verkörpert, nicht geschaffen, so wie auch bei uns Mann und Weib am Kleide zu erkennen, doch nicht durch das Kleid geschaffen sind. Die Gestalten, in denen die Großen erscheinen, sind aber nicht zu allen Zeiten gleich denen der Könige und Königinnen unter den Kindern Ilúvatars; denn bisweilen kleiden sie sich in die eigenen Gedanken und werden sichtbar in erhabener und schrecklicher Gestalt.
    Und die Valar sammelten viele Gefährten um sich, deren manche geringer, manche fast so mächtig waren wie sie selber, und zusammen richteten sie die Erde ein und geboten den Stürmen Halt. Da sah Melkor, was geschah: Dass die Valar als sichtbare Mächte auf Erden gingen, im Gewand dieser Welt, liebenswürdig und prächtig, als Glückselige, denen die befriedete Erde zum Lustgarten wurde. Noch mehr wuchs da sein Neid, und auch er nahm sichtbare Gestalt an; wie sein Gemüt aber und wie das Böse, das in ihm brannte, war seine Erscheinung dunkel und schrecklich. Und er stieg auf Arda hinab, größer an Macht und Würde als jeder andre unter den Valar, wie ein Berg, der im Meere watet, das Haupt über den Wolken, in Kleidern von Eis und mit einer Krone von Qualm und Feuer; und das Licht aus Melkors Augen war wie eine Flamme, die mit Hitze sengt und mit tödlicher Kälte schneidet.
    So begann die erste Schlacht der Valar mit Melkor um die Herrschaft Ardas, doch von jenen Stürmen wissen die Elben nur wenig. Denn was hierzu überliefert ist, stammt von den Valar selbst, mit denen die Eldalië im Lande Valinor gesprochen haben und von denen sie unterrichtet wurden; wenig aber sagten die Valar je von den Kriegen vor der Ankunft der Elben.
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